In der Oase des Scheichs
sagte Sam. „Kommen Sie, ich zeige Ihnen alles. Das heißt, wenn Sie nicht zu müde sind.“
„Oh nein! Überhaupt nicht.“
Auf ihrem Rundgang durch das Anwesen atmete sie tief den Duft von Orangenblüten ein. Neben der Villa lag ein Pool aus maurischen Fliesen, der von einem Marmorspringbrunnen gespeist wurde.
„Hoffentlich haben Sie Badesachen dabei.“
Sie seufzte. „Ja, Amina hat alles für mich eingepackt.“ Sie konnte nur hoffen, dass sie zu viel Arbeit hatten, um zu schwimmen.
„Dann hat sie wirklich an alles gedacht.“
An alles, nur nicht daran, dass ich ihren Bruder liebe. Das kann sie nicht wissen.
„Am anderen Ende des Gartens befindet sich das Gästehaus. Dort haben meine Eltern ihre Flitterwochen verbracht. Sie können dort wohnen, aber vielleicht ist Ihnen ein Zimmer im zweiten Stock der Villa lieber.“
„Danke, das ist mir sehr recht.“
„Man sieht Ihnen den kleinen Schwächeanfall von vorhin nicht mehr an“, sagte er nach einem Blick in ihr Gesicht.
„An so einem wunderschönen Ort muss man sich einfach erholen.“ Sie schob sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. Im Büro trug sie die Haare immer hochgesteckt. Aber vor der Abreise hatte Amina ihr einen Zopf geflochten, und sie fühlte sich damit auf einmal so jung und unbeschwert wie schon lange nicht mehr. „Ich möchte die Teepause bei den Beduinen um nichts in der Welt missen.“
„Sie müssen sich vor der Sonne in Acht nehmen. Sie ist sehr intensiv. Hier im Palmenhain haben wir zumindest Schatten.“
„Ich komme mir vor wie in einem Märchen aus Tausendundeiner Nacht.“ Sie sah sich um und entdeckte zu ihrem Entzücken Orangen-, Zitronen- und Aprikosenbäume, die voller Früchte hingen. Über ihnen erstreckte sich der Himmel im strahlendsten Blau, das sie je gesehen hatte.
„Auch die Nächte hier sind wunderbar. Man kann mehr Sterne sehen als an jedem anderen Ort, den ich kenne, weil kein künstliches Licht den Himmel erhellt.“ Er blickte sich um, als sehe er alles zum ersten Mal.
„Wann waren Sie denn zuletzt hier?“
„Es ist zu lange her, und ich bin froh, dass wir diese Reise gemacht haben. Es war eine gute Idee von meinem Vater. Glauben Sie mir, ich weiß es zu schätzen, dass Sie so flexibel sind und das alles mitmachen.“
Sie brachte ein Lächeln zustande. Er lobt mich für meine Flexibilität. Na, besser als nichts, dachte sie. Sie konnte nicht damit rechnen, dass er ihr ein Kompliment über ihre Kleidung oder die neue Frisur machen würde. Oh ja, ihre Intelligenz und ihre Begabung, Verträge zu analysieren, das hatte er schon immer zu würdigen gewusst. Es war ein schwacher Trost.
„Und jetzt das Haus.“ Er schritt durch den gewölbten Haupteingang voran. „Vater hat es vor langer Zeit im südländischen Stil renovieren lassen, weil er glaubte, dass es Mutter dann besser gefällt. Im Erdgeschoss befinden sich ein großer Wohnraum, das Speisezimmer und das größte der Schlafzimmer.“
Sams Mutter muss wirklich sehr stark unter Heimweh gelitten haben, dachte Claudia, die sich gar nicht vorstellen konnte, dass jemand freiwillig diesem prachtvollen Haus den Rücken kehrte. Der Fußboden im Wohnbereich war mit wunderbar gemusterten Fliesen ausgestattet. Wertvolle Gemälde schmückten die Wände.
„Wie in einer Kunstgalerie.“ Claudia blickte staunend zu den Bildern an der rau verputzten Wand auf. „Haben Sie etwas dagegen, wenn ich hier Fotos mache?“
„Natürlich nicht. Sie können fotografieren, so viel Sie wollen.“
Es juckte sie in den Fingern, die Kamera herauszuholen, allein auf Entdeckungstour zu gehen und Bilder zu machen, damit sie das Haus und den Garten niemals vergaß.
Doch zunächst brachten die Bediensteten Erfrischungen auf die Terrasse. Sam und Claudia nahmen unter der Markise inmitten von üppigem Grün Platz und löschten ihren Durst mit frisch gepressten kalten Säften aus den Früchten des Gartens. Dazu gab es warme, mit Spinat gefüllte Blätterteigtaschen sowie Pinienkerne, Mandeln und Pistazien, die in hübschen Schälchen gereicht wurden.
„Wo ist das Büro?“, fragte Claudia, nachdem sie das erste Glas getrunken hatte.
„In einem anderen Teil des Hauses. Ich zeige es Ihnen nachher. Zum Glück können Amina und Ahmad nicht hören, dass Sie sich schon vor dem Auspacken nach der Arbeit erkundigen.“
„Aber ich bin doch hier, um zu arbeiten und Ihnen zu helfen.“ Er sah sie lange an. „Vielleicht sollten wir etwas weniger förmlich sein. Was meinst du,
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