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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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sollte ich nicht mit unserem Schätzchen fliegen? Das macht es doch für alle interessanter. Was sagen Sie dazu?«
    Ich sage, du hast deinen beschissenen Verstand verloren,
ließen Caspers Augen ihn wissen.
    Die beiden Geschäftsleute tauschten fragende Blicke und flüsterten einander ein paar Worte zu. Dann sagte Lucas: »Wir wären sehr an einer Demonstration interessiert. Allerdings brauchen wir etwas Zeit, um unseren Partnern Bescheid zu sagen. Die Reisepläne müssen koordiniert werden. Also sagen wir … in einem Monat. Schaffen Sie das?«
    Sie wollten ihn auf die Probe stellen. Sullivan lachte nur. »In einem Monat? Kein Problem.« Er sah Casper an, der jetzt die Augen geschlossen hatte und große Schmerzen zu haben schien.
    »Wir hören voneinander«, sagte Lucas und wandte sich zum Gehen.
    »Noch eine letzte Frage«, sagte Mr. Rashad. Er wies auf den Raumtransporter. »Mir ist aufgefallen, dass Ihr Prototyp den Namen
Apogee II
trägt. Gibt es auch eine
Apogee I?
«
    Casper und Sullivan sahen einander an.
    »Äh, ja«, sagte Casper. »Es gab mal eine …«
    »Und was ist damit passiert?«
    Casper schwieg verlegen.
    Ach, was soll’s,
dachte Sullivan. Mit der Wahrheit schien man bei diesen Typen nicht schlecht zu fahren, warum sollte er es also nicht noch einmal versuchen?
    »Sie ist abgestürzt und verbrannt«, sagte er. Und ging seiner Wege.
    Abgestürzt und verbrannt. Anders konnte man es nicht beschreiben, was an diesem kalten, klaren Morgen vor anderthalb Jahren passiert war. An dem Morgen, an dem auch all seine Träume abgestürzt und verbrannt waren. Während er an seinem ramponierten Schreibtisch im Büro der Firma saß und seinen Kater mit einem Becher Kaffee zu ertränken suchte, kamen ihm unwillkürlich die schmerzlichen Einzelheiten jenes Tages wieder in den Sinn. Wie der Bus mit den ganzen NASA-Vertretern am Startplatz angekommen war. Das stolze Lächeln seines Bruders Gordie. Die Festtagsstimmung unter dem Häuflein von Apogee-Angestellten und den etwa zwanzig Investoren, die sich vor dem Start unter der Markise zu Kaffee und Doughnuts versammelt hatten.
    Der Countdown. Der Start. Alle Augen waren gen Himmel gerichtet, als die
Apogee I
wie ein Pfeil durch die Lüfte geschossen und bald nur noch als glitzernder Stecknadelkopf zu erkennen gewesen war.
    Und dann der Lichtblitz, und alles war vorbei gewesen.
    Hinterher hatte sein Bruder nicht viel gesagt, hatte nur ein paar knappe Worte der Anteilnahme gemurmelt. Aber so war Gordon nun einmal. Ihr ganzes Leben lang war es so gewesen: Wann immer Sullivan etwas verbockt hatte – und das schien nur allzu oft vorzukommen –, reagierte Gordon mit diesem traurigen, enttäuschten Kopfschütteln. Gordon war der ältere Bruder, der vernünftige und zuverlässige Sohn, der sich als Shuttle-Commander ausgezeichnet hatte.
    Sullivan war dagegen nicht einmal bis ins Astronautenkorps vorgedrungen. Zwar war auch er Pilot und Raumfahrtingenieur, aber irgendwie schien sich alles gegen ihn verschworen zu haben. Wenn er ins Cockpit kletterte, konnte man sicher sein, dass just in diesem Moment irgendein Kurzschluss auftrat oder ein Kabel riss. Oft hatte er das Gefühl, er sollte sich die Worte
Ich kann nichts dafür
auf die Stirn tätowieren lassen, denn in den allermeisten Fällen konnte er wirklich nichts dafür, wenn etwas schief ging. Aber Gordon sah das anders. Bei
ihm
ging nie etwas schief. »Pech« war für ihn nur eine Ausrede, hinter der sich in Wirklichkeit Inkompetenz versteckte.
    »Warum rufst du ihn nicht an?«, meinte Bridget.
    Er sah auf. Sie stand an seinem Schreibtisch, die Arme vor der Brust verschränkt wie eine strenge Lehrerin. »Wen denn?«, fragte er.
    »Deinen Bruder, wen sonst? Sag ihm, dass wir den zweiten Prototyp vom Stapel lassen. Lad ihn ein, dabei zu sein. Vielleicht bringt er ja die anderen von der NASA wieder mit.«
    »Ich will niemand von der NASA dabei haben.«
    »Sully, wenn es uns gelingt, sie zu beeindrucken, ist das die Wende für diese Firma.«
    »Wie letztes Mal, was?«
    »Das Ding hatte eben eine kleine Macke. Wir haben das Problem beseitigt.«
    »Und diesmal ist vielleicht wieder eine kleine Macke dran.«
    »Du stürzt uns noch ins Unglück mit deinem Gerede, weißt du das?« Sie schob ihm das Telefon vor die Nase. »Ruf Gordon an. Wenn wir schon die Würfel rollen lassen, können wir auch gleich das ganze Haus verwetten.«
    Er betrachtete das Telefon und dachte an die
Apogee I.
Daran, wie der Traum eines Lebens in einem

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