In die Nacht hinein: Roman (German Edition)
mittellose Männer und Frauen unterwegs, deren Füße mit Lumpen umwickelt sind. Die Kutschenpferde müssen ein trostloses Leben haben, ihre Hufe sind vom Asphalt vermutlich rissig und gespalten. Wie monströs ist es, trotzdem seinen Geschäften nachzugehen?
»Dann wird das hier gut für die Pferdeschützer sein«, sagt er.
Warum klingt er so herzlos? Er möchte streng sein, nicht hart; er ist selbst darüber erschrocken, wie er klingen kann. Manchmal kommt es ihm so vor, als hätte er den Dialekt seiner eigenen Sprache nicht ganz gemeistert – als beherrschte er mit seinen vierundvierzig Jahren das Peterische noch nicht fließend.
Nein, noch ist er erst dreiundvierzig. Warum will er ständig ein Jahr dazuzählen?
Nein, Moment, er ist letzten Monat vierundvierzig geworden.
»Dann ist das arme Ding vielleicht nicht umsonst gestorben«, sagt Rebecca. Tröstend streicht sie mit einer Fingerspitze über Peters Kinnlade.
In welcher Ehe kommt es nicht zu unzähligen Verkrustungen, einer Gebärdensprache, einem Gefühl des Wiedererkennens, scharf wie Zahnschmerzen? Unglücklich, klar. Welches Paar ist nicht unglücklich, zumindest zeitweise? Aber wie kann es sein,dass die Scheidungsrate,wie es heißt, in die Höhe schießt? Wie elend muss man sich fühlen, damit man die tatsächliche Trennung ertragen, weggehen und ein so völlig unerkanntes Leben führen kann?
»Eine Schweinerei«, sagt der Fahrer.
»Ja.«
Und dennoch ist Peter natürlich fasziniert von dem Auto und dem Kadaver des Pferdes. Ist das hier nicht eines der bitteren Vergnügen von New York City? Es ist eine Schweinerei, so wie Courbets Paris eine war. Es ist schmutzig und übelriechend, es ist schädlich. Es stinkt nach Sterblichkeit.
Wenn überhaupt, dann bedauert er, dass das Pferd zugedeckt worden ist. Er möchte es sehen: die gebleckten gelben Zähne, die heraushängende Zunge, das schwarze Blut auf dem Straßenbelag. Aus den üblichen morbiden Gründen, aber auch … der Gewissheit wegen.Wegen des Gefühls, dass ihm und Rebecca durch den Tod eines Tieres nicht nur Unannehmlichkeiten bereitet wurden, sondern dass sie auf eine geringfügige Art und Weise auch daran teilhatten, dass das Ableben des Pferdes sie einbezieht, ihre Bereitschaft, es wahrzunehmen. Wollen wir nicht immer die Leiche sehen? Als Dan und er Matthews Leichnam wuschen (mein Gott, das war vor fast fünfundzwanzig Jahren), hatte er da nicht ein gewisses Hochgefühl, das er hinterher weder gegenüber Dan noch sonst jemandem erwähnte?
Das Taxi kriecht in den Columbus Circle und beschleunigt dann. Die Statue von Christoph Columbus (der, wie sich herausstellt, eine Art Massenmörder war, stimmt’s?) oben auf der Granitsäule ist durch die Warnleuchten, die das tote Pferd bewachen, in einen rosigen Hauch getaucht.
I thought that they were angels, but to my surprise, we irgendwas irgendwas irgendwas, and headed for the skies …
Der Sinn einer Party ist, auf der Party gewesen zu sein. Die Belohnung ist, hinterher essen zu gehen, sie beide, und danach wieder nach Hause.
Die Einzelheiten variieren. Heute Abend ist da Elena Petrova, ihre Gastgeberin (ihr Mann ist immer irgendwo unterwegs, vermutlich sollte man lieber nicht fragen, was er macht), klug, laut und herausfordernd vulgär (ein ständiger Disput zwischen Peter und Rebecca – weiß sie um den Schmuck, den Lippenstift und die Brille, will sie damit etwas sagen , wie kann man so reich und intelligent sein und es nicht wissen?); da sind der kleine, sehr gute Artschwager, der große, ziemlich gute Marden und das Waschbecken von Gober, in das ein Gast – der nie identifiziert wurde – einmal einen Aschenbecher geleert hat; da ist Jack Johnson, der majestätisch steif auf einem Zweisitzer neben Linda Neilson thront, die angeregt zu der arktischen Topographie von Jacks Gesicht spricht; da ist der erste Drink (Wodka auf Eis; Elena serviert eine berühmte unbekannte Marke, die sie sich aus Moskau liefern lässt – wirklich, kann Peter oder irgendwer den Unterschied erkennen?), gefolgt von einem zweiten Drink, aber keinem dritten; da ist das beharrlich glitzernde Schwirren der Party, gewaltigen Reichtums, immer ein bisschen berauschend, egal, wie vertraut es wird; da ist der rasche Blick zu Rebecca (ihr geht es gut, sie redet mit Mona und Amy, Gott sei gedankt für eine Frau, die bei solchen Anlässen allein zurechtkommt); da ist das unvermeidliche Gespräch mit Bette Rice (er bedauert, dass er die Vernissage verpasst hat, er
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