In der Oase
Tetischeri und küssten ihr die Hand. Sie sprach mit jedem, erkundigte sich nach ihren Familien, fragte, welche Division sie befehligten, was sie getan hätten, und Kamose dachte, sie ist wirklich eine bedeutende Edelfrau, klug und huldvoll, unbeugsam und stolz. In seiner unvoreingenommenen Gemütsverfassung bemerkte er jedoch, dass Fürst Intef und Fürst Iasen nach dem Austausch höflicher Artigkeiten mit seiner Großmutter zu Ramoses Mutter gingen und sich den Rest der Zeit mit ihr unterhielten. Er gab sich einen Ruck, winkte Baba Abana, Kay und Paheri und stellte sie seiner Familie vor.
Am Abend versammelten sich die Mitglieder der Familie in Tetischeris Gemächern. Achtoi und ein abgehetzter Uni hatten für die Gäste eine Unterkunft gefunden und ihnen Leibdiener zugewiesen. Hor-Aha hatte über den Fluss gesetzt und berichtet, dass die Medjai in ihren Kasernen untergebracht und froh wären, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.
Ramose hatte darum gebeten, die Räume seiner Mutter teilen zu dürfen, und nach einigem Zögern hatte Kamose eingewilligt. Er wusste, dass die Pause zwischen Bitte und Bewilligung seinen Freund gekränkt und verwirrt hatte, doch die Art, wie sich die beiden Fürsten Nofre-Sachuru genähert hatten, und die Art, wie sie diese begrüßt hatte, bereitete Kamose Sorgen, wenn er auch nicht genau wusste, warum. Schließlich, so sagte er sich gereizt, ist Teti mit fast allen Fürsten längs des Nils befreundet gewesen. Intef und Iasen kennen seine Witwe seit Jahren. Wie muss sie sich gefreut haben, sie wieder zu sehen, mit ihnen frei über Teti reden zu können und mit Ramose glücklichere Zeiten aufleben zu lassen.
Er schob seine Bedenken jedoch vorübergehend beiseite, als er Behek mit einem Diener in den Hundezwinger zurückschickte und durch die fackelerhellten Flure des Hauses ging. Uni ließ ihn in die Gemächer seiner Großmutter ein. Die übrige Familie war schon da. Tetischeri saß an ihrem Tisch, hatte die Füße auf einen Schemel gebettet und die beringten Finger locker um einen Weinbecher gelegt. Ihr gegenüber saß auch Aahmes-nofretari auf einem Stuhl. Kamose fand, sie sah wie ein müdes Kind aus. Als er eintrat, schenkte sie ihm ein schmales Lächeln. »Raa hat Ahmose-onch dabei erwischt, wie er die Hausschlange durch den Empfangssaal geschleift hat«, berichtete sie. »Er hatte sie mit der Faust gepackt, Gott sei Dank, unmittelbar hinter dem Kopf. Er hat gekreischt, als Raa sie ihm weggenommen und in den Garten geworfen hat. Er hätte gebissen werden können, der kleine Dummkopf.« Sie verzog das Gesicht. »Ich bete, dass die Schlange nicht beleidigt ist und wieder zurückkommt. Sonst wäre das wirklich ein großes Unglück.« Schon wieder dieser Blick in Kamoses Richtung, halb nachdenklich, halb ängstlich, dann sah sie weg.
»Die Schlange hat ihn nicht gebissen, weil sie gewusst hat, dass er noch so klein ist«, meinte er. »Und aus dem gleichen Grund wird sie zu ihrer Milch zurückkehren.« Er ließ sich neben Ahmose zu Boden sinken und lehnte den Rücken an die Wand.
»Das ist kein böses Vorzeichen, Aahmes-nofretari«, sagte ihre Mutter. Sie saß auf einem Schemel vor Tetischeris Kosmetiktisch und hatte ihren dicken Zopf nach vorn gezogen, wo er auf ihrer rot bekleideten Brust ruhte. »Ahmose-onch ist zu verwöhnt. Ahmose, wo du jetzt daheim bist, kannst du ihm ein wenig Disziplin beibringen.«
»Ich?« Ahmose lachte erstaunt. »Was kann ich mit einem Zweijährigen anfangen? Ich habe richtig Angst vor ihm!«
»Stell ihn dir als Hund vor, den du anlernen musst«, riet Tetischeri. »Belohne ihn für Gehorsam. Bestrafe ihn für Ungezogenheit. Ein fauler und nachsichtiger Herr bekommt einen aufmüpfigen Hund, und ich habe den Eindruck, dass sich Kinder gar nicht viel von Hunden unterscheiden.« Sie blickte in Richtung der glücklosen Aahmes-nofretari. »Du bist nicht faul, liebes Kind, aber gewiss bist du zu nachsichtig mit dem Jungen gewesen. Seine Kinderfrau auch. Von jetzt an stell ihn dir bitte mit grauem Fell und Schwanz vor, wenn du ihn ansiehst.« Alle lachten schallend, wurden aber schnell wieder ernst. Kamose dachte an Ramoses Mutter, die in ihrer ersten Zeit hier im Haus so viel Zeit mit Ahmose-onch verbracht hatte.
»Berichtet von Nofre-Sachuru«, sagte er. »Trauert sie immer noch?« Aahotep machte tss, tss.
»Trauern?«, wiederholte sie fast verächtlich. »Falls Missmut und ein sehr betonter Wunsch nach Alleinsein als Trauer ausgelegt werden
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