Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In dunkler Tiefe sollst du ruhn: Mitchell & Markbys zwölfter Fall

In dunkler Tiefe sollst du ruhn: Mitchell & Markbys zwölfter Fall

Titel: In dunkler Tiefe sollst du ruhn: Mitchell & Markbys zwölfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
Vom Netzwerk:
Wasserkocher ein und ging nach oben, um ihre jetzt nicht mehr ganz so schicke Garderobe auszuziehen und in Jeans und Pullover zu schlüpfen. Als sie nach unten kam, dachte sie erneut daran, Alan anzurufen, doch im letzten Augenblick überlegte sie es sich anders und setzte sich mit einem Becher heißen Tees und hochgelegten Füßen auf das Sofa. Alan, doch das konnte sie nicht wissen, wäre sowieso nicht zu Hause gewesen, um ihren Anruf entgegenzunehmen. Er war unterwegs zu dem alten Eisenbahnviadukt und der Böschung.
    Alan Markby lenkte seinen Wagen zum Straßenrand und parkte hinter einem der Streifenwagen. Unmittelbar vor ihm überspannte ein Bogen des alten, nicht mehr benutzten Viadukts die Fahrbahn. Es kam auf der Eisenbahnseite zwischen den Bäumen hervor und schmiegte sich auf der anderen Seite an den Hang. In der Dämmerung ragte die massive Konstruktion bedrohlich auf wie ein Riese, der vom ameisenartigen Gewimmel der Menschen zu seinen Füßen aus dem Schlaf gerissen worden war.
    SOCO und die übrigen Einheiten hatten den ganzen Tag lang hier zu tun gehabt. Jetzt waren Scheinwerfer aufgestellt worden und tauchten die Böschung in helles Licht. Es leuchtete zwischen den Büschen und Zweigen der Bäume hindurch, sodass jedes Blatt und jeder Ast eine deutliche Silhouette bildeten. Das Licht verwandelte die Szene in ein richtiges Kunstwerk, in eine wunderschöne Arbeit.

Doch das, was sich unten im Licht der Scheinwerfer befand, war alles andere als schön. Markby seufzte. Er war während seiner beruflichen Laufbahn häufiger zu solchen Schauplätzen gerufen worden, als er sich erinnern konnte, und dennoch hatte er sich nie daran gewöhnen können. Viele Polizeibeamte entwickelten mit den Jahren eine bewusste Schnoddrigkeit. Sie gaben makabre Witze zum Besten, während sie in der Nähe von Toten arbeiteten. Leichenbeschauer, so wusste Markby, neigten ebenfalls zu dieser Verhaltensweise. Wer wollte ihnen deswegen einen Vorwurf machen? Sie mussten schließlich irgendwie mit dem täglichen Horror fertig werden.
    Markby andererseits hatte seinen instinktiven Respekt vor den Verstorbenen bewahrt. Vielleicht lag es an seiner altmodischen, anglikanischen Erziehung, ganz zu schweigen von einem Onkel, der Priester gewesen war. Vielleicht war Markby aber auch nur zimperlich. Nach all den Jahren?, fragte er sich ironisch. Hör auf damit. Dann dachte er, dass er vielleicht einfach nur alles leid war. Der Gedanke überraschte ihn, weil er seine Berufswahl nie bereut hatte und noch immer an jedem neuen Fall etwas fand, das sein Interesse fesselte und ihn dazu brachte, mehr herausfinden zu wollen. Zugegeben, in den alten Tagen war es besser gewesen, bevor der berufliche Aufstieg in die oberen Dienstränge ihn die meiste Zeit über hinter einen Schreibtisch gefesselt hatte.
    Wie widersprüchlich kann einer eigentlich werden?, fragte er sich. In der einen Minute bedauere ich, dass ich hier bin, und in der nächsten, dass ich nicht mehr zu jedem Fall rausgerufen werde wie früher, zu jeder Tages- und Nachtzeit, bei jedem Wetter, ohne Rücksicht auf meine persönlichen Verpflichtungen. Entscheide dich endlich mal!, schalt er sich. Nun, er war hier, und er tat besser daran, die notwendigen Schritte einzuleiten. Er ging nach hinten zum Kofferraum seines Wagens, in der Absicht, die Gummistiefel herauszuholen, bevor er sich an den Abstieg die Böschung hinunter machte. Doch bevor er dazu kam, wurde er bereits von jemandem gerufen.

    »Sir?« Jemand kam den Hang hinaufgeklettert und stieg über das Absperrband, das die Polizei ringsum gespannt hatte. Die dunkle Gestalt, die nun vor Markby aufragte und die Umrisse der von hinten angestrahlten Bäume verdeckte, war Markby sehr gut bekannt.
    »Hallo Dave«, sagte Markby.
    »Ich wollte mir ansehen, wie
    Sie hier draußen zurechtkommen.«
    »Die Leiche wurde abtransportiert«, sagte Inspector Pearce und bemühte sich erfolglos, seine Jacke abzuklopfen.
    »Ich wusste gar nicht, dass Sie …«
    »Nein«, sagte Markby und verwarf den Gedanken, die Gummistiefel aus dem Kofferraum zu holen.
    »Ich hatte nicht den Wunsch, sie anzusehen.« Und mit einem Anflug von Humor fügte er hinzu:
    »Das ist Ihr Privileg, Dave.«
    »Danke«, sagte Pearce. Markby griff in die geräumige Innentasche seiner gewachsten Jacke und zog eine Thermoskanne hervor.
    »Ich hab Ihnen Kaffee mitgebracht.« Pearce bedankte sich erneut, diesmal mit mehr Begeisterung, und Markby wartete, bis er einen Plastikbecher des

Weitere Kostenlose Bücher