In dunkler Tiefe sollst du ruhn: Mitchell & Markbys zwölfter Fall
nicht richtig gewesen, oder?«, hakte Markby nach.
»Weil Ihre Nichte Sie gesehen hat, wie Sie Sonias Leichnam an der Böschung abgelegt haben.« Simon blickte niedergeschlagen drein.
»Ja. Es tut mir wirklich Leid. Aber wenn es die einzige Verbindung zu der elenden Angelegenheit gewesen wäre, hätte ich gewiss mit Tammy reden können, wissen Sie? Sie überzeugen, dass sie sich geirrt haben muss.«
»Das war nicht der Eindruck, den ich hatte, als ich Sie und Ihre Nichte im Obstgarten angetroffen habe«, sagte Markby scharf.
»Oder Sie haben eine sehr merkwürdige Vorstellung von ›überzeugen‹.«
»Ich war außer mir vor Panik!«, protestierte Simon Franklin.
»Es war ein Albtraum! Hören Sie, ich hätte nicht zugelassen, dass Sie meinen Bruder verhaften, wissen Sie? Ich war stinkwütend auf Bethan, weil sie versucht hat, ihm alles in die Schuhe zu schieben. Ich hätte mich gemeldet und alles erzählt, wenn Sie meinen Bruder verhaftet hätten.«
Bethans Geschichte wich an der Stelle des tödlichen Dolchstoßes von der Simon Franklins ab. Ihrer Aussage zufolge hatte Sonia den Dolch genommen und Simon damit bedroht. Simon hatte bei dem Versuch, Sonia zu entwaffnen, die tödliche Wunde verursacht. Als sie damit konfrontiert wurde, dass man ihre Fingerabdrücke in Merediths Haus gefunden hatte, sagte sie gelassen:
»Wieso auch nicht? Sie hat mich vor gar nicht langer Zeit zum Kaffee eingeladen.«
Auf die Erläuterung hin, dass die Fingerabdrücke überall auf den zerstörten Möbeln und dem Telefon waren und die Handschrift auf dem Spiegel zweifelsfrei als die ihre identifiziert worden sei, lächelte sie nur und schwieg.
»Falls Simon Franklins Aussage der Wahrheit entspricht«, sagte Markby zu Meredith später in jener Woche in dem teuren Hotelrestaurant, in das er sie ausgeführt hatte, um sie
»ein wenig aufzumuntern«,»dann hat Bethan vorsätzlich den Dolch in die Hand genommen und Sonia erstochen. Das ist Mord. Sie ist eine gewalttätige Person, wie wir beide aus eigener Erfahrung wissen. Wir haben Spuren von Sonias blauem Nagellack in Bethans Kofferraum entdeckt, außerdem Sonias Blut. Bethan hat den Wagen gründlich gereinigt, aber es ist fast unmöglich, sämtliche Spuren zu entfernen. Wir haben außerdem auf dem Kupplungspedal Spuren der roten Farbe gefunden, die sie benutzt hat, um dein Haus zu verwüsten. Und es gelang uns, die DNS der Hautfetzen unter Sonias Fingernägeln mit der DNS von Bethan zu vergleichen. Sie ist identisch. Ich bin wirklich sehr gespannt, wie sie sich bei dieser Indizienvielfalt herausreden will! Die Unterlagen sind bereits alle beim Crown Prosecution Service, beim Ankläger der Krone. Ich schätze, dass beide des gemeinschaftlichen Mordes angeklagt werden, aber das ist nicht mehr meine Angelegenheit. Meine Arbeit ist getan.«
»Hat Simon den Dolch vernichtet?«
»Nein, überraschenderweise nicht. Er sagt, ihm sei bewusst,
dass er es hätte tun sollen. Bethan hat ihm befohlen, ihn mit einem Hammer zu zerschlagen und die Trümmer zu verstreuen, doch er konnte sich nicht dazu überwinden. Der Dolch ist über dreihundertfünfzig Jahre alt. Er konnte ihn einfach nicht zerstören, sagt er. Stattdessen hat er ihn in seinem Garten vergraben. Wir haben ihn inzwischen gefunden.«
»Dieses Haus ist elisabethanisch oder vielleicht sogar ein wenig älter«, sagte Meredith und blickte sich im Restaurant um.
»Und das Management unternimmt alles, um es uns wissen zu lassen! Ich wünschte, sie würden diese alten Häuser nicht so aufmotzen! Warum müssen wir rote Samtstühle mit goldenen Sticksäumen haben?«
»Der Innenarchitekt hat den Besitzern wohl gesagt, dass es historisch ist.« Meredith deutete auf eine mittelmäßige Reproduktion des so genannten Armada-Porträts von Queen Elisabeth I. das ganz in ihrer Nähe an der Wand hing.
»Sie soll angeblich während einer ihrer königlichen Inspektionsreisen durch das Land eine Nacht hier verbracht haben. Du kannst in ihrem Schlafzimmer schlafen, wenn du möchtest.«
»Nicht in ihrem Bett? Das ist es doch, was diese Hotels normalerweise behaupten. Ich muss schon sagen, wenn die gute Elisabeth wirklich in all den Häusern geschlafen hat, in denen sie angeblich abgestiegen ist, dann ist sie auf ihren königlichen Reisen verdammt weit herumgekommen!« Markby nahm die Speisekarte zur Hand.
»Hast du Lust auf das TudorWildbret?«
»Nein, eigentlich nicht«, sagte Meredith.
»Nicht nach dem, was du mir gerade alles erzählt
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