In der Oase
unehrerbietig sein, Majestät.«
»Ich bin nicht beleidigt. Wir sind aus demselben uralten Stamm, Anchmahor. Nun?«
»Die Fürsten mögen den General nicht. Sie sind neidisch auf seine enge Bindung an Seine Majestät. Sie verübeln es ihm, dass sie unter seinem Befehl stehen.«
»Und Ahmose ist ihrer Meinung.«
Anchmahor seufzte. »Der Prinz ist ein Mann von großem Durchblick und gemäßigt in Ansichten und Rede. Er teilt die Zuneigung seines Bruders zu Hor-Aha und bekennt sich zu dessen Fähigkeiten in Kriegsdingen, verschließt jedoch im Gegensatz zu Seiner Majestät nicht die Augen vor der Gefahr der Situation. Denn der urteilt mittlerweile lediglich nach Treue.«
Tetischeri wurde immer durstiger. Sie konnte nur noch mit Mühe schlucken. »Kann Kamose sie zusammenhalten?«, fragte sie unumwunden.
»Ich glaube schon, solange er ihnen Siege liefert. Falls die Belagerung im kommenden Frühling schlecht ausgeht, werden sie dem General die Schuld geben. Falls Seine Majestät ihn in Schutz nimmt, gibt es Ärger. Aber ich befasse mich nicht gern mit Unvorhersehbarem.«
»Ich auch nicht, aber ich muss«, sagte Tetischeri. »Ich möchte, dass du seine Wache verdoppelst, Anchmahor.«
»Darf ich fragen, warum?« Sie zögerte erneut, merkte jedoch, dass sie diesem Mann vertraute, wie sie ihrem Gemahl vertraut hatte, vorbehaltlos.
»Weil Amunmose mir heute Morgen gesagt hat, dass die Vorzeichen schlecht für Kamose stehen«, sagte sie freiheraus. »Es gibt ein ungünstiges Orakel. Ich befürchte keinen direkten Angriff auf seine Person, solange er hier ist, aber man sollte jede Vorsichtsmaßnahme ergreifen.« Sie stand unbeholfen und steif auf. »Sei bedankt für deinen Freimut, Fürst. Ich benötige keine Berichte von dir.« Sie lächelte. »Behüte ihn.«
»Er ist ein großer Mann und würdig, die Doppelkrone zu tragen, Majestät«, sagte Anchmahor. »Ich bete darum, dass man sich seiner in Liebe erinnert.«
Was ich bezweifeln möchte, dachte Tetischeri, als sie auf das Haus zuhastete. Sein gewaltiges Ziel, Ägypten zu befreien, Seqenenres Tapferkeit und unsere Verzweiflung, alles wird vergessen sein. Was bleibt, ist die Unbarmherzigkeit meines Enkels. In künftigen Zeiten werden nur wenige Menschen genug wissen, dass sie für ihn aussagen können.
Nach ihrer Unterhaltung mit Anchmahor wurde Tetischeri innerlich etwas ruhiger. Sie war sich mit dem Fürsten darin einig, dass Kamoses Verstand zwar bedroht war, er ihn aber nicht verlieren würde, und mit dieser Gewissheit wandte sie sich der Aufgabe zu, die Heilung seiner seelischen Wunden durch Erfüllen aller körperlichen Bedürfnisse zu gewährleisten. Mit den Worten des Orakels im Hinterkopf ermahnte sie Achtoi im Geheimen, dass das Essen Seiner Majestät stets vorgekostet werden musste, und sie überzeugte sich, dass man ihm die erlesensten und abwechslungsreichsten Fleischgerichte, Trockenobst und Gemüse vorsetzte.
Wohl überlegt und berechnend beschloss sie, ihm ein weibliches Wesen aufs Lager zu schicken, das ihm heilsames Vergessen schenken konnte, und so rief sie Senehat zu sich, forderte sie auf, sich auszuziehen, untersuchte sie sorgfältig, befahl Isis, sie zu waschen, zu rasieren und mit Duftsalbe einzureiben, und schickte sie in Kamoses Gemächer, nicht ohne sie darauf hinzuweisen, dass kein Gesetz in Ägypten sie zwingen könnte, dem Wunsch ihrer Herrin nachzukommen, und wenn sie die Ehre, das Lager des Königs zu teilen, lieber ablehnen wolle, eine andere würde nur zu gern annehmen. Senehat willigte ein, kehrte aber schon bald tränenüberströmt zu Tetischeri zurück. »Ich habe nichts falsch gemacht!«, jammerte sie. »Aber Seine Majestät wollte mich nicht! Er hat mich weggeschickt! Ich schäme mich so!«
»Weswegen denn, du dummes Ding?«, sagte Tetischeri nicht unfreundlich. »Geh wieder in deine Zelle und hüte deine Zunge, sonst lasse ich sie dir herausschneiden.« Senehat verzog sich schniefend, und am Morgen bat Kamose, in die Gemächer seiner Großmutter eingelassen zu werden. Er gab ihr einen Kuss und trat einen Schritt zurück.
»Tetischeri, vermutlich hast du mir Senehat geschickt«, sagte er. »Ich bin nicht undankbar. Ich weiß, wie du dich um mein Wohlergehen sorgst. Aber ich bin nicht an geschlechtlichen Freuden interessiert, und selbst wenn, würde ich mir eine Frau mehr nach meinem Geschmack aussuchen, nicht eine kleine Dienerin, wie anziehend sie auch immer sein mag.«
»Und wer ist mehr nach deinem Geschmack?«, fragte
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