In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)
messingfarbenen Backsteinen mit den lindgrünen, von ebenfalls messingbraunen Ornamenten und Bordüren verzierten Erkern zog sich ein Coffeehouse namens cup -a-joe um die Ecke; laut der Aufschrift auf den roten Markisen über den Tischen und Stühlen auf dem Bürgersteig gab es hier Panini, Bagels, Pasteten und zehn Sorten Bier auf der Karte. Und rechts davon verkündeten große Goldbuchstaben auf Blau PSYCHIC . Schwarz auf gold war der Service detaillierter aufgeführt: Handlesen. Kristallkugel. Tarot. Auralesen. Horoskope. Im linken der beiden Schaufenster mit den gelb angestrichenen Rahmen klebte ein handgemaltes Plakat, auf dem eine Wahrsagerin mit geheimnisvoller Mimik in ihre Glaskugel starrte; im rechten Fenster waren auf gelben Stoffbahnen verschiedene Esoterikbücher neben einer Glaskugel und Kristallpyramiden arrangiert. Die rot umrandete Glastür stand sperrangelweit nach innen auf; dahinter konnte ich einen dämmrigen Raum erahnen, aus dem sanfte Meditationsmusik herausplätscherte und die süß-pfeffrigen Schwaden von Räucherstäbchen auf die Straße quollen. Hilfe.
»Auf keinen Fall geh ich da mit rein«, zischte ich und wollte mich umdrehen, aber Matt packte mich grinsend beim Ärmel meiner Sweatjacke und zog mich über die Schwelle.
Innen war es heller, als es von draußen ausgesehen hatte; ein warmes, sanftes Licht flutete den kleinen Raum, dessen Wände mit purpurglänzendem Stoff bespannt waren. Links und rechts standen Regale, vollgestopft mit teils sehr alt aussehenden Büchern, und in einer Vitrine waren Edelsteine, Amulette und ähnlicher Esoterik-Hokuspokus-Kram auf rotem Samt ausgelegt. Vor dem schwarzseidenen Vorhang hinten im Raum stand ein alter, abgestoßener Schreibtisch mit Laptop und daran saß mit übereinandergeschlagenen Beinen eine junge Frau. Ihr kurz geschnittenes Haar war mit Gel und Haarspray zu einem wilden Igel gestylt und schillerte in einem sanften Rosa, das mich an Zuckerwatte erinnerte. Als wir eintraten, hob sie den Kopf von dem Buch auf ihrem Schoß und strahlte uns an.
»Hallo, Licht meiner dunklen Tage«, rief Matt vergnügt.
»Heyyy«, rief sie, sprang auf und fiel Matt mit einem Lachen um den Hals, das rau und ein bisschen dreckig klang, bevor sie ihn herzhaft auf beide Wangen küsste. »Wie schön, dich zu sehen, Honey!« Ihre Sprechstimme klang genauso heiser wie ihr Lachen – und verdammt sexy.
Ich starrte sie nur an. Sie war ein bisschen größer als Matt, aber kleiner als ich und hatte eine enorm gute Figur. Das knappe, poppig-bunte Tanktop präsentierte stolz ihr Dekolleté und darunter blitzte ein pinkfarbener Spitzen- BH hervor. Ein Tattoo in Form einer üppigen Blütenranke zog sich über ihr Schulterblatt; aus den Blumen und Blättern flatterten kleine Schmetterlinge über ihren rechten Arm und ihren Nacken hinauf. Die abgeschnittene und ausgefranste Jeans betonte ihre schmalen Hüften; die muskulösen, aber schlanken Beine steckten in Netzstrumpfhosen und regenbogenfarbig geringelten Overknees, und wadenhohe, zerschrammte Springerstiefel mit giftgrünen Schnürsenkeln vervollständigten das schrille Outfit. Whoa. P!nk meets Pippi Langstrumpf .
»Lass mal sehen.« Mit gespreizten Fingern fuhr sie durch Matts Schopf und besah sich die flammend roten Strähnen genauer. »Ich will mich nicht selber loben, aber das hab ich gut hingekriegt!«
Lachend bog Matt den Kopf zurück und nickte in meine Richtung. »Ich möchte dir jemanden vorstellen.«
Die Arme um Matts Schultern gelegt, musterte sie mich neugierig. »Wie jetzt – du hast neuerdings eine Freundin und sagst mir nichts davon?«
Matt lief rot an. Knallrot. Genau wie ich.
»Quatsch«, knurrte er verlegen. »Das ist Amber. Sie geht auf meine Schule, und sie hat«, wie ein Zauberer in einem Theaterstück machte er mit flatternden Fingern einer Hand Kreisbewegungen durch die Luft und gab seiner Stimme mehr Tiefe und etwas Ironisch-Geheimnisvolles, »uh-huh-huuuhh … die Gaaa-bee .«
»Sag bloß!« In ihren braunen Kulleraugen blitzte es. Sie war einiges älter als Matt und ich, bestimmt Mitte zwanzig, vielleicht sogar schon fast dreißig – und sehr hübsch mit ihrer Stupsnase und dem großzügig geschwungenen Mund. Abgesehen von viel schwarzer Wimperntusche hatte sie kein Make-up in ihrem leicht sonnengetönten Gesicht, aber zahllose kleine Silberringe reihten sich entlang ihrer Ohrmuscheln auf; an ihrem Nasenflügel klemmte ein weiterer Ring, und als sie Matt losließ und mir lachend die
Weitere Kostenlose Bücher