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In einem anderen Land

In einem anderen Land

Titel: In einem anderen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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werde einen wachsen lassen. Ich werde sofort anfangen. Das ist eine gute Idee. Da habe ich was zu tun.» «Sorgst du dich, weil du nichts zu tun hast?» «Nein. Paßt mir großartig. Ich finde es herrlich. Ist unser Leben nicht herrlich?»
    «Mein Leben ist herrlich. Aber ich hatte Angst, daß ich jetzt in anderen Umständen langweilig für dich bin.»
    «Ach, Cat, du weißt gar nicht, wie verrückt ich nach dir bin.»
    «So?»
    «Genauso wie du bist. Ich finde es herrlich. Ist unser Leben nicht herrlich?»
    «Meines ja. Aber ich denke, vielleicht bist du ruhelos.» «Nein. Manchmal denke ich an die Front und an Leute, die ich kenne, aber ich sorge mich nicht. Ich denke eigentlich an nichts.» «An wen denkst du?»
    «An Rinaldi und den Priester und eine Menge Leute, die ich kenne. Aber ich denke nicht viel an sie. Ich will nicht an den Krieg denken. Damit bin ich fertig.» «Woran denkst du jetzt?» «An nichts.»
    «Doch, doch. Erzähl mir.» «Ich überlegte, ob Rinaldi Syphilis hat.» «War das alles?» «Ja.»
    «Hat er Syphilis?» «Ich weiß nicht.»
    «Ich bin froh, daß du sie nicht hast. Hast du je so was gehabt?» «Ich hatte Tripper.»
    «Ich will nichts davon wissen. War es sehr schmerzhaft, Liebling?»
    «Sehr.»
    «Ich wünschte, ich hätte es gehabt.»
    «Nein. Das wünschst du nicht.»
    «Doch, ich wünschte, ich hätte es gehabt, um wie du zu sein. Ich wünschte, ich wär bei all deinen Mädchen gewesen, dann könnten wir uns darüber unterhalten.»
    «Das ist eine hübsche Vorstellung.»
    «Du mit Tripper bist keine hübsche Vorstellung.»
    «Ich weiß. Sieh mal, wie es schneit.»
    «Ich seh lieber dich an. Liebling, warum läßt du dein Haar nicht wachsen?»
    «Wie wachsen?»
    «Einfach ein bißchen länger.»
    «Es ist jetzt lang genug.»
    «Nein, laß es ein bißchen länger werden, und ich kann meines abschneiden, und wir sind dann beide gleich, einer von uns blond und der andere dunkel.»
    «Ich würde nicht zugeben, daß du dein Haar abschneidest.»
    «Es wäre doch nett. Ich hab's satt. Es ist ein schreckliches Ärgernis nachts im Bett.»
    «Ich hab's gern.»
    «Würde es dir kurz nicht ge fallen?»
    «Vielleicht, aber ich mag es so, wie es ist.»
    «Vielleicht ist es kurz nett. Dann wären wir beide gleich. Ach, Liebling, ich will dich so sehr, ich will du sein.»
    «Das bist du. Wir sind ein und dasselbe.»
    «Ich weiß es. Nachts sind wir's.»
    «Die Nächte sind herrlich.»
    «Ich wünschte, daß wir beide ganz ineinander verwachsen wären. Ich will nicht, daß du weggehst. Ich habe das so gesagt. Geh, wenn du willst. Aber komm sofort zurück. Liebling, ich lebe überhaupt nicht, wenn ich nicht bei dir bin.»
    «Ich werde nie weggehen», sagte ich. «Ich tauge nichts, wenn du nicht da bist. Ich habe gar kein Leben mehr.»
    «Ich will aber, daß du ein Leben hast. Ich will, daß du ein herrliches Leben hast. Aber wir wollen es zusammen haben, nicht wahr?»
    «Und jetzt, soll ich das Wachstum meines Bartes zum Stillstand bringen, oder soll er weiterwachsen?»
    «Weiterwachsen. Es wird aufregend sein. Vielleicht ist er Neujahr schon ganz ordentlich.»
    «Möchtest du jetzt Schach spielen?» «Ich will lieber mit dir spielen.» «Nein. Komm Schach spielen.» «Aber nachher spielen wir?» «Ja.» «Schön.»
    Ich holte das Schachbrett hervor und stellte die Figuren auf. Draußen schneite es immer noch heftig.
    Einmal wachte ich in der Nacht auf und wußte, daß Catherine auch wach war. Der Mond schien ins Fenster und warf Schatten auf das Bett von den Holzstäben über der Fensterscheibe.
    «Bist du wach, mein Engel?»
    «Ja. Kannst du nicht schlafen?»
    «Ich wachte gerade auf und dachte, daß ich beinahe verrückt war, als ich dich das erste Mal sah. Kannst du dich besinnen?»
    «Du warst ein klein bißchen verrückt.»
    «Jetzt bin ich nie mehr so. Jetzt bin ich fabelhaft. Du sagst so süß ‹fabelhaft›. Sag fabelhaft.»
    «Fabelhaft.»
    «Ach, du bist so süß. Und ich bin nicht mehr verrückt. Ich bin nur sehr, sehr glücklich.»
    «Komm, schlaf ein», sagte ich.
    «Schön. Komm, wir wollen im selben Moment einschlafen.»
    «Schön.»
    Aber wir taten es nicht. Ich war noch eine ganze Zeitlang wach und überlegte mir allerhand Dinge und betrachtete Catherine im Schlaf, Mondlicht auf ihrem Gesicht. Dann schlief auch ich ein. 

02
    Mitte Januar hatte ich einen Bart, und der Winter brachte eine Reihe klarer, kalter Tage und harter, kalter Nächte. Wir konnten wieder auf den Straßen

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