In der Oase
Frauen und Kinder tun mir Leid, aber die Fürsten müssen auf der Stelle hingerichtet werden.«
»Und was ist mit Nofre-Sachuru?«
»Die ist ein Gift, das langsam wirkt und am Ende alles vergiftet«, sagte Aahotep barsch. »Was können wir schon mit ihr tun als auch sie hinrichten? Wenn wir sie verbannen, wetzt sie ihre Zunge weiter. Wir sind nie sicher vor ihr, wohin wir sie auch schicken.«
»Dann schlage ich vor, wir schicken Ramose auf die Suche nach Mesehti und Machu. So muss er nicht mit ansehen, wie seine Mutter schließlich doch noch hingerichtet wird, oder sich verpflichtet fühlen, ihr beizustehen. Ich möchte um Kamose trauern«, schloss Aahmes-nofretari und stand auf. »Und das kann ich nicht, ehe nicht alles andere geregelt ist.« Aahotep erhob sich auch.
»Dann sind wir einer Meinung?«
»Ja.«
»Gut. Ich sage Hor-Aha, er soll zehn Bogenschützen auswählen, und morgen früh versammelt sich das Heer auf dem Exerzierplatz und sieht den Hinrichtungen zu. Aahmes-nofretari…«
»Ja.« Ihr Mutter war verstummt und biss sich auf die hennaroten Lippen.
»Wir tun da etwas Furchtbares. Wir töten ägyptische Edelleute. Wir töten eine Frau. Mir ist, als ob…« Sie deutete auf die dicken, nackten Wände des Raumes. »Mir ist, als ob auch ich im Gefängnis bin, einem Ort, an dem man keine Wahl mehr hat.« Aahmes-nofretari kam um den Schreibtisch herum und ergriff die kalten Hände ihrer Mutter.
»Wir haben nicht damit angefangen«, sagte sie leise, »aber es ist unser Los, es zu Ende zu führen. Ich muss zu Ahmose. Komm mit, und danach gehen wir in den Tempel und beten. Wenn wir wieder daheim sind, dürfte Großmutter wach und so weit klar sein, dass sie uns raten kann.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie einen barmherzigeren Vorschlag hat«, gab Aahotep zurück. »Sie wird für ihren Tod stimmen, koste es, was es wolle.«
Abends setzten sie sich mit Tetischeri zusammen. Die war zwar nach ihrem Rausch bleich und schwach, konnte jedoch wieder klar denken und trat unerbittlich und heftig für den Tod der Fürsten ein. »Warum sollten wir sie verschonen?«, fauchte sie. »Sie haben Kamose ohne Gewissensbisse gemeuchelt, und wenn du nicht gewesen wärst, Aahotep, hätten sie auch Ahmose umgebracht. Weg mit ihnen. Sie sind es nicht wert, Ägypter genannt zu werden.«
»Dann stimmen wir also völlig überein?«, fragte Aahmes-nofretari. »Es darf nämlich keine Bedenken, keine Gewissensbisse geben.« Tetischeri warf ihr einen verächtlichen Blick zu.
»Ich habe keine«, sagte sie. »Und was dich angeht, kleine Kriegerin, so denke ich, dass es auch mit deinen vorbei ist. Ahmose dürfte Mangel an Befehlshabern haben, wenn er genesen ist. Vielleicht sollte er dir eine Division anbieten. Die Hathor-Division.« Aahmes-nofretari schluckte, weil sie jäh einen Kloß im Hals hatte. Ihre Großmutter hatte sich zwar spöttisch angehört, aber es war nicht zu verkennen, dass ihr Kompliment aufrichtig gemeint war. »Jetzt fort mit euch, alle beide«, schloss Tetischeri. »Wenn ich morgen auf der Estrade stehen soll, muss ich mir die Weinreste wegmassieren lassen.«
»Ramose überlasse ich dir«, sagte Aahotep leise vor der Tür. »Ich muss Hor-Aha holen lassen. Es hört sich grausam an, aber hoffentlich, Aahmes-nofretari, bleibt Ahmose bewusstlos, bis es getan ist. Falls er vor Tagesanbruch aufwacht, müssen wir auf seine Entscheidung warten. Und einen Aufschub ertrage ich, glaube ich, nicht.« Aahmes-nofretari legte ihrer Mutter die Hand auf die Wange, eine stumme Bestätigung, dann trennten sie sich.
Senehat öffnete die Tür, als Aahmes-nofretari anklopfte. Sie sah die Prinzessin und verbeugte sich, dann trat sie beiseite. »Ich muss Ramose allein sprechen«, sagte Aahmes-nofretari. »Bitte, Senehat, warte draußen auf dem Gang.«
Ramose und Senehat waren beim Essen gewesen. Er erhob sich, als Aahmes-nofretari näher trat, und sie konnte an seiner Miene erkennen, dass er wusste, warum sie gekommen war. »Ich möchte, dass du dir einen Herold und eine Leibwache nimmst und nach Achnim und Djawati fährst«, sagte sie ohne weitere Einleitung. »Wir müssen wissen, wo Mesehti und Machu stehen. Wir beten darum, dass sie einfach nach Hause geflohen sind, aber wenn sie ins Delta wollen, müssen wir Truppen hinter ihnen herschicken. Du brauchst den Herold, damit er uns so schnell wie möglich Nachricht gibt. Wir möchten, dass du noch heute Abend an Bord gehst.« Er blickte sie nachdenklich und mit
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