In der Oase des Scheichs
dass du noch arbeitswütiger bist als ich. Aber wenn du es so willst, bitte, dann gehen wir.“
Er stand auf, streckte sich, und Claudia erhaschte einen Blick auf seinen gebräunten, muskulösen flachen Bauch. „Das Büro ist komplett eingerichtet. Sehr zum Leidwesen von Vater und Amina. Sie mögen es gar nicht, wenn ich mich darin verschanze. Wenn sie hierherkommen, suchen sie vor allem Ruhe und Erholung. Vielleicht werde ich auch einmal so, wenn ich älter bin. Gut, dann sehen wir jetzt die Papiere durch, die Vater mir mitgegeben hat. Dann werden wir feststellen, ob die Änderungsvorschläge vernünftig sind. Außerdem möchte ich mich mit dem Büro zu Hause in Verbindung setzen und erfahren, wie dort alles läuft.“
„Zu Hause?“
„Ich meine San Francisco. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wo mein Zuhause ist. Vielleicht ist es hier.“ Er ließ den Blick über den Garten schweifen, über die Bäume, die in allen Farben leuchtenden Blumen und die Springbrunnen. Dann umfasste er ihren Arm und sah sie so ernst an, dass Claudia sich fragte, was sie nun erwartete. „Weißt du, dass ich dich beneide? Du hast ein Heim, zu dem du immer zurückkehren kannst. Du weißt genau, wo du hingehörst.“
„Dafür kannst du an vielen Orten wohnen. Hier, in der Stadt und in San Francisco. Du hast die Wahl.“
„Könntest du dir vorstellen, hier zu leben?“, fragte er unvermittelt und ohne den Blick von ihr zu lösen, so als wäre ihre Antwort wichtig für ihn.
„Ich … ich weiß nicht. Es ist wunderbar hier, aber mir kommt alles so unwirklich vor, wie im Märchen.“
Er nickte und ließ ihren Arm los. „Machen wir uns an die Arbeit“, sagte er nun wieder ganz geschäftsmäßig. So, wie er gewesen war, bevor er sie im Cocktailkleid und im Bikini gesehen hatte. Bevor er ihr aus der Hand gelesen hatte. Sie gingen in das kühle klimatisierte Arbeitszimmer, wo Sam den Vertrag mit den handschriftlichen Änderungen ausbreitete. „Überprüfe doch bitte, ob die Vorschläge sinnvoll sind. Ich sehe inzwischen nach, was sich so in San Francisco tut.“
Konzentriert ging Claudia die Unterlagen durch und machte sich Notizen dazu. Sie bemerkte, dass Sam den Computer hochfuhr und seine E-Mails abrief. Als sie endlich aufblickte, stellte sie fest, dass er sich in seinem Stuhl zurückgelehnt hatte und sie ansah.
„Was hältst du davon?“, wollte er wissen.
„Es gibt da einige Probleme. Aber ich habe auch ein paar Ideen. Lass mich zuerst alles lesen. Dann können wir darüber reden.“
Er nickte, ohne den Blick von ihr zu wenden.
„Stimmt etwas nicht?“
„Vielleicht liegt es an diesem Ort, aber ich kann mich heute einfach nicht konzentrieren. Du bist immer meine rechte Hand gewesen, doch mir wird erst jetzt klar, wie sehr ich mich auf dich verlasse.“
Claudia rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her, dann wandte sie sich wieder ihrer Arbeit zu. Es machte sie nervös, wenn er sie so intensiv anblickte. So kannte sie ihn gar nicht.
Schließlich nahm er das Telefon in die Hand und rief seinen Vater an. Claudia wusste nicht, ob sie zuhören sollte, aber es ließ sich nicht vermeiden. Nachdem Sam aufgelegt hatte, sprach sie alles mit ihm durch und machte Vorschläge, wie man die Bayadhis zurück an den Verhandlungstisch bringen könnte.
„Wir sollten ihnen noch einmal die Vorteile der Firmenzusammenlegung vor Augen führen. Vielleicht ist ihnen gar nicht bewusst, dass die Al-Hamri-Reederei gerade vier neue Containerschiffe in Betrieb genommen hat. Soweit ich weiß, haben die Bayadhis sich den Australiern gegenüber vertraglich verpflichtet, Erz nach China zu liefern. Wie wollen sie das ohne unsere Frachtschiffe bewältigen? Ich glaube, Leasing kommt für sie im Moment nicht infrage.“
„Genial“, sagte Sam. „Ich rufe Vater sofort zurück.“
„Warte. Uns fallen sicher noch ein paar Möglichkeiten ein, die wir als Köder für sie verwenden können.“
Als eingespieltes Team brachten sie nicht länger als eine Stunde mit Brainstorming zu. Dann rief Sam seinen Vater an. Sie hörte, wie er sie für ihre Vorschläge lobte, und errötete vor Freude. Sam schmückte sich nie mit fremden Federn. Er stellte ihren Anteil an der gemeinsamen Arbeit immer heraus.
„Vater war sehr beeindruckt“, sagte er, nachdem er das Gespräch beendet hatte. „Wenn wir mit unseren Vorschlägen richtigliegen, müsste die Fusion endlich zustande kommen. So, jetzt haben wir aber eine Pause verdient. Du hast dein Zimmer noch gar nicht
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