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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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großartig.«
    »Ich denke, er sollte wirklich nach Hause. Ich bin dafür, den Start so weit wie möglich vorzuverlegen.«
    »Und wie steht es mit einer CRV-Evakuierung?«, fragte Nikolai.
    »Ein regulärer Shuttleflug ist besser geeignet für einen Krankentransport«, sagte Emma. Ein Rückflug im CRV war eine turbulente Angelegenheit, und je nach Wetterlage konnten sie gezwungen sein, an einem für die medizinische Versorgung ungünstigen Ort zu landen.
    »Vergessen Sie die CRV-Evakuierung«, sagte Griggs bestimmt. »Wir werden diese Station nicht im Stich lassen.«
    »Und wenn sein Zustand kritisch wird …«, warf Nikolai ein.
    »Emma wird ihn einfach so lange am Leben halten müssen, bis die
Discovery
hier ist. Mensch, diese Station ist doch wie eine Weltraumambulanz! Sie sollte wirklich in der Lage sein, ihn zu stabilisieren.«
    »Und wenn nicht?«, beharrte Nikolai. »Ein Menschenleben ist mehr wert als all diese Experimente.«
    »Diese Option ist nur der allerletzte Ausweg«, sagte Griggs.
    »Wenn wir alle ins CRV steigen, ist die Arbeit von vielen Monaten im Eimer.«
    »Hören Sie, Griggs«, sagte Emma. »Ich will diese Station ebenso wenig aufgeben wie Sie. Ich habe wie eine Wahnsinnige um meinen Platz hier gekämpft, und ich habe keine Lust, meinen Aufenthalt so bald abzubrechen. Aber wenn mein Patient dringend evakuiert werden muss, werden Sie nach meiner Pfeife tanzen!«
    »Entschuldigung, Emma«, sagte Diana, die eben durch die Luke hereinkam. »Ich habe gerade Kenichis letzte Bluttests abgeschlossen. Ich denke, Sie sollten das hier sehen.« Sie reichte Emma einen Computerausdruck.
    Emma starrte auf die Ergebnisse:
Creatinphosphokinase: 20,6 (normal 0-3,08).
    Diese Krankheit war mehr als nur eine Pankreatitis und mehr als eine bloße Verdauungsstörung. Ein hoher CPK-Wert bedeutete, dass entweder seine Muskeln oder sein Herz geschädigt waren.
    Erbrechen ist manchmal ein Anzeichen für einen Herzinfarkt.
    Sie sah Griggs an. »Ich habe gerade eine Entscheidung gefällt«, sagte sie. »Sagen Sie Houston, sie sollen das Shuttle losschicken. Kenichi muss zurück zur Erde.«

2. August
    Jack straffte das Klüversegel. Seine sonnenverbrannten Arme glänzten vor Schweiß, als er sich gegen die Kurbel stemmte. Mit einem satten Knall spannte sich das Segel, die
Sanneke
krängte nach Lee, und plötzlich begann ihr Bug schneller durch das trübe Wasser der Galveston Bay zu pflügen. Er hatte den Golf von Mexiko hinter sich gelassen und einige Stunden zuvor am frühen Nachmittag Point Bolivar umsegelt, war der Fähre von Galveston Island ausgewichen und kreuzte nun an der von Raffinerien gesäumten Küste von Texas City entlang in nördlicher Richtung auf Clear Lake zu. Heimwärts.
    Nach vier Tagen auf See im Golf von Mexiko war er braun gebrannt und ziemlich verwildert. Er hatte niemandem von seinem Vorhaben erzählt, sondern einfach nur Vorräte geladen, die Segel gesetzt und Kurs auf die offene See genommen, bis er kein Land mehr sehen konnte – dorthin, wo die Nächte so schwarz waren, dass das Licht der Sterne ihn geradezu blendete. Auf dem Rücken an Deck liegend hatte er, sanft geschaukelt von den Wellen des Golfs, stundenlang zum Nachthimmel hinaufgeschaut. Mit dem Sternenfeld vor Augen, das sich in alle Richtungen ausdehnte, so weit sein Blick reichte, konnte er sich fast einbilden, er würde durch das Weltall rasen und mit jedem Anschwellen der Dünung tiefer in die Wirbel einer fremden Galaxie geschleudert werden. In seinem Kopf hatten nur noch die Sterne und die See Platz gehabt. Dann war die grelle Lichtspur eines Meteors vorbeigeschossen, und er hatte an Emma gedacht. Er konnte einfach keine Barrikaden um sich herum errichten, die hoch genug waren, sie fern zu halten. Sie war immer da und lag auf der Lauer, um sich plötzlich in seine Gedanken zu schleichen, wenn er am wenigsten damit rechnete. Wenn er es am wenigsten wollte. Er war erstarrt und hatte die Augen nicht von dem ersterbenden Lichtstreifen des Meteors wenden können, und obwohl sich um ihn herum nichts verändert hatte, weder der Wind noch das Auf und Ab der Wellen, hatte er sich mit einem Mal unglaublich allein gefühlt.
    Es war noch dunkel gewesen, als er die Segel gesetzt und Kurs auf die Küste genommen hatte.
    Als er jetzt mit Motorkraft den Kanal zum Clear Lake hinauffuhr, vorbei an Häusern, deren Silhouetten sich gegen das grelle Licht der Abendsonne abzeichneten, bedauerte er seine Entscheidung, so bald zurückzukehren. Auf dem

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