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In die Nacht hinein: Roman (German Edition)

In die Nacht hinein: Roman (German Edition)

Titel: In die Nacht hinein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cunningham
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erwecken. Eine Strähne ihres dunklen Haars klebt an ihrer blassen Stirn.
    Im Moment ähneln sie am ehesten einem anonymen Paar, das sich irgendwo in einem Bahnhof aneinanderschmiegt, froh ist um die Wärme des Raumes, wenn auch um sonst nichts.
    Kleine, gräuliche Schneeflocken taumeln und wirbeln, wirbeln und tanzen und taumeln an das Fenster.
    Peter blickt hinaus auf den fallenden Schnee. Ach, kleiner Mann. Du hast dein Haus nicht durch Leidenschaft, sondern durch Nachlässigkeit zum Einsturz gebracht. Und ausgerechnet du hast es gewagt, dich für gefährlich zu halten. Du bist nicht der epischen Vergehen schuldig, sondern kleiner Straftaten. Du hast auf die gemeinste und menschlichste Art und Weise versagt – du hast dir das Leben anderer nicht vorgestellt.
    Da draußen, hinter dem Glas, lacht Bette Rice bei einem Glas Wein mit ihrem Mann. Missy ist in der Luft und schaut sich auf einem Miniaturbildschirm eine romantische Komödie an, während Der Zauberberg auf seinem Schoß liegt. Bea holt Eis aus der Kühlbox hinter der Bar und denkt, sie hat das, was sie macht, satt, vielleicht sollte sie verreisen, vielleicht sollte sie … irgendwohin gehen. Irgendwo anders hin. Uta steht an ihrem Schlafzimmerfenster, raucht eine Zigarette und denkt an eine leere weiße Leinwand.
    Schnee fällt in die Vase in Carole Potters Garten, auf die Kräuterbüschel, in die kronblättrigen Spitzen der Oreganostängel. Eine weiße Schneedecke breitet sich langsam über den verlassenen Garten, während sich die fallenden Flocken in der silbrigen Dunkelheit drehen und winden.
    Dort ist niemand, der sie sieht. Die Welt macht das, was sie immer macht, sie zeigt sich sich selbst. Die Welt hat kein Interesse an den kleinen Gestalten, die kommen und gehen, den Phantomen, die irren und lieben, die die kiesbestreuten Wege rechen und den gelegentlichen Steingarten anlegen, dem bronzenen Mannjungen, dem gehämmerten Gefäß, in das der Schnee fällt.
    Es ist der letzte Schnee des Jahres. Nach heute Nacht werden die Tage und Nächte stetig wärmer werden, die harten kleinen Knospen an den Eiben der Potters werden aufplatzen und blühen.
    Und hier, in dieser kalten Nacht, sind Peter und Rebecca in ihrem vertrauten Schlafzimmer.
    Irgendetwas regt sich in Peter, eher wie eine Pflanze, die von einer unsichtbaren Hand ausgerissen wird, als ein Gefühl. Er kann spüren, wie sich die haarartigen Wurzeln von seinem Fleisch lösen. Er wird aus sich herausgehoben, streift die Hülse des Ich ab, diesen traurigen, gierigen Mann, die Actionfigur mit den ungleichmäßig aufgemalten Augen und dem hingepfuschten Polyesteranzug. Aber wenn er eine clowneske Gestalt gewesen ist, so ist er doch auch (bitte, lieber Gott) ein Akolyth gewesen, ein Liebhaber der Liebe, und seine kleinen, irdischen Kapriolen sollten eine Gottheit beschwichtigen, egal, wie albern und unangemessen seine Opfergaben waren. Er kann den Schnee fallen sehen, und er kann das Zimmer von außerhalb des Fensters sehen, ein bescheidenes Gemach, vom Wetter geplagt, aber vorerst fest, vorerst ein Zuhause für ihn und seine Frau, bis andere ihre Stelle einnehmen. Wenn er stürbe oder einfach hinaus in die Dunkelheit ginge, würde Rebecca seine Präsenz weiter spüren? Sie würde es. Sie sind gemeinsam so weit gekommen. Sie haben es versucht und sind gescheitert, haben es versucht und sind gescheitert, und letzten Endes bleibt ihnen vermutlich nichts anderes übrig, als es erneut zu versuchen.
    Er schaut sie an.
    Sie strahlt in ihrem Kummer, ist erschreckend grandios, präsent in all ihren Besonderheiten, der breiten blassen Stirn und dem athenehaften Wulst ihrer Brauen, der grauen Lebhaftigkeit ihrer Augen, der festen Linie ihres entschlossenen Mundes, der vorspringenden Wölbung ihres fast maskulinen Kinns. Sie ist hier, genau hier; sie sieht genau so aus. Sie ist nicht die missglückte Kopie ihres jüngeren Selbst. Sie ist sie selbst, genau das, versunken und zerfurcht, unvergleichlich, einzigartig.
    »Was meinst du?«, sagt sie.
    Das ist ihre Stimme, tief für eine Frau, leicht kratzig, mit einem unterschwelligen Raspeln, wie wenn man mit einem Stock im Sand zeichnet. Sie hat sich noch immer, wenn man genau hinhört, eine Spur des alten Richmond-Singsangs bewahrt, über die Jahre hinweg zu einem leisen, erstaunten Ansteigen verschliffen, das harte Musik aus dem Wort »meinst« macht.
    Hier also ist Peters Kunst. Hier ist sein Leben (auch wenn ihn seine Frau möglicherweise verlässt, auch wenn er

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