In der Schwebe
drin,
fiel ihr plötzlich ein.
An dem Tag, als er gestorben ist, haben wir ihn in dieser Druckschleuse gefunden. Er muss sie irgendwie kontaminiert haben.
Voller Panik wich sie zurück und stieß in der Luke mit Griggs zusammen. »Raus!«, schrie sie. »Sofort raus hier!«
»Was ist denn?«
»Ich glaube, wir haben eine Biokontamination! Schließen Sie die Luke! Los, machen Sie sie zu!«
Hastig zogen sie sich aus der Schleuse in den Verbindungsknoten zurück. Dann schlugen sie die Klappe zu und verschlossen sie sorgfältig. Sie tauschten nervöse Blicke aus.
»Glauben Sie, dass etwas entwichen ist?«
Emma suchte die Kapsel nach in der Luft umherschwebenden Tröpfchen ab. Auf den ersten Blick fand sie nichts. Dann glaubte sie plötzlich am äußersten Rand ihres Gesichtsfelds ein verräterisches Funkeln zu erkennen.
Sie drehte sich danach um. Doch es war verschwunden.
Jack saß an der Konsole des Flight Surgeon im Special-Vehicle-Operations-Kontrollraum. Er beobachtete die Uhr auf dem Großbildschirm, und mit jeder Minute, die verstrich, wuchs seine Nervosität. Die Stimmen in seinem Kopfhörer klangen zunehmend gehetzt, die Wortwechsel schnell und abgehackt. Lageberichte flogen zwischen den Controllern und dem ISS-Flugdirektor Woody Ellis hin und her. Ähnlich ausgelegt wie der Shuttle-Kontrollraum und im gleichen Gebäude untergebracht, war SVO im Vergleich mit diesem kleiner und stärker spezialisiert, und sein Team war ausschließlich mit Operationen der Raumstation befasst. In den sechsunddreißig Stunden, die seit der Kollision der
Discovery
mit der ISS vergangen waren, war die Anspannung in diesem Raum unerbittlich angestiegen und hatte sich zwischendurch immer wieder zu Momenten der Panik gesteigert. So viele Menschen waren hier so vielen Stunden unausgesetzter Belastung ausgesetzt gewesen, dass selbst die Luft nach Krise roch, nach einem Gemisch aus Schweiß und abgestandenem Kaffee.
Nikolai Rudenko hatte Dekompressionstraumata erlitten und musste unbedingt evakuiert werden. Da nur ein Rettungsboot zur Verfügung stand – das CRV –, würde die gesamte Crew zur Erde zurückkehren. Dies würde eine kontrollierte Evakuierung werden. Keine überhasteten Aktionen, keine Pannen. Keine Panik. Die NASA hatte diese Operation schon oft in der Simulation durchgespielt; allerdings war es noch nie wirklich zu einer CRV-Evakuierung gekommen. Nicht mit fünf lebenden Menschen an Bord.
Nicht mit einem Menschen an Bord, den ich liebe.
Jack schwitzte. Ihm war fast schlecht vor Angst.
Immer wieder sah er nach der Uhr und verglich sie mit seiner Armbanduhr. Sie hatten abgewartet, bis die ISS den für die Abtrennung des Raumgleiters optimalen Punkt ihrer Umlaufbahn erreicht hatte. Das CRV sollte auf möglichst direktem Weg zu einem Landeplatz steuern, der eine sofortige medizinische Versorgung erlaubte. Die gesamte Besatzung würde ärztliche Hilfe benötigen. Nach dem wochenlangen Aufenthalt im Weltraum waren sie schwach wie neugeborene Kätzchen, ihre Muskeln würden sie kaum tragen können.
Der Zeitpunkt für die Abkopplung rückte näher. Sie würden fünfundzwanzig Minuten brauchen, um Abstand von der ISS zu gewinnen und auf GPS-Steuerung zu gehen, und weitere fünfzehn Minuten zur Vorbereitung der Wiedereintrittszündung. Und dann noch eine Stunde bis zur Landung.
In weniger als zwei Stunden war Emma wieder auf der Erde.
So oder so.
Der Gedanke stellte sich ein, bevor er ihn unterdrücken konnte. Bevor er die Erinnerung an den schrecklichen Anblick von Jill Hewitts verstümmelter Leiche auf dem Autopsietisch verdrängen konnte.
Er ballte die Fäuste und zwang sich, seine Aufmerksamkeit wieder Nikolai Rudenkos Biotelemetriewerten zuzuwenden. Das Herz schlug schnell, aber regelmäßig; der Blutdruck war stabil.
Los, macht hin. Bringen wir sie endlich nach Hause.
Er hörte, wie sich Griggs von Bord der ISS meldete: »Capcom, meine Crew ist komplett im CRV versammelt, und die Luke ist geschlossen. Es ist ein bisschen sehr kuschelig hier drin, aber wir wären dann so weit.«
»Halten Sie sich bereit zum Start«, erwiderte der Capcom.
»Alles bereit.«
»Wie geht es dem Patienten?«
Jacks Herz machte einen Satz, als er Emmas Stimme hörte.
»Seine vitalen Messwerte sind immer noch stabil, aber er ist dreifach desorientiert. Die Krepitationen haben sich auf seinen Hals und die obere Rumpfhälfte verlagert, und sie verursachen ihm starke Beschwerden. Ich habe ihm noch eine Dosis Morphium verabreicht.«
Der
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