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In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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Toasters.
    »Danke«, murmelte ich, als Ted mir einen Teller mit frischem Vollkorntoast und einen Becher Kaffee hinstellte, den ich mir mit viel Milch aus einem Plastikkanister verdünnte. Aus einem ganz ähnlichen Kanister goss Ted O-Saft in zwei Gläser und platzierte eines davon neben meinem Teller, bevor er sich mit dem anderen gegenüber von mir hinsetzte und die Zeitung aufschlug.
    Ich konzentrierte mich ganz darauf, Butter auf meinen Toast zu streichen, ihn mit Bananenscheibchen zu belegen und Honig daraufzuträufeln. Eigentlich mein Lieblingsfrühstück, aber an diesem Morgen bekam ich kaum einen Bissen hinunter, und mein Magen krümmte sich immer wieder nervös zusammen. In rund eineinhalb Stunden begann für mich der erste Tag an der neuen Schule.
    Während ich lustlos an meinem Toast herumknabberte, beobachtete ich verstohlen Ted, der sich unter Geraschel durch den San Francisco Chronicle blätterte und dabei abwechselnd an seinem Glas und an seinem Kaffeebecher nippte. So wie ich mich in den vergangenen Tagen daran zu gewöhnen versucht hatte, dass das Leitungswasser nach Chlor schmeckte, die Stecker meines Laptops, meines Föhns und des Ladegeräts für mein Handy nur mit Adapter in die sonderbar aussehenden Steckdosen passten und man die Tür des Badezimmers von innen durch das Drücken des Knopfs absperrte, aber durch Drehen des Knaufs wieder entriegelte, hatte ich ein paar Dinge über Ted gelernt. Dass er morgens schon in aller Frühe joggen ging zum Beispiel und danach allerhöchstens zehn Minuten unter der Dusche brauchte. Er trank seinen Kaffee schwarz und viele Becher davon über den Tag verteilt und konnte tatsächlich ein ziemlich gutes rotes und ein tierisch scharfes grünes Curry kochen.
    »Ach so«, unterbrach Ted zwischen den letzten zwei Schluck Saft meine Gedanken. »Nicht dass ich das vergesse. Ich wollte dir noch Geld mitgeben.« Rasch stellte er das Glas ab, packte den Chronicle beiseite und zog stattdessen seinen Geldbeutel aus der Hosentasche, aus dem er mir einige labbrige grüne Scheine abzählte und dazu noch eine gute Handvoll silberner Münzen, fast genauso groß wie ein Euro, nur wesentlich dünner. »Das sind Quarters«, erklärte er mir. »Vierteldollars. Kann immer mal sein, dass du welche für einen Automaten brauchst. In der Schule bekommst du noch eine Karte für die Cafeteria. Da hab ich dir online schon ein Guthaben aufgeladen. Und die hier ist für alles andere, was du so brauchst.« Verblüfft starrte ich die Kreditkarte an, die er samt PIN -Briefchen danebenlegte und auf der mein Name stand; eine neue SIM -Karte für mein Handy und den Hausschlüssel hatte er mir schon gleich am zweiten Tag in die Hand gedrückt. »Du wirst sicher das eine oder andere an Schreibzeug und Büchern kaufen müssen«, ergänzte er. »Und natürlich auch mal was zum Anziehen – und ich fürchte«, schmunzelnd stand er auf, sein leeres Glas in der einen, seinen Kaffeebecher in der anderen Hand, »dabei bin ich dir keine große Hilfe. Davon habe ich einfach keine Ahnung.«
    Ich sah ihm zu, wie er das Glas in die Spüle stellte und sich noch einen Kaffee rausließ. Seine Jeans wie sein Hemd waren gut geschnitten und sicher teuer gewesen, ich hatte den kleinen aufgestickten Polo-Spieler auf der Brusttasche entdeckt. Auch das dunkelblaue Sakko, das über der Stuhllehne hing, sah nicht gerade nach Billigladen aus. Die Vorstellung, dass es womöglich eine Frau in seinem Leben gab, die ihm diese Klamotten ausgesucht hatte und die er mir über kurz oder lang als meine zukünftige Stiefmutter vorstellen würde, schnürte mir den Magen gleich ganz ab.
    »Ich denke, du bist erwachsen genug, um vernünftig mit der Kreditkarte umgehen zu können, ohne jeden Monat das Limit zu sprengen«, setzte er hinzu und pustete auf den heißen Kaffee, dessen Dampf ihm die Brillengläser beschlug. »Wir versuchen das jetzt einfach mal.«
    Einerseits machte es mich ein bisschen stolz, dass er so über mich dachte, andererseits aber kam es mir so vor, als wollte er einfach so wenig Mühe mit mir haben wie möglich. Mit zusammengezogenen Brauen und verkniffenem Mund bückte ich mich, um meinen Geldbeutel aus dem Rucksack zu holen und Geld und Karte einzustecken. Ich spürte, wie er mir dabei zuschaute, und duckte mich noch tiefer unter seinem eindringlichen Blick.
    »Hör mal, Amber«, fing er leise wieder an und räusperte sich. »Ist heute Morgen sicher nicht der optimale Zeitpunkt, es anzusprechen … Aber ich halte

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