In dunkler Tiefe sollst du ruhn: Mitchell & Markbys zwölfter Fall
wenig hilfreich wie möglich sein wolltest, wage ich zu behaupten. Aber warum wolltest du so wenig hilfreich sein?« Im Haus war Simon Franklin in das Wohnzimmer zu seiner Nichte zurückgekehrt.
»Du hast dich wacker geschlagen, Tammy«, sagte er anerkennend. Ihr kühler Blick aus grauen Augen streifte ihn flüchtig.
»Ja, Onkel Simon.« Jane Brady war kurz vor der Hazelwood Farm, als sie den Wagen von Ginny Holding aus der Einfahrt kommen sah. Er bog in Richtung Bamford ab und passierte sie auf der entgegenge setzten Fahrbahn. Wer mag das gewesen sein?, sinnierte Jane und spürte einen Anflug von Beunruhigung. Als sie die Farm erreichte, sah sie einen weiteren Besucher, einen Mann, der auf dem Hof neben einem grünen Geländewagen stand und sich mit Hugh unterhielt. Beide blickten auf, als Jane ein kurzes Stück von ihnen entfernt anhielt. Sie kurbelte das Fenster herunter.
»Komme ich vielleicht ungelegen?«, rief sie.
»Nein«, rief Hugh zurück.
»Sie können reingehen, Tammy ist im Haus.« Jane glaubte zu hören, wie der andere Mann
»Tammy will vielleicht nicht noch mehr …« sagte, doch die letzten Worte waren unverständlich. Sie stieg aus dem Wagen, und als sie sich näherte, sah sie, dass der Fremde Simon Franklin war. Sie war neugierig darauf, wie weit er seinem Bruder aus der Nähe betrachtet ähnelte, obwohl er aus einiger Entfernung betrachtet völlig anders aussah. Er war viel leichter und zierlicher gebaut, und seine Brille und eine gewisse Blässe, die von einer Arbeit in geschlossenen Räumen herzurühren schien, verlieh ihm das Aussehen eines Akademikers, das in starkem Kontrast zu Hughs bodenständiger Erscheinung stand. Simon Franklin musterte sie, wie sie zu bemerken glaubte, auf wenig freundliche Weise. Hugh nickte ihr zu und deutete mit einer Handbewegung auf seinen Bruder.
»Sie haben Simon bereits kennen gelernt, meinen Bruder?«
»Ich habe ihn bei der Gerichtsverhandlung gesehen« wäre nicht gerade taktvoll gewesen. Deswegen antwortete Jane nur
»Erfreut, Sie kennen zu lernen« und streckte Simon Franklin die Hand entgegen.
»Tammy hat mir viel von ihrem Onkel er zählt.« Sie sprach warm und aufrichtig. Selbst unter anderen Umständen hätte sie sich für Hugh Franklins Bruder interessiert. Simon taute ein wenig auf und nahm ihre Hand, wenngleich ohne rechte Begeisterung.
»Dann sind Sie wahrscheinlich Miss Brady, nicht wahr? Ich habe auch schon von Ihnen gehört, sowohl von meiner Nichte als auch von meinem Bruder.« Er warf einen Seitenblick zu Hugh.
»Es ist gut, dass die Schule sich so intensiv um ihre Schülerinnen kümmert.«
»In schwierigen Zeiten wie diesen versuchen wir zu helfen, wo wir können«, sagte Jane. Simon lächelte schwach.
»Gut so«, sagte er.
»Ich bin sicher, Sie geben sich alle Mühe.« Dann ruinierte er jeden liebenswerten Eindruck, den er bisher erweckt hatte, indem er hinzufügte:
»Andererseits würde man von einer unabhängigen Privatschule nichts anderes erwarten. Das ist alles bereits in den Gebühren enthalten, oder?« Das war so unerhört frech, dass Jane ächzte.
»Nein, ist es nicht! Es hat überhaupt nichts mit den Schulgebühren zu tun!«
»Bitte seien Sie nicht gleich eingeschnappt, Miss Brady«, versuchte Simon sie zu beschwichtigen, doch es machte die Sache noch schlimmer.
»Ich wollte nicht andeuten, dass Sie etwas anderes als Tammys Wohlergehen im Sinn haben.«
»Sie heißt Jane«, sagte Hugh. Er hatte dem Wortwechsel einigermaßen amüsiert gelauscht.
»Mach sie bloß nicht wütend, Simon, sonst wäscht sie dir gehörig den Kopf. Meinen hat sie auch schon zurechtgerückt.« Er grinste. Simon Franklin räusperte sich und bedachte seinen Bruder mit einem scharfen Blick.
»Nun ja, darüber können wir auch noch später reden. Ich muss jetzt jedenfalls weg. Nett, Sie kennen gelernt zu haben, Miss Brady.« Er öffnete die Fahrertür seines Geländewagens.
»Lass mich wissen, wenn du mich wieder brauchst, Hugh.«
»Mach ich, Simon, und danke. Ich bin froh, dass du hier warst, um das zu regeln.« Simon Franklin brauste aus dem Hof. Hugh wandte sich zu Jane.
»Lassen Sie sich nicht von Simon durcheinander bringen. Er ist nun mal so.«
»Ich hatte schon überlegt«, erwiderte Jane grimmig,»ob ich ihn bitten soll, in unsere Klasse zu kommen und über seine Bücher zu sprechen. Jetzt bin ich da gar nicht mehr so sicher.«
»Fragen Sie ihn nur. Er kann gut über Geschichte und Bücher und so weiter reden.« Hugh nickte in
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