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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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können, ja, dann trauert sie noch. Wir mussten ihr Ahmose-onch wegnehmen, falls du dich noch erinnerst, Kamose. Die Diener haben gehört, wie sie uns allesamt bei ihm schlecht gemacht hat, und man weiß nie, was von dem Gesagten im Kopf eines kleinen Kindes hängen bleibt. Sie ist ein undankbarer Mensch.« Und vielleicht auch ein gefährlicher, setzte Kamose im Geist hinzu.
    »Schluss mit dem Geplauder«, sagte Tetischeri scharf. »Wir wollen von Tani hören. Du hast viele Worte hinsichtlich Ramoses Ausflug in Apophis’ Palast diktiert, Kamose, aber was du nicht gesagt hast, hat uns viele sorgenvolle Stunden bereitet. Erzähle es uns jetzt. Erzähle uns alles.« Kamose blickte sie aus seiner sitzenden Stellung auf dem Fußboden an. Sie sah mit sorgsam beherrschter Miene zu ihm hinunter. Er schluckte, zog die Knie an und begann, von den Ereignissen zu berichten, die Ramose ihm mit so viel Bitterkeit erzählt hatte.
    Seine Worte waren wie Pfeile, jeder fand sein Ziel bei den Zuhörern und grub sich tief und schmerzhaft ein. Aahmes-nofretari öffnete die Hände, sie suchten nach den Stuhllehnen und umklammerten das vergoldete Holz immer fester. Ihr Gesicht verlor allmählich jegliche Farbe. Aahotep bückte sich auf ihrem Schemel tiefer und tiefer, bis ihre Stirn auf den Knien lag. Selbst Ahmose, der das Schicksal kannte, das sich seine Schwester erkoren hatte, spürte, wie ihm Kamoses Stimme wehtat, als er von Tanis Vermählung mit dem Feind erzählte, von ihrem neuen Titel Königin, von dem Namen, den ihr die Setius gegeben hatten. Nur Tetischeri saß reglos da, blinzelte kaum und ihr Blick unter den schweren Lidern hing an Kamoses Mund. Doch ihm wollte es so vorkommen, als ob die verrinnenden Augenblicke auch ihre Lebenskraft mitnahmen und lediglich ein uralte Hülle zurückließen, in der das Leben nur noch flackerte.
    Er wusste kaum, wie lange er gesprochen hatte. Worte änderten nichts an den Tatsachen. Schließlich verstummte er und bedrücktes Schweigen senkte sich auf die Runde.
    Von seiner Großmutter hatte er einen Ausbruch wütender Entrüstung erwartet, doch als sie dann sprach, hörte sie sich sanft an. »Das arme Kind«, sagte sie mit heiserer Stimme. »Arme Tani. Sie ist so mutig nach Auaris gegangen, und ohne zu wissen, was aus ihr wird, war sie entschlossen, ihrer Familie treu zu bleiben, wie sehr Apophis sie auch foltern würde. Doch auf eine ausgeklügeltere Folter, eine, die sie nicht als Angriff auf ihre Unschuld erkannt hat, war sie nicht gefasst. Und armer Ramose. Seine Verbindung mit unserer Familie hat ihm nicht zum Segen gereicht.« Aahmes-nofretari weinte jetzt.
    »Wie konnte sie nur?«, rief sie außer sich. »Wie konnte sie sich diesem … ältlichen Reptil, dem Mörder ihres Vaters, dem Gotteslästerer hingeben!«
    »Beruhige dich, Aahmes-nofretari, sonst entstellst du noch dein Kindchen«, sagte ihre Mutter dumpf. Sie war aufgestanden und hielt sich mit beiden Händen an ihrem Zopf fest, so als wäre der eine Rettungsleine. Aahmes-nofretari schluchzte noch immer.
    »Bei dem Gedanken, dass sich unser Blut mit Apophis’ mischt und Tani einen Bankert gebiert, wird mir speiübel!«, sagte Aahotep laut und so giftig, dass Kamose erschrak. »Sag mir, dass sie nicht schwanger ist, Kamose! Sag mir, dass sie nicht so dumm gewesen ist! Wenn das Seqenenre wüsste!«
    »Er würde sagen, sie ist ein weiteres Kriegsopfer«, gab Kamose hart zurück. »Und nein, soweit Ramose feststellen konnte, trägt sie kein Kind, hat auch nicht geboren. Falls es so wäre, hätte Apophis ihn mit der Tatsache gequält. Tani hat kein Setiu-Blut in sich. Der Titel Königin ist ein Ehrentitel. Apophis hat bereits eine Hauptfrau, die durch und durch Setiu und aus diesem Grund für ihn königlich ist, ganz zu schweigen von zahlreichen Setiu-Nebenfrauen. Apophis’ Söhne haben keinen einzigen Tropfen ägyptisches Blut in den Adern. Für ihn sind sie rein. Ihr wisst doch, wie sehr die Setius uns verachten. Gewiss würde sie es nicht wagen, ein Kind mit Mischblut zu gebären, auch wenn das Apophis’ Ansprüche festigen würde.« Er bemerkte die hektische Röte auf Aahoteps Wangen und ihren unnatürlich funkelnden Blick, als er sich hochstemmte, den Weinbecher seiner Großmutter nahm und ihn zu seiner Mutter trug, wo er ihre zitternden Finger um den Rand drückte und ihr half, ihn an die Lippen zu heben. Sie trank einen großen Schluck, dann schob sie ihn fort.
    »Ihr macht es euch leicht«, sagte sie schrill. »Ein

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