In dunkler Tiefe sollst du ruhn: Mitchell & Markbys zwölfter Fall
ja, ich dachte, ich könnte gehen und den Rucksack holen. Ich konnte ja Pogo mitnehmen. Es hat nicht geregnet oder so was, und der Mond war ziemlich hell. Man konnte richtig gut sehen. Trotzdem hab ich noch eine Taschenlampe mitgenommen.« Tammy hielt einen Augenblick lang inne, schürzte die Lippen und runzelte die Stirn.
»Ich hatte keine Angst allein im Dunkeln, jedenfalls nicht, solange ich auf unserem eigenen Land war. Es wurde ein wenig unheimlich, als ich beim alten Viadukt ankam. Ich habe länger gebraucht, um hinzukommen, als ich dachte, weil Pogo nur noch ganz langsam läuft und immer wieder stehen geblieben ist, um an irgendwas zu schnüffeln. Einmal habe ich geglaubt, ich hätte ihn verloren, und ich bekam Angst. Ich rief und rief nach ihm, und endlich kam er. Ich hatte seine Leine dabei, aber ich hatte sie bis zu diesem Augenblick nicht benutzt. Danach hatte ich Angst, er könnte noch einmal davonlaufen, und leinte ihn an. Wir kamen zur Straße, überquerten sie und kletterten die Böschung hinunter, aber wir waren noch nicht weit gekommen, als sich ein Wagen näherte. Ich habe die Taschenlampe ausgemacht, weil ich nicht wollte, dass mich jemand sieht. Ich dachte, der Wagen würde vorbeifahren, aber er hielt an, direkt an der Straße über mir.«
»Was für ein Wagen war das?«, fragte DC Holding.
»Ein großer Wagen. Ich weiß keine Automarken. Trotzdem bin ich ziemlich sicher, dass es ein Volvo war, wie der von Sonia. Es war jedenfalls kein Land Rover wie der von Dad und auch keiner wie der von Onkel Simon. Ich habe mich hinter ein paar Büsche geduckt und Pogo die Schnauze zugehalten. Aber Pogo ist sowieso kein Hund, der sofort bellt. Und dann bekam ich einen gewaltigen Schrecken.« Die letzten Worte kamen leise und stockend. Tammy senkte den Blick und blickte verstohlen zu ihrem Vater, als fürchtete sie, ihn mit dem, was als Nächstes kam, ärgerlich zu machen.
»Schon gut, mein Liebes«, sagte Franklin.
»Wir können es uns denken. Du hast gesehen …«
»Mr Franklin, bitte!«, unterbrach Markby ihn erneut.
»Bitte! Tammy muss es mit ihren eigenen Worten schildern. Sie muss uns selbst erzählen, was sie gesehen hat. Sie dürfen ihr nichts einflüstern.« Tammy richtete sich kerzengerade auf und funkelte Markby an.
»Ich habe Onkel Simon gesehen«, sagte sie hastig.
»Sie müssen meinem Dad nicht den Kopf abreißen! Sie haben die Wagentüren aufgemacht, und die Innenbeleuchtung hat sich eingeschaltet, und ich habe gesehen, dass es Onkel Simon war, der auf der Seite an der Böschung ausstieg. Ich war wirklich überrascht, weil es nicht sein Wagen war. Aber das habe ich schon gesagt.«
»Sie haben die Türen geöffnet?«, fragte Markby.
»Es waren zwei Leute. Den anderen Mann konnte ich nicht so gut sehen. Er war sehr dünn und hatte ziemlich kurze, glatte Haare. Er hatte eine Glatze, denke ich. Sie gingen nach hinten und machten den Kofferraum auf.« An dieser Stelle war es mit Tammys Gleichmut vorbei. Die Befragung musste für eine Viertelstunde unterbrochen werden, bis Hugh Franklins Tochter, gestärkt durch ein Brausegetränk, ihren Bericht fortsetzen konnte.
»Sie nahmen etwas aus dem Kofferraum.« Tammy starrte auf ihre Hände. Sie hatte immer noch den Strohhalm, den sie für ihre Limonade benutzt hatte, und spielte nun damit. Sie knickte das kleine Plastikröhrchen an verschiedenen Stellen, bis die beiden Enden sich trafen und der Halm einen gezackten Kreis bildete.
»Sie hatten ziemlich viel Mühe, es aus dem Kofferraum zu heben. Zuerst dachte ich, es wäre ein Sack und dass sie vielleicht irgendwelchen Abfall die Böschung hinunterkippen wollten. Ich war ziemlich überrascht, dass Onkel Simon so etwas machte. Wenn andere Leute ihren Abfall auf unserem Farmland abladen, muss der Farmer ihn entfernen und manchmal sogar dafür bezahlen, dass er mitgenommen wird, deswegen dachte ich, Onkel Simon würde so etwas nicht tun. Na ja, als sie es endlich draußen hatten, stolperten sie damit vom Wagen weg. Ich konnte sehen, dass sie es zu zweit trugen, und es sah nicht aus wie ein Sack, sondern eher wie ein Mensch, nur ganz schlaff, und die Arme baumelten herab. Onkel Simon hielt die Schultern und der andere Mann die Füße. Onkel Simon fing an, wegen dem Gewicht zu fluchen und zu schimpfen, aber der andere Mann hat nichts gesagt. Sie trugen und zerrten die Person gemeinsam die Böschung hinunter, bis Onkel Simon sagte, dass es weit genug wäre. Dann ließen sie sie fallen und kletterten
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