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In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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ihres Körpers, wünschte ich mir mehr denn je, dass diese Nacht, gerade diese eine Nacht, nie enden möge. Doch dass sie sich dem Ende zuneigte, konnte ich bald schon fühlen, nachdem die Kerzenflammen erloschen waren und wir in der Dunkelheit beieinanderlagen. Noch bevor sich die ersten Vorboten der Dämmerung erahnen ließen, fühlte ich, wie sich die Gestalt, die ich für diese Nacht angenommen hatte, auflockerte. Es widerstrebte mir, mein Funny Girl, das in meinen Armen tief und fest schlief, zu wecken, aber ich hatte es ihr versprochen.
    »Amber«, flüsterte ich, drückte sanft meinen Mund auf ihre Wange und strich ihr durch das Haar. »Amber. Wach auf.«
    »Hm?«, machte sie verschlafen und kuschelte sich enger an mich. Dann erstarrte sie. »Ist … ist es schon Zeit?«
    »Ja.« Ich brachte es kaum heraus.
    »Warte, ich mach schnell Licht.« Sie setzte sich auf und tastete schlaftrunken neben der Decke umher.
    Ein kleiner Schein entzündete sich, der ihres Handys, und die Ellenbogen auf den angezogenen Knien verschränkt, schaute sie mir zu, wie ich meine Kleidungsstücke aufsammelte und mir überzustreifen begann. Bevor ich mich vollkommen auflöste, mein Hemd, meine Hosen und meine Schuhe aber stofflich bleiben würden und ich mindestens für das nächste Jahr ohne sie auskommen musste. Als ich mich wieder angezogen hatte, sah ich sie an, unsicher, wie es weitergehen sollte.
    Wortlos legte sie sich wieder hin und ich mich zu ihr. Arm in Arm warteten wir auf den Morgen mit seinem Silberlicht, und es tat mir weh, wie sehr sie gegen die Tränen ankämpfte. Wie sie sich immer enger an mich drückte und ihre Finger immer fester in mich krallte, während meine Gestalt weicher wurde und nachgiebiger, dann dünner und durchlässiger. Als ob sie nur mit ihrem Willen das Unausweichliche aufhalten könnte.
    Bis es draußen hell wurde und ich nicht mehr als ein flüchtiger Nebel war, der als leichter Luftzug über Ambers bloße Haut strich.

67
    Ein zarter Hauch von lavendelgrauem und rauchblauem Licht füllte die Eingangshalle, während ich mich langsam wieder anzog. Draußen musste es noch immer neblig sein, ein trüber Morgen, dieser erste Morgen des Monats November. Aber in mir schien eine kleine Sonne, die mich bis in die Fingerspitzen und Zehen durchwärmte und die so stark war, dass sie keine Wolken am Horizont aufkommen ließ. Schon gar nicht den Gedanken, dass ein ganzes Jahr verstreichen würde, bis Nathaniel und ich uns wieder so nahe sein könnten.
    Ich schloss die Augen, als seine Hände wie eine sanfte Meeresbrise über meine Wangen strichen und meine zerrauften Haare aufflattern ließen, und lächelte, als ich die kleinen, kitzelnden Luftwirbel seiner Küsse auf meiner Haut spürte.
    »Darf ich heute Nacht zu dir kommen?«, murmelte er gegen meine Schläfe.
    »Jede Nacht, wenn du willst«, wisperte ich. »Das weißt du doch.«
    Ich spürte, wie er sich von mir löste, und öffnete die Augen wieder. Lange sahen wir uns an, und ich vermutete, ich hatte ein ganz ähnliches Lächeln auf dem Gesicht wie Nathaniel, glücklich und ein bisschen traurig und trotzdem voller Hoffnung.
    »Ich muss gehen«, flüsterte ich, und er nickte. Ich streifte meine Strümpfe über, dann die Mary-Janes, und schloss die Schnallen, bevor ich aufstand, in meinen Mantel schlüpfte und zu meinem Rucksack griff.
    »Bis heute Nacht«, sagte Nathaniel leise und erhob sich geschmeidig und geräuschlos.
    »Bis heute Nacht«, wiederholte ich und strich mit meinem Mund sanft über seine Wange, bevor ich mich gewaltsam von ihm losriss und ging.
    Draußen legte sich die dicke, feuchte Nebelluft kühl auf meine erhitzte Haut, und kühl und feucht war das Gras, das die Spitzen meiner Schuhe und die Säume meiner Jeans durchtränkte.
    Als ich das schmiedeeiserne Tor hinter mir zuzog, blickte ich unwillkürlich noch einmal zum Haus zurück. An einem der Fenster im oberen Stockwerk entdeckte ich Nathaniel und mein Herz machte einen Satz. Er hob die Hand und mit einem Strahlen auf dem Gesicht winkte ich zurück. Nur widerstrebend drehte ich mich um und überquerte die Straße; alle paar meiner langsamen Schritte warf ich einen Blick zurück, bis der Nebel mir die Sicht auf Nathaniel trübte, bis die Backsteinkirche der Christian Science und die ersten Häuser entlang der California Street den Blick zurück verstellten.
    Mit einem tiefen Ausatmen und einem Flattern im Bauch schritt ich fester unter dem Geklapper meiner Absätze aus, das ab und zu

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