In der Oase
ist bebaut und gut bewässert. Hütet euch vor den Kanälen. Meine Familie lebt hier.« Er machte ein Kreuz auf die Landkarte und warf Kamose von unten einen Blick zu.
»Ich gebe den Befehl, dass man sie in Ruhe lässt«, versicherte ihm dieser. »Weiter.«
»Die Festung selbst ist dicht am Nil erbaut. Es gibt zwei Tore, eines in der Ostmauer, eines nach Westen hin, beide groß genug für Streitwagen. Die Mauern selbst sind ein mächtiges Bollwerk, sind aus dickem Lehm und sehr glatt, innen senkrecht, außen jedoch angeschrägt. Mit Leitern sind die nicht zu überklettern. Wenn die Tore geschlossen und verrammelt sind, bleibt Angreifern nur noch die Belagerung. Oben auf den Mauern patrouillieren Bogenschützen.«
»Das ist die normale Setiu-Bauweise«, unterbrach ihn Ahmose. »Sind alle Festungen von Apophis im Norden auf die gleiche Weise gebaut?«
»Ja. Die Setius errichten sie, wenn möglich, gern auf Hügeln, aber Neferusi steht auf flachem Gelände.«
»Darüber müssen wir uns jetzt nicht den Kopf zerbrechen«, sagte Kamose. »Was befindet sich innerhalb der Mauern von Neferusi?«
»Kasernen. Wenn du im Morgengrauen angreifst, waschen sich die meisten Soldaten gerade. Hier ist die Waffenkammer und dahinter sind die Ställe. Dort ist ein kleiner Schrein für Reschep«, der Pinsel bewegte sich schnell, »und hier mein Befehlsstand. Die Hauptkaserne ist, wie ihr seht, dichter am westlichen Tor gelegen als am östlichen. Wenn ich du wäre, Fürst, ich würde meine Kräfte auf dieses Tor sammeln, aber natürlich beide Tore zugleich angreifen.«
»Natürlich«, murmelte Kamose. »Welche Stärke habt ihr?« Meketra lehnte sich zurück und reichte Kamose die Karte.
»Zwölfhundert Mann, einhundert Streitwagenfahrer und zweihundert Pferde. Die Speicher und Lager sind voll, aber wir haben nur einen begrenzten Vorrat an Wasser. Das gilt, glaube ich, für alle Festungen, die dicht am Nil liegen. Apophis kann sich einfach keinen richtigen Aufstand vorstellen.« Er stand auf und verbeugte sich. »Ich muss sofort aufbrechen«, sagte er. »Gleich nach dem Morgengrauen werde ich die Tore entriegeln, jedoch nicht öffnen. Und du lässt meine Familie in Ruhe. Möge euch der Gott Wasets den Sieg schenken.«
»Einen Augenblick noch.« Kamose war auch aufgestanden. »Ist Ramose mit seinem Vater nach Neferusi gekommen? Wie geht es ihm?« Meketra blickte ratlos.
»Er ist bei guter Gesundheit, jedoch schweigsam«, sagte er. »Ramose hat sich eigentlich zu gar nichts geäußert.«
»Danke. Deine Begleiter, Fürst, behalte ich lieber hier. Haben wir uns verstanden?« Meketra lächelte.
»Ich glaube schon, Fürst.« Und mit einer neuerlichen knappen Verbeugung, die jedoch alle in der Kabine einbezog, verließ er sie.
Ahmose äußerte sich erst, als die Schritte des Fürsten auf Deck verklungen waren, dann holte er tief und ausgiebig Luft. »Wer hätte das gedacht?«, platzte er heraus. »Wir kennen unsere Geschichte nicht gut genug, Kamose! Können wir ihm vertrauen?« Kamose hob die Schultern.
»Uns bleibt kaum eine andere Wahl«, erwiderte er. »Aber ich sehe auch die Last seines Grolls. Apophis ist wirklich dumm. Ahmose, du nimmst ein paar von den Tapferen des Königs und suchst nach dem Heer. Das dürfte nur eine Stunde entfernt sein. Hor-Aha, wir greifen bei Tagesanbruch an. Und vergiss nicht, dass den Bewohnern dieses Anwesens«, er zeigte auf die Karte und übergab sie dann seinem Bruder, »nichts geschieht. Teti und Ramose übrigens auch nicht.« Und an seinen Haushofmeister gerichtet: »Achtoi, wir müssen unverzüglich nach Norden aufbrechen. Gib dem Kapitän Bescheid.«
Knapp eine Stunde später bewegte sich etwas am Ufer, ein Späher gab Zeichen. Kamose befahl beizudrehen und wartete, während der Mann an Bord kam. »Neferusi liegt dort«, sagte er, nachdem Kamose ihm gestattet hatte zu reden. »Du kannst vielleicht die Mauerkrone ausmachen, Majestät. Das Heer ist eingetroffen. Es ist zwischen den Feldern und den Bäumen durchmarschiert. Prinz Ahmose bittet um die Erlaubnis, bei der Truppe bleiben zu dürfen. Er wartet auf deinen Befehl, dann ziehen die Medjai die Schlinge zu. Bis zum Morgengrauen ist es noch eine Stunde.«
»Sehr gut. Er kann anfangen, muss sich bereithalten, die Tore beim ersten Licht zu stürmen.« Andere Befehle wollten ihm auf die Lippen kommen. Lass die Bogenschützen zunächst auf die Mauern zielen. Sorge dafür, dass sich die Männer nicht drängeln und übereinander stolpern, wenn ihr
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