In der Oase
aussahen. Der Pfad selbst war noch sichtbar, ein schmales Band, das sich ins dämmrige Nichts wand, und dem folgten sie mehrere Stunden lang in einer Stille, die sich noch vertiefte, je mehr es Nacht wurde. Kamose fuhr an der Spitze, teilte seinen Streitwagen mit Anchmahor, der wachsam hinter ihm stand. Ahmose folgte, und neben ihnen marschierte verbissen ihre Leibwache. Die Packesel bildeten die Nachhut.
Irgendwann gegen Mitternacht ließ Kamose anhalten, man spannte aus und tränkte die Pferde. Nachdem Wachen aufgestellt waren, wickelten sich die Brüder in ihre Umhänge und legten sich in den weichen Sand am Wegesrand. Ahmose war schon bald eingeschlafen, doch Kamose lag auf dem Rücken und blickte zum Himmel, diesem alles umfassenden Sternenzelt, hoch. Die Luft war himmlisch kühl. Kein Laut störte die tiefe Stille, die ihn umfing. Trotz der hektischen Betriebsamkeit des vergangenen Tages und des leisen Muskelkaters von der ungewohnten Fahrt im Streitwagen war er nicht müde. In seinem Kopf, in dem die Gedanken so oft rasten, herrschte Stille. Ich tue das Richtige, sagte er sich friedlich. Die Zweifel sind von mir abgefallen, kaum dass Het nefer Apu hinter mir liegt. Es tut gut, zwei kostbare Tage ohne Verpflichtungen in der Wüste zu verbringen.
Bei Tagesanbruch standen sie auf, frühstückten rasch und folgten ihrem langen Schatten, ehe Re am Horizont hinter ihnen hochstieg. Ergeben trabten die Pferde in der zunehmenden Hitze dahin, und schon bald ließ Kamose anhalten, damit man die Sonnensegel an den Streitwagen anbringen konnte. Trotz des Wassers, das er zu Linsen und Brot getrunken hatte, war er schon wieder durstig, Schweiß durchfeuchtete seine Kleidung, und das grelle Licht verstärkte noch das Hämmern in seinem Schädel. Wir ertragen das so gerade noch, weil wir im Feuerofen des Südens groß geworden sind, dachte er. Wie mag das wohl für Soldaten aus dem angenehmen Delta sein, die nichts anderes kennen als Obsthaine und feuchte Gärten? Er grinste mit Sand zwischen den Zähnen. Hor-Ahas Plan leuchtete ihm mit jeder langweiligen Meile, die die Streitwagenräder zurücklegten, mehr ein.
Ahmose blinzelte in die grelle Sonne. »Ich wasche mich erst, wenn unser Zelt neben einer der Quellen von Uah-ta-Meh steht. Der dort verbrachte Winter dürfte das Heer einigermaßen abgehärtet haben, Kamose.«
»Aber wir selbst sind ziemlich verweichlicht«, gab Kamose zurück. »Die Sonne ist unsere Arznei, Ahmose. Wir müssen uns an sie gewöhnen, damit wir stark werden.«
Gegen Sonnenuntergang des dritten Tages sichteten sie eine Senke, die sich dunkel vor dem Rot der untergehenden Sonne am Horizont abzeichnete, und da wussten sie, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. Ungeduldig, wie Kamose war, hatte er ihnen befohlen, den unerträglich heißen Nachmittag durchzufahren, statt zu rasten und die schlimmste Hitze abzuwarten, daher kam eine erschöpfte Karawane zum Halten, als neben dem Weg ein Späher auftauchte und sie anrief.
Die Oase Uah-ta-Meh lag von Tasche im Nordosten und dem Nil im Osten gleichermaßen einhundert Meilen entfernt. Sie war eine lange, unebene Mulde, die sich fünfzehn Meilen von Nord nach Süd erstreckte und an jedem Ende ein Dorf hatte. Ein Trampelpfad verband sie durch eine unwirtliche Landschaft aus gezackten schwarzen Felsen und Sanddünen. Das Dorf im Norden war eine bunt zusammengewürfelte Ansammlung von Hütten, die krumm und schief zwischen weiteren Felsen und ein paar Quellen standen, aus denen sich das grüne Leben in einer ansonsten unfruchtbaren Gegend nährte. Es gab Tümpel, mageres Buschwerk, sogar ein, zwei Palmen, und hier angekommen, stieg Kamose aus seinem Streitwagen, übergab die Zügel einem wartenden Diener und drehte sich um, damit ihn der General begrüßen konnte.
Mittlerweile war es vollkommen dunkel geworden, und auf einmal duftete es nach Wasser und lieblich nach den Blüten des Oleanders, der überall wuchs. Still spiegelten sich die Sterne in den Tümpeln und zerbarsten, als die Streitwagenpferde und die wiehernden Esel den Kopf beugten und getränkt wurden.
»Ich freue mich, dich wieder zu sehen«, sagte Kamose schließlich. »Wir haben viele Neuigkeiten für dich, und du gewiss für uns, aber ehe wir reden, brauche ich dringend ein Bier. Und wenn unser Zelt aufgestellt ist, möchte ich gewaschen werden. Ich hatte ganz vergessen, wie gnadenlos die Wüste ist.« Hor-Aha lachte. Er hat sich überhaupt nicht verändert, dachte Kamose, als dieser ihn unter
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