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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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trockengerubbelt wurde.
    »Das glaube ich nicht«, sagte er gedämpft. »Er wird sie nur noch neidischer machen. Aber wenn es so aussieht, als ob du alle Befehle erteilst, Kamose, dann zählt das nicht. Und tituliere ihn in ihrer Gegenwart nicht mit Fürst.«
    »Warum nicht?«, blaffte Kamose zurück. Erhitzt und glänzend tauchte Ahmoses Gesicht auf. »Wo ist nur das Öl? Ich habe Sonnenbrand auf den Armen.«
    Später saßen sie mit Hor-Aha neben dem tintenschwarzen Teich, auf dessen Wasser sich das Licht der Fackeln spiegelte. Über dem gedeckten Tisch raschelten trocken die Palmen. Während Kamose aß und trank, war er sich die ganze Zeit völlig bewusst, dass diese kleine Siedlung meilenweit von nächtlicher, ungemein stiller Wüste umschlossen war. Er überlegte, welcher Gott wohl über dieses Meer aus Sand gebot. Schu, der Luftgott, oder Nut, die Erdgöttin, oder vielleicht Geb höchstpersönlich, dessen Odem belebte. Wahrscheinlich freuten sich alle drei Gottheiten an dieser Ausstrahlung zeitloser Einsamkeit. Er selbst wurde ja auch davon angezogen, jedoch auf andere Weise wie als Knabe. Damals war die Wüste ein Spielplatz ohne Grenzen gewesen. Jetzt sprach ihre Grenzenlosigkeit zu seinem Ka, raunte von klaren Visionen, die sie schenken, von ewigen Mysterien, die sie einem Menschen offenbaren konnte, der sich ihrem unendlichen Anderssein ergab.
    Morgens zogen sich die beiden Brüder sorgfältig an. Kamose ließ sich in einen weißen goldgesäumten Schurz und juwelenbesetzte Sandalen kleiden. Das königliche Pektoral lag auf seiner Brust, das Gegengewicht hing zwischen seinen nackten Schulterblättern, und das dicke goldene Abzeichen, das ihm Amunmose geschenkt hatte, war um seinen Oberarm gebunden. Ein weißblaues Kopftuch umrahmte sein geschminktes Gesicht, und in einem Ohrläppchen hing ein silberner Anch. Seine Handflächen waren mit Henna bemalt. Als er und Ahmose fertig waren, traten sie aus dem Zelt in den hellen Sonnenschein und wurden von den Getreuen des Königs begrüßt. Hor-Aha wartete bereits zusammen mit einer Abteilung Soldaten, die als Eskorte eingeteilt worden war. Anchmahor stand in Kamoses Streitwagen, und hinter ihm schnalzte Ahmoses Streitwagenfahrer leise mit den kleinen Pferden. Rasch musterte Kamose die Umgebung, die am Abend zuvor so friedlich gewirkt hatte.
    Hinter dem größten Teich, neben dem sein Zelt aufgestellt war, kamen andere Teiche, jeder von Binsen und verkümmerten Palmen umgeben. Von vielen zogen sich schmale Bewässerungsgräben zu winzigen Feldern, die von Oleanderbüschen mit üppigen rosigen und weißen Blüten umstanden waren, überall im Sand lagen scharfe schwarze Steine, zwischen denen Ziegen frei und zierlich trippelten und Gänsescharen hin und her rannten.
    Die Dorfbewohner hatten ihre Katen wild durcheinander am hintersten Ende des bebauten Landes errichtet, damit auch ja kein Zoll Ackerboden vergeudet wurde. Nirgendwo beschatteten Bäume ihre schiefen Dächer. Kamose, der durch Geäst, Blüten und Packtiere, die sich am Rand der Teiche zur Morgentränke drängten, hindurch in die Ferne blickte, konnte vor diesen elenden, ärmlichen Hütten eine Bewegung ausmachen. Hor-Aha deutete: »Das Heer lagert hinter dem Dorf. Fürst Intef hat um die Ehre gebeten, dich in seinem Zelt empfangen zu dürfen. Fürst Iasen ist bei ihm. Die Fürsten Machu und Mesehti sind vom südlichen Dorf auf dem Weg hierher. Ich habe vergangene Nacht nach ihnen schicken lassen.« Kamose legte die Hand auf den heißen Rahmen seines Streitwagens und stemmte sich hoch.
    »Wie lange?«, fragte er. »Und was ist mit Ramose?«
    »Sie dürften binnen vier Stunden eintreffen, Majestät. Von Ramose haben wir noch nichts gehört.«
    »Dann inspiziere ich die Truppen, ehe ich Intef und Iasen begrüße. Zeig mir den Weg, Hor-Aha.«
    Den größten Teil des Vormittags dirigierte Kamose Anchmahor langsam zwischen den aufgereihten kleinen Zelten umher und überprüfte sein Heer.
    Zuletzt beriet sich Kamose mit dem Heeresschreiber hinsichtlich der Lebensmittelvorräte. Erst dann durfte Anchmahor die Pferde in Richtung der beiden großen Zelte traben lassen, die ein wenig abgesondert von den restlichen standen. Die beiden Wachposten davor nahmen Haltung an, als Anchmahor sie anmeldete. Kamose stieg aus, und Ahmose tat es ihm nach und reckte sich tüchtig. »Eine eindrucksvolle Rundfahrt«, sagte er. »Vermutlich sind die am anderen Ende der Oase stationierten Mannschaften in der gleichen ausgezeichneten

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