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In einem anderen Land

In einem anderen Land

Titel: In einem anderen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Alle suchten, so schnell sie konnten, hinüberzugelangen und dachten an nichts sonst. Wir waren beinahe drüben. Am anderen Ende der Brücke standen an beiden Seiten Offiziere und Carabinieri und ließen ihre Taschenlampen aufflammen. Sie hoben sich dunkel gegen den Himmel ab. Als wir uns ihnen näherten, sah ich, wie ein Offizier auf einen Mann in der Reihe zeigte. Ein Carabiniere ging auf ihn zu und zog ihn am Arm aus dem Gedränge. Er holte ihn von der Straße weg. Wir waren beinahe auf gleicher Höhe. Die Offiziere sahen jeden in der Reihe forschend an, manchmal sprachen sie zusammen oder traten vor, um jemandem ins Gesicht zu leuchten. Sie holten einen zweiten heraus, gerade bevor wir ihnen gegenüber waren. Ich sah den Mann. Es war ein Oberstleutnant. Ich sah die Sterne in der Einfassung auf seinem Ärmel, als sie ihn anleuchteten. Sein Haar war grau; er war klein und dick. Die Carabinieri zogen ihn hinter die Reihe von Offizieren. Als wir ihnen gegenüber waren, sah ich, wie ein oder zwei mich ansahen. Dann zeigte einer auf mich und sprach mit einem Carabiniere. Ich sah, wie der Carabiniere auf mich zukam, die Reihe durchbrach, und fühlte, wie er mich am Kragen packte.
    «Was ist denn mit dir los?» sagte ich und schlug ihm ins Gesicht. Ich sah sein Gesicht unter dem Hut, hochgedrehter Schnurrbart, Blut lief ihm die Backe hinunter. Ein zweiter schoß auf uns zu.
    «Was ist denn mit dir los?» sagte ich. Er antwortete nicht. Er wartete auf eine Gelegenheit, um mich zu packen. Ich nahm den Arm nach hinten, um meine Pistole zu lockern.
    «Weißt du nicht, daß du einen Offizier nicht anfassen darfst?» Der andere packte mich von hinten und riß meinen Arm hoch, so daß er sich beinahe auskugelte. Ich drehte mich mit und der andere packte mich am Hals. Ich stieß gegen sein Schienbein und mit dem linken Bein in seine Leistengegend.
    «Knall ihn nieder, wenn er Widerstand leistet», hörte ich jemand sagen.
    «Was soll denn das bedeuten?» versuchte ich zu schreien, aber meine Stimme war nicht sehr laut. Sie hatten mich jetzt am Straßenrand.
    «Knall ihn nieder, wenn er Widerstand leistet», sagte ein Offizier. «Führ ihn ab.»
    «Wer seid ihr denn?»
    «Wirst du schon noch merken.»
    «Wer seid ihr?»
    «Feldpolizei», sagte ein anderer Offizier.
    «Warum sagen Sie mir nicht, daß ich vortreten soll, warum lassen Sie mich von einem ‹Aeroplan› anpacken?»
    Sie antworteten nicht. Sie brauchten nicht zu antworten. Sie waren Feldpolizei.
    «Führt ihn dort hinten hin zu den anderen», sagte der erste Offizier. «Seht ihr, er spricht Italienisch mit einem Akzent.»
    «Du wohl nicht, du Arschloch», sagte ich.
    «Führt ihn weg mit den anderen», sagte der erste Offizier. Man führte mich hinter die Reihe von Offizieren unterhalb der Straße zu einer Gruppe von Leuten auf einem Feld dicht am Flußufer. Während wir auf sie zugingen, wurden Schüsse abgegeben. Ich sah das Aufblitzen von Gewehren und hörte den Knall. Wir näherten uns der Gruppe. Vier Offiziere standen zusammen, ein Mann vor ihnen, zu jeder Seite ein Carabiniere. Eine Gruppe stand zusammen, von Carabinieri bewacht. Weitere vier Carabinieri standen bei dem verhörenden Offizier und lehnten auf ihren Karabinern. Es waren Carabinieri mit breiten Hüten. Die beiden, die mich führten, schubsten mich in die Gruppe, die verhört werden sollte. Ich sah auf den Mann, den die Offiziere gerade verhörten. Es war der fette, grauhaarige kleine Oberstleutnant, den sie aus der Reihe geholt hatten. Die Verhörenden hatten alle die Tüchtigkeit, Kühle und Selbstbeherrschung von Italienern, die selbst schießen und auf die nicht geschossen wird.
    «Ihre Brigade?» Er sagte es ihnen. «Regiment?» Er sagte es ihnen.
    «Wieso sind Sie nicht bei Ihrem Regiment?» Er sagte es ihnen.
    «Wissen Sie nicht, daß ein Offizier bei seiner Truppe sein muß?» Er wußte es.
    Das war alles. Ein zweiter Offizier sprach.
    «Sie und Ihresgleichen sind es, die die Barbaren den heiligen Boden des Vaterlandes betreten ließen.»
    «Ich bitte um Verzeihung», sagte der Oberstleutnant. «Durch Verrat wie den Ihren sind wir um die Früchte des Sieges gebracht worden. »
    «Waren Sie jemals auf dem Rückzug?» fragte der Oberstleutnant. «Italien sollte sich nie auf dem Rückzug befinden.» Wir standen im Regen und hörten dem zu. Wir standen den Offizieren gegenüber, und der Gefangene stand vor ihnen, ein bißchen zur Seite von uns aus gesehen.
    «Wenn Sie mich erschießen wollen»,

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