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In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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Dann bogen wir in den eigentlichen Zellentrakt mit seinen endlosen Reihen von Gitterstäben und Stahlwänden in Leberwurstrosa ein, die sich oben auf den beiden Galerien wiederholten.
    Beklommen sah ich mich um. Immer wieder prickelte es kühl über meinen Nacken. Möglich, dass es auch einfach nur zog, so windig wie es draußen war. Die Menschen um mich herum machten Fotos und schauten in die Zellen hinein, lauschten mit glasigem Blick über Kopfhörer dem Audioguide oder verrenkten sich die Köpfe auf der Suche danach, was die digitale Stimme ihnen gerade beschrieb und erklärte. Zwei Jungs in Jeans und Hoodies, vielleicht zwei, drei Jahre jünger als ich, alberten mit einem Mädchen mit Zahnspange herum, das daraufhin schrill kicherte.
    »Und – was sagst du?«, raunte Matt mir zu.
    Ich hob die Schultern. Ich fand es wirklich unheimlich hier, aber ich hatte keine Ahnung, ob es daran lag, dass tatsächlich Geister umgingen, oder vielmehr damit zu tun hatte, dass alles so trostlos wirkte und ich wusste, dass hier mehrere Jahrzehnte lang Schwerverbrecher unter strengsten Bedingungen inhaftiert gewesen waren.
    »Du, Matt«, begann ich dann zögerlich. »Woran erkenne ich eigentlich, dass ich wirklich einen Geist vor mir habe und keinen Menschen?«
    Matt grinste, ein Grinsen, das irgendwie verkniffen wirkte. »Schau mal nach da oben.«
    Noch während ich den Kopf zurücklegte, jagte es mir eiskalt den Rücken hinunter. Auf der obersten Galerie stand ein Mann in einer dunklen Uniform mit roter Krawatte und einer Schildmütze auf dem angegrauten Kopf. Er stand einfach nur da und starrte zu uns herunter, sein hageres, von tiefen Linien durchzogenes Gesicht eine reglose Maske.
    »Du spürst es einfach«, flüsterte Matt. »Mit der Zeit bekommst du ein Gefühl dafür und weißt es mit absoluter Sicherheit. Und du bekommst einen Blick dafür, dass ihre Haut ein bisschen aussieht wie stumpfes Wachs. Weil sie nur ein Trugbild aus Energie sind. Um das zu erkennen, muss man allerdings schon ganz genau hinschauen. Siehst du’s?«
    »Ich … ich bin mir nicht sicher.« Angestrengt musterte ich den Wärter oben auf der Galerie, der genauso gut eine lebensgroße und vor allem täuschend lebensechte Puppe hätte sein können, die zu Dekozwecken dort aufgestellt war. Verstohlen schaute ich mich um. Kein Einziger der anderen Besucher, die fleißig alles knipsten, was ihnen vor die Linse kam, richtete die Kamera nach oben. Und ein rotgesichtiger, kahlköpfiger Mann, der an uns vorbeiging, folgte Matts Blick, zog die grau gestromten Brauen zusammen und ging dann kopfschüttelnd weiter. Offenbar konnten nur wir diesen Wärter sehen und ich sah wieder zu ihm hinauf.
    Plötzlich bewegte er sich. Ich fuhr zusammen, und dann gleich noch einmal, als er sich umdrehte, in die Stahlwand eintauchte wie in einen Pudding und darin verschwand.
    Etwas kniff mich schmerzhaft in den Arm und ich schrie auf. Mehrere Touristen drehten sich erschrocken nach mir um.
    »Glaubst du’s mir jetzt?« Matt grinste von einem Ohr zum anderen und löste seine Finger von meinem Arm.
    »Du Blödmann«, fauchte ich und verpasste ihm einen Hieb gegen die Schulter, bevor ich ihn beim Ärmel packte. »Ich will hier weg!«
    »Okay, okay.« Mit der anderen Hand machte Matt eine beschwichtigende Geste. »Wir werfen nur ganz kurz noch einen Blick in den Speisesaal, in Ordnung?«
    Dort war es wärmer und durch die weißen Deckenbalken und Säulen auch heller. Das braune Linoleum auf dem Boden war großflächig abgeplatzt; auf der Seite mit den vergitterten Fenstern reihten sich zwischen den Säulen mit ihren hellgrünen Sockeln simple Sitzbänke aus Holz und Metall auf und überall illustrierten aufgezogene Schwarz-Weiß-Fotos den Alltag im Gefängnis. Ohne wirklich etwas davon in mich aufzunehmen, schaute ich mich um und wanderte zwischen den anderen Besuchern umher, deren Stimmen mich als ein murmelndes Brausen durch den Speisesaal umflossen. Wenigstens hatten meine Knie aufgehört zu zittern.
    »Sag mal, Matt, glaubst du …«, setzte ich an und drehte den Kopf, aber Matt war nicht mehr neben mir. Ich entdeckte seinen roten Schopf am anderen Ende des Raums, vor der vergitterten Essensausgabe, wo er die schwarze Tafel mit dem aus Gefängniszeiten übrig gebliebenen Menüplan aus weißen Steckbuchstaben studierte. Ich überlegte noch, ob ich zu ihm gehen sollte, als mir Kälte über den Rücken kroch. Hastig sah ich mich um, entdeckte aber niemanden in meiner Nähe. Ein

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