In dunkler Tiefe sollst du ruhn: Mitchell & Markbys zwölfter Fall
trotz der Plastiktüte mit den vielen Ecken und Kanten auf dem Schoß, den Sicherheitsgurt anzulegen. Während sie dies tat, bemerkte sie, dass ihre Fingernägel dringend eine Feile und etwas Nagellack nötig hatten. Bethans Hand, die nach dem Zündschlüssel griff, zeigte wunderschöne, korallenfarbene Nägel mit natürlich aussehenden Nagelhäuten. Meredith sank in den Sitz, drückte die Plastiktüte gegen ihre Brust und gab Bethan Anweisungen, wie sie zur Station Road fahren musste.
»Was für eine hübsche kleine Veranda!«, sagte Bethan, als sie vor Merediths Reihenendhaus hielten.
»Haben Sie sie gerade erst anbauen lassen?«
»Ja. George ist noch nicht ganz mit der Arbeit fertig. Er muss den Boden noch fliesen.« Meredith schob die Haustür auf und deutete auf den Eingang zum Wohnzimmer.
»Ich bringe nur eben diese Sachen hier in die Küche und mache uns einen Kaffee. Ich brauche keine Hilfe, danke.« Bethan hatte keine Hilfe angeboten, doch es sah aus, als wollte sie genau dies tun. Das Wohnzimmer war nicht besonders ordentlich, doch in der Küche sah es noch schlimmer aus, und Meredith hatte nicht die Absicht, ihre Besucherin dies sehen zu lassen. Als sie mit der Kaffeekanne und zwei Bechern ins Wohnzimmer kam, saß Bethan elegant auf dem Sofa und inspizierte ihre Umgebung.
»Sie haben es wirklich furchtbar gemütlich hier.« Meredith vermutete, dass damit
»klein und voll gestopft« gemeint war. Nichtsdestotrotz brachte sie ein Lächeln zu Stande und stellte das Tablett auf den Wohnzimmertisch.
»Es gibt nichts Schlimmeres, als mit jemand anderes’ Sorgen belastet zu werden«, sagte Bethan unvermittelt.
»Aber Sie waren ja bei der Gerichtsverhandlung.« Ihr Tonfall deutete an, dass Meredith sich jetzt gefälligst nicht zieren sollte, nachdem sie bereits so viel Interesse an den Tag gelegt hatte.
»Ja, ich war dort«, gestand Meredith.
»Was bereitet Ihnen denn Sorgen? Ich weiß, Sie verdächtigen Hugh Franklin, aber ich fürchte, Sie müssen sich gedulden, während die Polizei ihre Ermittlungen durchführt.«
»Hmmm«, machte Bethan und nahm den warmen Kaffeebecher in die langen, schlanken Finger.
»Aber man hat mir verraten, dass Sie seit langem mit dem Polizeibeamten liiert sind, der die ganzen Ermittlungen leitet. Alan Markby lautet sein Name, glaube ich.«
»Ich kenne seinen Namen«, entgegnete Meredith.
»Und ja, ich bin mit ihm befreundet. Ich weiß nicht, was Ihr Informant mit ›lange liiert‹ gemeint hat, aber was es auch sei, es bedeutet nicht, dass ich über Insider-Informationen verfüge, oder selbst wenn, dass ich sie weitergeben würde. Sie sind übrigens nicht die erste Person, der ich das sagen muss. Die Leute scheinen zu glauben, dass ich Alans Vertraute bin. Das bin ich nicht.«
»Gütiger Gott, nein! Ich würde doch nicht erwarten, dass Sie mir Dienstgeheimnisse verraten!« Bethan sah überzeugend schockiert aus.
»Dann ist es ja gut. Ich kenne nämlich auch keine.« Bethan seufzte.
»Wohnen Sie schon lange hier in Bamford?«
»Noch nicht sehr lange, nein. Früher hatte ich eine Mietwohnung bei Pooks Common, bevor ich dieses Haus gekauft habe. Ich war viel im Ausland beim konsularischen Dienst. Jetzt sitze ich im Foreign Office an einem Schreibtisch und muss jeden Tag nach London pendeln. Ich muss in der Nähe des Bahnhofs wohnen.«
»Wenn Sie jeden Tag hier raus und nach London kommen, ist Bamford wahrscheinlich erträglich, vermute ich. Ich könnte es hier nicht aushalten, obwohl ich nie wirklich hier gewohnt habe. Als ich noch mit Simon zusammen war, hatte ich ein Büro im Zentrum von Bamford, aber wir haben draußen in der Walachei in einem Cottage gewohnt, das Simon aus dem Farmbesitz herausgekauft hat.«
»Und wo haben Sie Ihr Büro heute?«, fragte Meredith interessiert.
»Meine Wohnung und mein Büro sind beide in Cheltenham. Ich habe ganz neu angefangen und bin mit Sack und Pack weggezogen, als Simon und ich uns getrennt haben. Die meisten meiner Mandanten sind loyal geblieben. Ich habe ihnen erklärt, dass ich bereit wäre herzukommen und Dinge mit ihnen zu besprechen, sollte es erforderlich sein. Deswegen bin ich heute auch in Bamford. Im Allgemeinen ist es nicht notwendig. Sie reichen mir ihre Steuerformulare und Belege und wichtigen Unterlagen ein, ich bereite alles vor und schicke es zurück. Offen gestanden, die Selbstständigkeit ist für Leute wie mich eine reine Wohltat, und ich leide nicht unter zu wenig Arbeit.« Bethan setzte ihren Becher
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