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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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kaum noch stören.«
    »Wie lange muss sie drin bleiben?«
    »Mindestens einen Tag. So lange, bis Ihr Darm wieder arbeitet.« Sanft fügte sie hinzu: »Es ist wirklich notwendig, Kenichi.«
    Er seufzte und nickte ergeben.
    Emma sah Luther an, den der Gedanke an diesen Schlauch noch mehr zu entsetzen schien als den Patienten selbst. »Er braucht einen Schluck Wasser. Holst du uns bitte etwas?« Dann wandte sie sich Diana zu, die in der Nähe schwebte. Wie gewöhnlich wirkte Diana ungerührt, als gehe die ganze Krise sie nichts an. »Wir müssen die Saugdrainage vorbereiten.«
    Automatisch griff Diana nach der Absaugvorrichtung und dem Auffangbeutel.
    Emma rollte die Magensonde auf. Zuerst tauchte sie die Spitze in ein Gleitgel; so würde die Sonde leichter durch den Nasenrachenraum rutschen. Dann reichte sie Kenichi den Wasserbeutel, den Luther gefüllt hatte.
    Aufmunternd drückte sie Kenichis Arm. Obwohl ihm die Angst ins Gesicht geschrieben stand, antwortete er mit einem zustimmenden Nicken.
    Emma führte das perforierte Ende der Sonde mit dem Gleitmittel in Kenichis rechtes Nasenloch ein und schob es vorsichtig weiter in den Rachenraum. Er würgte, seine Augen tränten, und er begann heftig zu husten, als der Schlauch in seinen Hals glitt. Unter Zuckungen kämpfte er gegen den überwältigenden Drang an, sie wegzustoßen und sich den Schlauch aus der Nase zu reißen.
    »Trinken Sie einen Schluck Wasser«, drängte sie ihn.
    Er holte keuchend Luft und führte mit zitternder Hand den Strohhalm an die Lippen.
    »Schlucken, Kenichi«, sagte sie.
    Wenn ein Schluck Wasser durch die Kehle in die Speiseröhre befördert wird, legt sich der Kehldeckel reflexartig über den Eingang der Luftröhre, sodass kein Wasser in die Lunge gelangen kann. Denselben Effekt macht man sich zunutze, um eine Magensonde korrekt einzuführen. Sobald sie sah, dass Kenichi zu schlucken begann, führte sie den Schlauch rasch noch etwas tiefer ein, sodass er durch die Speiseröhre glitt und die Spitze schließlich in den Magen eintauchte.
    »Schon erledigt«, sagte sie, während sie den Schlauch mit Heftpflaster an seiner Nase befestigte. »Das haben Sie gut gemacht!«
    »Fertig zum Absaugen«, meldete Diana.
    Emma verband die Magensonde mit der Absaugvorrichtung. Es gurgelte ein paar Mal, und dann sahen sie, wie eine Flüssigkeit den Schlauch füllte und aus Kenichis Magen in den Auffangbehälter floss. Sie war grünlich wie Galle. Kein Blut, wie Emma erleichtert feststellte. Vielleicht war das schon alles, was er an Behandlung brauchte: Ruhigstellung des Verdauungsapparats, Saugdrainage und intravenöse Flüssigkeitszufuhr. Sollte er tatsächlich eine Pankreatitis haben, würde ihm diese Therapie über die nächsten paar Tage helfen, bis das Shuttle ankam und ihn abholte.
    »Mein Kopf … tut weh«, sagte Kenichi und schloss die Augen.
    »Ich gebe Ihnen etwas gegen die Schmerzen«, sagte Emma.
    »Was meinen Sie? Krise abgewendet?« Es war Griggs’ Stimme. Er hatte die Prozedur von der Luke aus beobachtet, und obwohl die Sonde jetzt an Ort und Stelle war, hielt Griggs immer noch gebührenden Abstand, als ob ihm der bloße Anblick eines Kranken zuwider sei. Er sah den Patienten nicht einmal an, sondern hielt den Blick starr auf Emma gerichtet.
    »Das bleibt abzuwarten«, erwiderte sie.
    »Was soll ich Houston sagen?«
    »Ich habe die Sonde eben erst eingeführt. Es ist noch zu früh.«
    »Wir müssen ihnen bald Bescheid geben.«
    »Ich
weiß
es aber nun mal nicht!«, gab sie gereizt zurück. Dann fasste sie sich und fuhr mit ruhigerer Stimme fort: »Können wir das bitte im Wohnmodul besprechen?« Sie ließ Luther bei dem Kranken zurück und schwebte auf die Luke zu.
    Im Wohnmodul gesellten sich Nikolai und Griggs zu ihr. Sie versammelten sich um den Kombüsentisch wie zu einer Mahlzeit. Was sie stattdessen jedoch teilten, war ihre Frustration angesichts einer ungewissen Situation.
    »Sie sind hier die Ärztin«, sagte Griggs. »Können Sie denn keine Entscheidung fällen?«
    »Ich bin bemüht, ihn zu stabilisieren«, antwortete Emma. »Im Moment weiß ich noch nicht, womit ich es zu tun habe. Vielleicht erledigt es sich in den nächsten ein, zwei Tagen von selbst. Vielleicht wird es auch plötzlich schlimmer.«
    »Und Sie können uns nicht sagen, welcher Fall eintreten wird.«
    »Ohne Röntgenapparat und ohne OP kann ich nicht feststellen, was in seinem Innern vorgeht. Ich kann nicht voraussagen, wie sein Zustand morgen sein wird.«
    »Na

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