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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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erst durch die Tore seid. Wirf dich sofort auf die Kaserne. Lass die Pferde in den Ställen, sonst gibt es einen großen Tumult. Riegele die Waffenkammer ab, damit sich die Setius nicht mit neuen Waffen versorgen können. Und vor allem, Ahmose, sieh dich vor. Nichts davon äußerte er laut.
    »Achtoi, öffne meinen Amun-Schrein und bereite Weihrauch vor«, rief er. »Wir wollen beten, Anchmahor, danach gehen wir von Bord. Es ist Zeit.«
    Der Himmel war kaum wahrnehmbar heller geworden, als sie aus der Kabine traten und das Boot bestiegen, und die Tapferen des Königs in den anderen Schiffen folgten Kamose auf seinen Ruf hin. Sie sammelten sich am Fluss und schlugen den Uferweg ein, Kamose inmitten seiner Leibwache, die zweihundert Tapferen des Königs vor und hinter sich. Jetzt konnte man auch die hohen Festungsmauern ausmachen, und gerade als Kamose sie musterte, stieß jemand einen erschrockenen Schrei aus. Etwas Formloses fiel von der Mauer, und jählings zeigte sich ein Dutzend solcher Gestalten, Männer, die oben kauerten und nach unten spähten, während Kamose hinaufsah. Ein zweiter Schrei zerriss die klare Morgenluft. Dann heulten die Medjai, und der primitive Schrei wurde unverzüglich links von Kamose aufgenommen. Die Gestalten auf der Mauer purzelten eine nach der anderen herunter. Der Bewuchs machte plötzlich einer kahlen Stelle und einer breiten Bootstreppe, an der zwei große Barken dümpelten, Platz, und unversehens befanden sich Kamose und seine Männer vor der Festung, wo sie am höchsten war.
    Das Tor stand offen, und eine wilde Menge Soldaten, mitten unter ihnen die dunkleren, etwas leichter gebauten Medjai, strömte hinein. Hinter ihnen drängten sich auf dem Platz zwischen Festung und Bootstreppe weitere Soldaten, ließen sich vom allgemeinen Sog erfassen. Der Lärm war ohrenbetäubend. Von Hor-Aha oder Ahmose war nichts zu sehen, und Kamose nahm an, dass sie bei dem Großteil des Heeres waren, der das Westtor stürmte.
    Es wurde rasch heller. Die Schatten am Fuß der Mauer schlängelten sich dunkel und zunehmend schärfer zum Fluss hin, während der Himmel zart rosig wurde und die Vögel in den Bäumen ihr Morgenlied anstimmten. Hinter dem Tor war der Lärm noch nicht abgeflaut, Gebrüll und Geschrei, erschrockenes Pferdegewieher, laute Befehle der Hauptleute. Aber kein heftiges Weinen, keine Frauenstimme, die entsetzt aufschrie, dachte Kamose. Verglichen mit dem, was ich schon angerichtet habe, ist das hier sauber. Jetzt muss ich nur noch warten.
    Lange bevor die Schatten gegen Mittag kürzer wurden, war der Kampf um Neferusi beendet, Kamose und seine Männer schritten durch das Tor und auf einen großen Platz, der mit Leichen und Müll übersät war. Als er sich einen Weg bahnte, näherten sich Ahmose, Hor-Aha und Meketra. Ahmose war schweißnass und blutbespritzt. Die Axt an seinem Gurt war verkrustet und das Schwert in seiner Hand bis zum Griff besudelt. »Das war keine Schlacht, Kamose«, sagte er. »Sieh dich um. Das war, als hätten wir auf einem Acker erschrockene Kaninchen aufgestöbert. Ich habe einen großen Teil des Heeres zurückgehalten, sonst hätten wir uns hier noch auf die Füße getreten. Wir haben weniger als eine halbe Division gebraucht. Natürlich wäre die Sache anders gelaufen, wenn man uns nicht die Tore geöffnet hätte.« Er warf Meketra, der ungerührt neben ihm stand, einen Blick von der Seite zu.
    »Fürst, wir stehen in deiner Schuld«, sagte Kamose. »Nimm deine Familie und geh nach Chemmenu. Tetis ganzer Besitz fällt an mich, und ich übertrage ihn dir. Brich sofort auf.« Er meinte, unter den schweren Lidern des Mannes Enttäuschung auffunkeln zu sehen. Meketra möchte zusehen, wie Teti stirbt, dachte er angeekelt. Er ist bereit, die stumme Feindseligkeit der Überlebenden hinzunehmen, nur um sich an Tetis Todeskampf weiden zu können. Meketra zögerte ein wenig, dann verneigte er sich und entfernte sich rückwärts.
    »Jeder Fürst unter deinem Befehl könnte von Leuten, die Apophis treu sind, ein Verräter genannt werden«, sagte Anchmahor leise. »Warum flößt mir Meketra nur solch einen Widerwillen ein?«
    »Weil irgendetwas sein Ka verunreinigt hat«, gab Kamose sofort zurück. »Seine Sache ist gerecht, aber er ist kein Mann von Ehre.« Er wandte sich an seinen General. »Wie hoch sind unsere Verluste, Hor-Aha?«
    »Wir haben keine, Majestät«, sagte Hor-Aha prompt. »Ein paar Schrammen, mehr nicht. Diese kleine Auseinandersetzung wird den Männern

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