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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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viel Selbstvertrauen vermitteln. Von heute an werden Soldaten aus ihnen.« Er reichte Kamose eine Rolle, die er in der Hand gehabt hatte. »Der Mann, der das hier bei sich hatte, wurde gleich nach Beginn des Scharmützels gefangen und getötet«, sagte er. »Er hatte ohnedies keinerlei Aussichten, durch die Abriegelung der Medjai zu schlüpfen, aber das hat Teti natürlich nicht geahnt.«
    Verdutzt entrollte Kamose den Papyrus. Es war eine hastig hingekritzelte, knappe Botschaft. »Grüße an Seine Majestät Awoserra Aqenenre Apophis, den Starken Stier der Maat. Wisse, dass dein undankbarer und verräterischer Diener Kamose Tao jetzt sogar deine Festung in Neferusi mit einer großen Streitmacht abtrünniger Männer überfallen hat. Schicke uns sofort Hilfe, sonst müssen wir sterben. Dein treuer Untertan Teti, Nomarch von Chemmenu und Aufseher deiner Deiche und Kanäle.« Kamose lachte grimmig.
    »Was hat er sich dabei gedacht? Dass Apophis die Rolle wie durch Zauberhand binnen Augenblicken erhält und desgleichen wie durch Zauberhand ein Heer gen Süden schickt, um diesen wertlosen Kadaver zu retten? Lass uns weitermachen. Hor-Aha, deine Hauptleute sollen die Waffen aus der Waffenkammer austeilen. Such dir Männer, die mit Pferden umgehen können, und mach sie zu Aufsehern der Ställe. Die Streitwagen gehen zunächst an die Fürsten und erst danach an die Befehlshaber. Ahmose, geh zum Schiff zurück und wasch dich. Die überlebenden Setius bleiben hier und sehen sich an, wie wir diese Mauern schleifen. Ich möchte, dass von Neferusi nichts übrig bleibt. Und hol Reschep aus seinem Schrein und zerschmettere ihn vor aller Augen. Wo ist Teti?«
    »Noch immer im Quartier des Befehlshabers«, sagte Ahmose. »Ich lasse ihn bewachen, aber er zeigt keinerlei Neigung, nach draußen zu kommen. Ramose ist bei ihm. Er ist verwundet.«
    »Ramose hat mitgekämpft?«
    »Ja. Glücklicherweise hat man ihn erkannt und überwältigt, ehe ihn ein Medjai durchbohren konnte. Ich habe noch keine Zeit gehabt, mit ihm zu sprechen, Kamose.« Wie kann ein so lauterer Charakter nur Tetis Lenden entsprungen sein, verwunderte sich Kamose. Ich habe mich auf diesen Leckerbissen gefreut, aber nun steht er vor mir, und mir wird übel und ich möchte fliehen.
    »Die Sonne brennt schon heiß und der Gestank hier wird einfach zu viel«, sagte er laut. »Komm mit, Anchmahor. Ich will meinem Verwandten gegenübertreten, aber ich urteile erst über ihn, wenn du zurück bist, Ahmose, und die Fürsten alle zugegen sind.« Sein Kopf begann zu schmerzen. Er wusste, dass der Schmerz keinen körperlichen Grund hatte, und scherte sich nicht darum.
    Die Wachposten vor der Tür des Befehlshabers salutierten und machten Platz, Kamose holte tief Luft und trat ein. Das Gebäude bestand lediglich aus zwei Räumen, einer diente zum Schlafen und der größere, in dem Kamose und Hor-Aha jetzt standen, als Arbeitszimmer. Er war zweckdienlich karg, enthielt kaum mehr als Borde für die Kästen, in denen sich die Unterlagen über Neferusis Einwohner befanden, etliche Schemel und einen Stuhl hinter einem Schreibtisch. In der Zelle des Befehlshabers bekam Kamose mit halbem Auge eine leise, verstohlene Bewegung mit.
    Widerwillig wandte er seine Aufmerksamkeit den beiden Männern zu, die sich bei seinem Eintreten erhoben hatten. Einer trug einen Leinenverband um die Mitte. Er war blass und bewegte sich nur mühsam. »Sei gegrüßt, Ramose«, sagte Kamose leise. »Tut es sehr weh?« Der junge Mann schüttelte den Kopf.
    »Sei gegrüßt, Kamose«, antwortete er mit belegter Stimme. »Es wäre schön, wenn wir uns unter weniger betrüblichen Umständen wieder gesehen hätten. Was meine Wunde angeht, so ist sie nicht weiter schlimm, nur lästig. Ein Pfeil hat mich geschrammt. Er war schon am Ende seiner Flugbahn.« Ich möchte dich in die Arme schließen und dich um Verzeihung wegen deines Vaters, wegen Tani, wegen der Zerstörung deines Lebens bitten, rief ihm Kamose stumm zu. Ich habe solche Angst, dass du nun keine Zuneigung und keine Achtung mehr für mich empfindest. Du weißt, was ich tun muss. Es gibt keinen Ausweg.
    Mit Mühe zwang er seinen Blick in Richtung Teti. Der Mann war barfuß und ungeschminkt. Er trug lediglich einen kurzen Schurz, der locker unter seinen kugeligen Hängebauch gebunden war. Kamose konnte seine Angst riechen, beißend und entwürdigend.
    »Teti, so erinnere ich mich nicht an dich«, sagte er. »Du bist alt geworden.«
    »Und du bist auch nicht mehr

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