In dunkler Tiefe sollst du ruhn: Mitchell & Markbys zwölfter Fall
angesichts der Tatsache, dass er ihn normalerweise nur für schmutzige Arbeiten auf der Farm anzog. Er hatte Löcher in beiden Ellbogen, und die Maschen um den Hals herum lösten sich allmählich auf. Doch er hatte sich an diesem Morgen rasiert, und er war ein attraktiver Mann, wie Jane überrascht feststellte. Sie hatte ihn sowieso bereits als im Grunde genommen netten Burschen eingestuft, auch wenn er Mühe hatte, mit gewissen Problemen umzugehen. Wie viele andere Menschen auch war er in seinen eigenen Ansichten gefangen. Er musste vielleicht nur ein wenig aufgerüttelt werden. Andererseits hätte ihn der Tod seiner zweiten Frau genügend aufrütteln müssen. Sie fragte sich, was die Polizei von ihm hielt.
»Wahrscheinlich ist es besser, offen zu reden«, sagte sie nach einer Pause, obwohl sie unter den gegebenen Umständen nicht sicher war, ob sie damit Recht hatte.
»Sagen Sie, was Sie meinen.«
»Gut, das werde ich. Ich muss mich schließlich um eine Farm kümmern«, antwortete Hugh, und wieder war diese Halsstarrigkeit in seiner Stimme.
»Ich stehe morgens um halb fünf auf, die meiste Zeit über jedenfalls. Mein einziger Helfer ist der alte Sid, und er ist im Augenblick krank. Ein Glück, dass Danny Smith zurzeit sein Lager auf unseren Feldern aufgeschlagen hat und mir zur Hand gehen kann. Aber er kommt nur zweimal im Jahr hier durch. Simon kommt vorbei und hilft mir ebenfalls, wenn ich wirklich Probleme habe. Andererseits hat er seine eigene Arbeit. Er schreibt Bücher. Sagen Sie mir, wann ich die Zeit erübrigen soll, durch das Haus zu laufen und Seifenstücke zu zählen.«
»Das war offen genug, ganz sicher offen genug«, sagte Jane. Franklin stieß ein eigenartiges Geräusch aus, das möglicherweise ein unterdrücktes Lachen sein sollte.
»Sicher wollen Sie sich ein wenig mit meinem Bruder unterhalten. Sie sollten ihm ebenfalls sagen, dass es besser ist, offen miteinander zu reden. Simon ist wie eine Katze auf der Ofenplatte, wenn er glaubt, dass ich den Polizisten irgendetwas Falsches gesagt habe, die mit der Untersuchung von Sonias Tod betraut sind. Ich sage ihm immer wieder, was soll ich ihnen denn anderes erzählen als die Wahrheit? Ich sage ihnen alles, was sich abgespielt hat.« Unerwartet fügte er hinzu:
»Ich fühle mich verantwortlich für das, was geschehen ist, wissen Sie? Sie war schließlich meine Frau, und ich hätte mich mehr um sie kümmern müssen.« Eine verlegene Pause entstand, die Jane schließlich durchbrach.
»Tammy hat mir von ihrem Onkel Simon erzählt. Mir war nicht bewusst, dass er der Simon Franklin ist, der die Kinderbücher über das Leben in vergangenen Zeiten geschrieben hat. Wir haben sie in der Schulbücherei stehen. Die meisten Schulen haben sie, denke ich. Wir nutzen Leben in einer TudorFamilie als Lesebuch.« Erklärend fügte sie hinzu:
»Ich bin nämlich Geschichtslehrerin, müssen Sie wissen.«
»Ich lese hin und wieder auch mal ein Buch, wenn ich eine Gelegenheit dazu finde«, verteidigte sich Hugh.
»Raymond Chandler und solche Sachen. Wir haben Bücher im Haus. Ich hab ein ganzes Regal voller Bücher da hinten.« Er nickte mit dem Kopf in Richtung Wohnzimmer. Jane hatte sie bereits gesehen, während sie vor dem Einkauf auf Tammy gewartet hatte. Sie hatte sich von den Buchrücken angezogen gefühlt, wie stets, wenn sie eine Reihe von Buchrücken erblickte. Es waren die Bücher, die sie erwartet hatte – uralte Taschenbücher, die wahrscheinlich bereits seit den Zeiten von Hugh Franklins Vater im Regal standen, vielleicht sogar seit den Zeiten des Großvaters: Edmund Crispins Kriminalromane, eine Reihe von Agatha-Christie-Büchern, Margaret Irwins historische Erzählungen. Frank Richards Geschichte, Billy Bunter aus der Greyfriars School, war ein stark abgegriffenes gebundenes Buch. Dazu gab es eine komplette Sammlung von Haushaltstipps und Die Kleine Hausärztin, und beide datierten auf den Anfang des vergangenen Jahrhunderts. Die Haushaltstipps verrieten dem interessierten Leser, wie er den Herd mit Graphit zu behandeln hatte. Die Kleine Hausärztin empfahl Eltern, kleine Kinder für den Winter in Baumwolltücher zu wickeln und einzunähen. Und doch war aus Simon Franklin ein Akademiker geworden. Er hatte wahrscheinlich all seine Bücher mitgenommen, als er in die eigene Wohnung gezogen war. Hugh legte seine sonnenverbrannten Hände auf den Tisch. Die Finger waren von der schweren Arbeit gezeichnet.
»Glauben Sie nicht, dass ich taub bin für das,
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