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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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verschiedenen Luken zu zeigen, die von dem Verbindungselement abzweigten. »Direkt gegenüber ist die Druckschleuse für die Außenbordarbeiten«, sagte er. »Und die Luke unter uns führt in das Wohnmodul. Dort ist Ihre Schlafstation. Das CRV ist am anderen Ende des Wohnmoduls angedockt, damit es bei einer eiligen Evakuierung sofort zugänglich ist.«
    »Und in diesem Modul schlafen drei Crewmitglieder?«
    Er nickte. »Die anderen drei schlafen im russischen Servicemodul. Das ist hinter dieser Luke hier. Schauen wir doch mal rein.«
    Sie verließen Node 1, und wie Fische in einem Labyrinth von Tunneln ließen sie sich in die russische Hälfte der Station treiben.
    Dies war der älteste Teil der ISS, die Sektion, die bereits die längste Zeit in der Umlaufbahn war – und das war auch nicht zu übersehen. Während sie
Zarya,
das russische Funktionsmodul, durchquerten, fielen ihr Schmutzflecken an den Wänden und diverse Kratzer und Beulen an der Einrichtung auf. Was zuvor nur ein Bauplan in ihrem Kopf gewesen war, wurde nun mit einem Mal sinnlich greifbar. Diese Station war mehr als nur eine Reihe von High-Tech-Labors, sie war auch ein Ort, an dem Menschen wohnten, und die Spuren der ständigen Nutzung waren überall deutlich zu erkennen.
    Sie schwebten in das russische Servicemodul, und Emma bot sich ein verwirrender Anblick: Griggs und Vance, beide auf dem Kopf stehend.
Oder bin ich diejenige, die auf dem Kopf steht?,
dachte Emma. Die verkehrte Welt der Schwerelosigkeit amüsierte sie. Wie das US-Wohnmodul enthielt das RSM eine Kombüse, eine Toilette und Schlafstationen für drei Besatzungsmitglieder. Am anderen Ende entdeckte sie eine weitere Luke.
    »Geht es dort drüben zur alten
Sojus?
«, fragte sie.
    Bill nickte. »Wir nutzen sie jetzt als Stauraum für allerhand Krempel. Mehr können wir nicht damit anfangen.« Die
Sojus
-Kapsel, die früher als »Rettungsboot« gedient hatte, war inzwischen veraltet, ihre Batterien waren längst erschöpft.
    Luther Arnes steckte den Kopf durch die Einstiegsluke des RSM. »He Leute, Zeit für den großen Auftritt! Allgemeines Händchenhalten im Konferenzraum. Die NASA will den Steuerzahlern unsere internationale Love Parade hier oben vorführen.«
    Bill seufzte müde. »Wir sind wie Tiere im Zoo. Jeden Tag ›Bitte recht freundlich‹ für die verdammten Kameras.«
    Emma war die Letzte, die sich der Karawane in Richtung Wohnmodul anschloss. Als sie dort ankam, drängten sich bereits ein Dutzend Menschen in dem kleinen Raum. Sie sah nur ein Gewirr von Armen und Beinen; alle trieben hin und her und auf und ab und waren bemüht, nicht miteinander zu kollidieren.
    Während Griggs Ordnung in das Chaos zu bringen versuchte, blieb Emma in Node 1 zurück. Sie schwebte dort eine Weile in der Luft, und dann drehte sie sich unwillkürlich langsam zur Kuppel hin. Der Blick aus diesen Fenstern verschlug ihr den Atem.
    Ausgebreitet in all ihrer Pracht lag unter ihr die Erde. Ein Kranz von Sternen krönte die sanfte Biegung des Horizonts. Sie traten jetzt in die Nachtzone ein, und Emma sah vertraute Orte, die einer nach dem anderen in die Dunkelheit tauchten. Dort war Houston. Es war ihr erster Überflug für diese Nacht.
    Sie glitt ganz nahe an das Fenster heran und drückte die Handfläche gegen die Scheibe.
Ach Jack,
dachte sie.
Ich wünschte, du wärst hier. Ich wünschte, du könntest das hier sehen.
    Dann winkte sie. Und hatte nicht den geringsten Zweifel, dass irgendwo dort unten in der Dunkelheit Jack stand und zurückwinkte.

8
    29. Juli
    Persönliche E-Mail an: Dr. Emma Watson (ISS)
    Absender: Jack McCallum
    Wie ein Diamant am Himmel. So siehst du von hier unten aus. Letzte Nacht bin ich aufgeblieben, um dich vorbeifliegen zu sehen. Hab dir kräftig zugewunken.
    Heute Morgen haben sie dich auf CNN regelrecht in den Himmel gehoben – wenn du nicht schon dort wärst … So nach dem Motto »Miss NASA hebt ab – Holt sich nicht mal eine Laufmasche« – oder irgendein Mumpitz in der Art. Sie haben Leroy Cornell und Woody Ellis interviewt, und die beiden haben vor Stolz gestrahlt wie frisch gebackene Daddys. Herzlichen Glückwunsch – du bist Amerikas Liebling!
    Vance und die Crew haben eine Bilderbuchlandung hingelegt. Diese blutgierigen Reporter haben sich auf den armen Bill gestürzt, sobald er in Houston ankam. Ich habe ihn kurz im Fernsehen gesehen – er sieht zwanzig Jahre älter aus. Debbies Beerdigung ist heute Nachmittag. Ich werde hingehen.
    Morgen gehe ich auf dem Golf

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