In der Oase
Keiner fiel ins Wasser. Alle wahrten Gleichgewicht und kühles Blut und kämpften mit Holzschwertern, die man für Übungszwecke an sie ausgeteilt hatte. Bootsleute am Ufer stellten bewegliche Ziele für die Bogenschützen, die die Reling der schaukelnden Schiffe säumten, und wieder und wieder trafen ihre stumpfen Pfeile ins Ziel.
»Siehst du neben Baba seinen Sohn Kay?« Das musste Paheri Kamose fast zubrüllen, so laut war der Tumult. »Er hat sich als guter Soldat erwiesen, und obendrein ist er wie sein Vater ein hervorragender Bootsmann und versteht sich darauf, sich bei den Männern durchzusetzen. Ich möchte ihn zur Beförderung vorschlagen, Majestät.« Kamose nickte wortlos Zustimmung.
Als alles vorbei war und sich die Schiffe nebeneinander aufgereiht hatten, was von den Bootsleuten viel Geschick erforderte, stand Kamose auf und lobte sie, ging auf Einzelheiten beim Kampf ein und gab ihnen für den Rest des Tages frei. Sie jubelten ihm begeistert zu und zerstreuten sich dann auf Befehl ihrer Hauptleute. Abana kam, gefolgt von seinem Sohn, seine Laufplanke heruntergelaufen, ging zu Kamose und verbeugte sich tief. »Vor gut einem Jahr waren diese Männer Ackerbauern«, sagte Kamose. »Du hast sie vollkommen verwandelt. Ich bewundere dich.«
»Eure Majestät ist zu gütig«, erwiderte Abana lächelnd. »Es war mir ein Vergnügen, mehr zu tun, als Werften zu überwachen und Handelsschiffe auf Ausbesserungen hin zu überprüfen. Nachdem ich unter deinem Vater Osiris Seqenenre gedient hatte, muss ich gestehen, dass mir mein Leben bis vor kurzem vollkommen langweilig vorgekommen ist.« Er ergriff den Arm seines Sohnes und zog den jungen Mann nach vorn. »Ich möchte dich, Majestät, noch einmal auf meinen Sohn Kay aufmerksam machen.« Kamose musterte ihn rasch, ja, der volle Lockenschopf, die breite Brust und die markigen Züge von Baba.
»Du hast unter dem Befehl deines Vaters gedient, Kay?«, erkundigte er sich. Der junge Mann verbeugte sich.
»So ist es, Majestät.«
»Und was hältst du von der Scheinschlacht heute?« Kay überlegte, dann antwortete er beherzt.
»Das Schiff meines Vaters, ›Die Opfergabe‹, hat sich gut geschlagen. Seine Mannschaft ist die disziplinierteste der ganzen Flotte. Es hat mich gefreut, dass sich ›Die Strahlende der Maat‹ im schnellen Manövrieren verbessert hat. Ihre Bootsleute hatten Schwierigkeiten beim reibungslosen Steuern des Bootes. Aber ›Amuns Barke‹ und ›Schönheit der Nut‹ haben ihren Vorteil bis zum letzten Hauch verteidigt. Ihre Bootsleute sind noch nicht ganz kundig im Umgang mit dem Bogen auf Deck eines schaukelnden Schiffes, aber sie arbeiten hart daran und machen deutlich Fortschritte.«
»Welches Schiff hat am schlechtesten abgeschnitten?«
»›Die Norden‹«, sagte Kay sofort. »Die Ruderer waren langsam, der Steuermann hat die Nerven verloren, und die Bootsleute haben sich gegenseitig auf die Füße getreten, als der Befehl zum Entern kam.«
»So ist es.« Kamose lächelte. »Dann musst du wohl Kapitän der ›Norden‹ werden und ihre Mannschaft besser anlernen. Paheri hat dich zur Beförderung vorgeschlagen. Wie alt bist du?«
»Majestät«, platzte der junge Mann heraus. »Du bist wirklich großmütig! Ich möchte der ›Norden‹ zu gern Disziplin beibringen! Sie wird das beste Schiff der Flotte, das verspreche ich! Verzeih mir den Ausbruch«, schloss er etwas ruhiger. »Ich zähle zwanzig Lenze.«
»Na schön. Ich erwarte von dir, dass du mir als Kapitän deines Schiffes ehrlich und nach besten Kräften dienst. Du bist entlassen.« Kay verbeugte sich auf der Stelle und entfernte sich mit strahlender Miene rückwärts. Sie sahen ihm nach, als er zur Laufplanke der ›Norden‹ rannte und dann dastand und seine neue Aufgabe anstaunte. »Mach mit dem früheren Kapitän der ›Norden‹, was du willst«, sagte Kamose zu Baba. »Vermutlich kennst du seine Schwächen. Setz ihn da ein, wo uns seine Stärken nützlich sind.«
»Mein Sohn wird dein Vertrauen nicht enttäuschen, Majestät«, sagte Abana. »Und du, Paheri, sei bedankt, dass du die Majestät auf ihn aufmerksam gemacht hast.« Kamose neigte den Kopf.
»Du und Paheri, ihr habt unterschiedliche Gaben«, sagte er, »aber ich habe noch nie erlebt, dass sich zwei Männer so gut ergänzen. Ich lasse meine Flotte in fähigen Händen.«
»Du bist großmütig, Majestät«, erwiderte Abana. »Vielen Dank. Wie ärgerlich, wenn ich jemandem, den du ernannt hättest, Ehrerbietung hätte
Weitere Kostenlose Bücher