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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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ab.
    »Entschuldigung«, sagte er sofort. »Aufgrund meiner großen Sorge habe ich mich vage und ungenau ausgedrückt. Die Worte des Orakels lauten: ›Drei Könige gab es, dann zwei, dann einen, ehe das Werk des Gottes vollendet war.‹ Das ist alles.«
    »Das ist alles? Aber was bedeutet es? Hat das Orakel das nicht näher erläutert? Wie sollen wir das auslegen, und welchen Zweck hat es, wenn es keinen Sinn ergibt?« Angesichts ihres Nichtbegreifens brach ihr hitziges Temperament durch, und sie bemühte sich, es in den Griff zu bekommen. »Sollen wir herumhocken und Auslegungen durchsprechen, bis uns irgendeine Eingebung kommt? Drei Könige, dann zwei, dann einer. Was, in Amuns Namen, soll das?« Amunmose war an ihre Ausbrüche gewöhnt. Er ging in den Raum, brachte ihr einen Schemel und stellte ihn hinter sie. Zerstreut nahm sie darauf Platz.
    »Ich bin in der Tat der Hohe Priester«, sagte er. »Und ich bin auch Erster Prophet Amuns. Der Gott spricht durch das Orakel, doch die Macht, es zu deuten, liegt bei mir.«
    »Dann hör auf herumzureden und tu deine Pflicht!« Er nickte.
    »Es gab drei Könige, drei wahre Könige in Ägypten«, sagte er. »Seqenenre, der Starke Stier der Maat, Geliebter Amuns, sein Sohn Kamose, der Falke-im-Nest, und sein jüngster Sohn, Prinz Ahmose. Der arme Si-Amun kommt nicht in Frage, der hat sein Geburtsrecht verkauft und den Preis dafür gezahlt. Dein Sohn Seqenenre wurde getötet. In diesem Augenblick wurde Kamose, der Falke-im-Nest, anstelle seines Vaters Starker Stier.«
    »Ich weiß, worauf du hinauswillst«, warf Tetischeri heiser ein. »Das Werk des Gottes ist begonnen, aber noch nicht vollendet, und bis dahin gibt es nur noch einen König. Ahmose.« Entschlossen stand sie auf. »Der prophetische Ausspruch ist noch nicht ins Gewebe der Zeit eingewebt, Amunmose, und alles in mir weigert sich gegen die Annahme, dass Seine Majestät stirbt, ehe ihn ein hohes Alter in den Gerichtssaal führt. Angenommen, das Werk des Gottes ist erst vollendet, wenn der letzte Fremdländer von unserem Boden vertrieben ist? Das könnte lange nach dem Fall von Auaris und Apophis’ Hinrichtung sein. Und was ist, wenn der letzte lebende König Ahmose-onch ist?«
    »Dann wären es vier Könige«, erinnerte Amunmose. »Wir greifen nach Strohhalmen, Majestät. Vielleicht ist meine Auslegung falsch.« Sie seufzte.
    »Nein, wohl kaum. Aber ich will nicht glauben, dass Kamose nicht hier in Waset auf dem Horusthron sitzen wird, nachdem er ihn diesem Emporkömmling Apophis abgenommen hat. Wir verärgern den Gott nicht, wenn wir versuchen, den schicksalhaften Spruch in die Länge zu ziehen, darum werde ich befehlen, dass man Kamoses Leibwache verdoppelt und ihm einen Vorkoster zuweist.«
    »Vielleicht erliegt er der Weissagung in der Schlacht.«
    »Vielleicht.« Sie winkte ungeduldig in Richtung der Säcke und Kisten, die rings um sie gestapelt waren. »Ich bin nicht mehr daran interessiert, den Schatz zu prüfen«, sagte sie bedrückt. »Sag, Amunmose, ist dir an meinem Großsohn seit seiner Rückkehr eine Veränderung aufgefallen?« Seine Augen wurden schmal und blickten schlau.
    »Majestät, du und ich, wir arbeiten gemeinsam im Dienst des Gottes und zum Wohlergehen des Hauses Tao, seitdem ich als Weeb-Priester in diesen Tempel gekommen bin«, erinnerte er sie. »Du würdest mir diese Frage nicht stellen, wenn es nicht Gründe für eine hoffnungsvolle Antwort gäbe. Ich bin der treue Diener Seiner Majestät, und meine Treue gilt vor allem ihm, aber wenn ich vermuten müsste, er hätte sich verändert, würde ich es dich wissen lassen.« Er hob die Schultern. »Seine Majestät wirkt ein klein wenig schroff und sehr abwesend. Mehr nicht.«
    »Danke. Behalte den Orakelspruch bitte für dich, Amunmose. Wir dürfen Kamoses Selbstvertrauen nicht noch mehr erschüttern.« Sie beantwortete seine Verbeugung und verließ ihn, ging rasch zu ihrer Sänfte zurück, während Isis den Sonnenschirm über sie hielt.
    Das ist grausam, dachte sie aufgebracht, während ihre Sänfte nach Hause zurückschwankte. Das ist unerträglich, Amun, das ist keine Art, meinem Enkel seine Treue zu Ägypten zu vergelten. Er hat alles gegeben, er hat gelitten, und du belohnst ihn mit der Verheißung, dass er tot ist, ehe du über ein gesäubertes Land herrschst. Heute mag ich dich nicht. Ganz und gar nicht.
    Sie betrat das Haus nicht, sondern schickte Isis mit einer Botschaft zu Uni, ihr das Mittagsmahl aufzuheben, befahl ihren Trägern,

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