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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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windiger Tag, der Geruch von Schnee liegt in der Luft, und obwohl er die nördlichen Felsenklippen nach einer Spur des Stonehenge-Monuments absucht, kann er nichts sehen.
    Es ist kurz nach 13 Uhr, als Baedecker vom Hügel westlich davon auf Lonerock hinabsieht. Auf dem steilen Hang sind verschneite Stellen zu sehen, er fährt den gemieteten Toyota im zweiten Gang. Die Stadt macht einen noch verlasseneren Eindruck als sonst, als er die menschenleere Hauptstraße entlangfährt. Sollys Wohnmobil ist den Winter über geschlossen, in Miz Callahans Schule sind schwere Vorhänge vor die Fenster gezogen, Schneeverwehungen in den Seitenstraßen sind unberührt. Baedecker parkt vor dem Lattenzaun und öffnet die Haustür mit dem Schlüssel, die Di ihm vor zwei Tagen gegeben hat. Die Zimmer sind ordentlich, es riecht noch schwach nach dem Schinken, den sie nach der Beerdigung hier warm gemacht hatten. Baedecker geht in das kleine Arbeitszimmer im hinteren Teil des Hauses, nimmt den Manuskriptstapel und die Notizen, packt alles in einen Karton, in dem Briefumschläge gewesen sind, und trägt es hinaus zum Auto.
    Baedecker geht die hundert Meter zum Schulhaus zu Fuß. Weder sein Klopfen noch Rufe in das Sprechröhrensystem werden beantwortet. Er geht zurück und schaut zum Dachstuhl hinauf, aber die Fenster sind graue Tafeln, in denen sich die tiefhängenden Wolken spiegeln. Im Garten stehen noch trockene, abgebrochene Maisstauden und eine verfallende Vogelscheuche im Frack.
    Er fährt die kurze Strecke zu Kink Weltners Ranch. Er hat den Toyota geparkt und will gerade aussteigen, als er den Huey festgezurrt auf der Wiese hinter der Scheune stehen sieht. Die Anwesenheit des Helikopters erschüttert ihn auf unbestimmte Weise; er hat vergessen gehabt, daß Dave ihn hier hergeflogen hatte. Baedecker geht zu ihm, streicht mit den Händen über die Halteseile und schaut ins Cockpit. Die Windschutzscheibe ist vereist, aber er kann den Helm der Air National Guard auf dem Rücksitz liegen sehen.
    »Hallo, Dick.«
    Baedecker dreht sich um und sieht Kink Weltner, der auf ihn zukommt. Trotz der Kälte trägt Kink nur einen dunklen Anzug; der linke Ärmel ist ordentlich festgesteckt.
    »Hallo, Kink. Wo wollen Sie denn so fein angezogen hin?«
    »Ein paar Tage nach Las Vegas, bevor mir die Decke auf den Kopf fällt«, sagt Kink. »Das Scheißwetter geht einem auf die Nerven.«
    »Tut mir leid, daß wir nach der Beerdigung nicht miteinander reden konnten«, sagt Baedecker. »Ich wollte Sie einiges fragen.«
    Kink schneuzt sich die Nase mit einem roten Taschentuch und steckt es wieder in die Brusttasche des Anzugs.
    »Ja, ich hatte jede Menge Arbeit nachzuholen. Gottverdammt, ich wünschte, das wäre Dave nicht passiert.«
    »Ich auch«, sagt Baedecker. Er klopft auf die Seite des Rumpfs. »Ich bin überrascht, daß er noch hier ist.«
    Kink nickt. »Ja. Ich hab' sie schon zweimal angerufen. Habe beide Male mit Chico reden müssen, weil niemand die Verantwortung für eine Maschine übernehmen will, die eigentlich gar nicht existiert. Sie warten auf besseres Wetter, denke ich. Ich weiß nicht, ob alle Angst haben, so weit zu fahren, wenn sie nicht über die Berge fliegen wollen. Er ist vollgetankt und jederzeit bereit, wenn sie wollen. Ich würde ihn selbst zurückfliegen, aber es ist schwer, einen Huey mit einem Arm zu steuern.«
    »Ich habe es mit zwei Armen nie geschafft«, sagt Baedecker. »Kink, Sie haben mit Dave gesprochen, als er herkam, oder nicht?«
    »Hab' nur hallo gesagt. Ich war überrascht, ihn gleich nach Weihnachten wiederzusehen. Ich wußte, daß er und Diane nach der Geburt des Babys wiederkommen wollten, aber vorher hatte ich ihn nicht erwartet.«
    »Haben Sie ihn noch einmal gesehen, bevor er gegangen ist?«
    »Nee, das Wetter war schon schlechter geworden, als er landete, und er sagte, er hätte den Cherokee beim Haus geparkt. Er sagte, er würde in ein paar Wochen kommen und den Huey holen, wenn ihn bis dahin nicht ein anderer abgeholt hätte.«
    »Hat er gesagt, warum er nach Lonerock gekommen ist?« Kink schüttelt den Kopf, aber dann hält er inne, als wäre ihm etwas eingefallen. »Ich habe ihn gefragt, wie sein Weihnachtsfest gewesen wäre, und er sagte prima, aber er hätte eines der Geschenke hier draußen vergessen. Das ergab keinen Sinn, da sie nicht hier draußen gewesen sind soweit ich weiß -, seit er mit Ihnen vor Halloween hier war.«
    »Danke, Kink«, sagt Baedecker, als sie zum Haus zurück gehen. »Dürfte

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