Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
Vom Netzwerk:
»Kommst du öfter hierher?« Die so ziemlich dümmste Frage in einer Situation wie dieser.
    »Ab und zu.«
    »Hätte ich gar nicht gedacht.« Super. Auch nicht wesentlich intelligenter.
    Er warf mir einen kurzen Seitenblick zu. »Wer weiß schon wirklich was über seine Mitmenschen.« Dann verzog er seinen Mund zu einem halben Grinsen und fuhr sich durch seinen Goatee. »Ich hätte auch nicht gedacht, dass ich dir mal ein Alibi liefern müsste.« Meine Wangen wurden heiß und ich knibbelte heftiger an meinem Rucksack herum. »Hast du einen Freund, von dem dein Dad nichts wissen darf?«
    Ich dachte an Nathaniel; Gänsehaut kroch über meinen Rücken und mein Magen geriet in Schieflage. »Da … da gab es jemanden. Hat sich aber erledigt.«
    »Sorry.«
    Ich zuckte mit den Schultern und warf mir mit einer schnellen Kopfbewegung die Haare über die Schulter. »Jobbst du in dem Laden?«
    »Öh.« Er kraulte sich heftiger das bisschen Bart unter seinem Kinn. »Ähm, na ja, sozusagen.«
    Ich hatte gerade den Mund geöffnet, um ihn noch etwas zu fragen, als plötzlich über mir helle, irisierende Leuchtfunken aufsprühten und umhertanzten. Geisterlichter. Ich quiekte auf und duckte mich; mein Herz hämmerte vor Panik schmerzhaft gegen die Rippen und mir wurde übel. Geister . Hier!
    »Ist okay.« Hart schlossen sich Matts dünne Finger um meinen zitternden Unterarm. »Hey, ist okay. Das ist nur ganz normales Licht.« Ängstlich blickte ich mich um. »Schau«, mit der anderen Hand deutete er an das Gewölbe hinauf, dann zu den Buntglasfenstern, durch die Sonnenstrahlen hereinfielen und bunte Lichtflecken auf die Säulen und Wände tupften. »Nur Sonnenlicht. Nichts …« Seine Brauen zogen sich zusammen, als er mir ins Gesicht schaute, und er setzte tonlos hinzu: »Nichts, wovor du Angst haben musst.«
    Ich nickte und kam langsam wieder hoch. Er ließ meinen Arm los und vergrub die Hände in den Taschen seines Kapuzenpullis. Immer wieder streifte mich ein Seitenblick von ihm. Klasse. Ich hatte mich soeben als totaler Psycho geoutet.
    »Ich muss gehen« wisperte ich, grapschte mir meinen Rucksack und stand mit wackligen Knien auf.
    »Warte!« Matt sprang hoch, und als irgendwo jemand missbilligend zischte, fuhr er leiser fort: »Warte doch mal.« Seine Hände bewegten sich unruhig in seinem Hoodie hin und her. »Kann … kann ich vielleicht deine Nummer haben? Und hast … äh … hast du vielleicht Lust …« Er räusperte sich. »Magst du vielleicht irgendwann nach der Schule mit mir einen Kaffee trinken gehen? Morgen oder so?«

34
    Ich wurde nicht schlau aus Matt Chang.
    Außer einem leisen Hi – ist Starbucks okay? hatte er keinen Ton zu mir gesagt, seit wir uns nach dem Unterricht im Foyer der Jefferson High getroffen hatten und mit dem Bus in die Stadt gefahren waren. Ich drehte meinen Becher in den Händen, den ich dank der Pappmanschette wenigstens anfassen konnte, während der Caffè Latte darin immer noch kochend heiß war, und musterte Matt aus dem Augenwinkel. Breitbeinig und mit wippenden Knien saß er da und starrte durch das große Fenster vor uns auf die weiße Fassade des Marriott. Seine dunklen, fast schwarzen Augen zuckten hin und her, wenn sie einem der vorüberfahrenden Autos folgten, und blieben manchmal an dem geschwungen Neonschriftzug von Lori’s Diner schräg gegenüber hängen, bevor sie zurück auf die Straße vor uns huschten. Entweder war er furchtbar schüchtern oder seltsam drauf. Aber hey, er hatte auch einen Iced Peppermint White Chocolate Mocha geordert, was für mich ziemlich pervers klang.
    Ich löste meinen Blick von Matt, nippte vorsichtig an meinem Kaffee und schaute mich um. TAKE COMFORT IN RITUALS stand in weißen Buchstaben unter einer dampfenden Kaffeetasse auf der Eingangstür aus Glas, und diese Starbucks-Filiale schien sich tatsächlich Trost und Behaglichkeit verschrieben zu haben. Das dunkle, gediegene Holz der Tür- und Fensterrahmen, zwischen denen nostalgische Kugellampen angebracht waren, wiederholte sich in der Inneneinrichtung und ließ das Café sehr behaglich wirken. Eine Weile sah ich den Thekenkräften zu, die extrem gut gelaunt ihrer Arbeit nachgingen. Ich hatte mich gewundert, warum ich bei der Bestellung nach meinem Namen gefragt worden war, bis ich kurz darauf begriffen hatte, dass man hier die Becher damit beschriftete und man bei der Ausgabe aufgerufen wurde. Caffè Latte für Aaamber!
    Auf die niedrigen Tische mit den gemütlichen Holzstühlen verteilte sich

Weitere Kostenlose Bücher