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In einem leuchtend schoenen Land

Titel: In einem leuchtend schoenen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minouche Moser
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der Straße nach Colombo einräumen würde. Zögerlich ruckelte ich vor und zurück, machte Anstalten, mir den Vortritt zu erstreiten, erwies mich als zu ängstlich und bildete eine Verkehrsblockade der übelsten Sorte. Als ich wieder einmal unschlüssig in den Verkehr einfädeln wollte, des Autos Nase in den vorbei rauschenden Verkehr tunkte, setzte eines der auf der Hauptstraße rasenden Fahrzeuge die Lichthupe ein. Erleichtert winkte ich zum Dank (erstes Missverständnis, denn schließlich plante ich nicht links, sondern rechts abzubiegen) und missverstand zweitens sehr gründlich die Kernaussage jenes Funksignals. Während ich auf diese Weise in Deutschland Fußgänger über die Straße komplimentierte und einfädelnden Fahrzeugen freie Fahrt genehmigte, teilte mir das blinkende Licht in Sri Lanka mit, dass der Blinkende mir auf gar keinen Fall beim Einfädeln behilflich sein werde und auf seine freie, ungestörte Fahrt beharrte.
    Das Auto schoss hupend knapp an meiner noch heilen Karosserieseite vorbei und jagte mir einen heillosen Schrecken ein.
    Natürlich war der Fahrer ein Weißer, kein Sri-Lanker gewesen. Ich sage „natürlich“, weil nur wir Weißen in der Regel so beharrlich auf unser Recht pochten, mit der flexiblen Rechtslage auf Sri Lankas Straßen nicht zurecht kamen. Ähnliche Verhältnisse in Deutschland hätten die psychiatrischen Kliniken mit am Chaos zerschmetterten Existenzen überfüllt und die Unfallstatistik ins Unermessliche steigen lassen. Uns fehlt, was dem Sri-Lanker angeboren ist: lässige, großzügige Besonnenheit! Während wir gesetzlich gezwungen werden müssen, am Fußgängerstreifen für Überquerende Halt zu machen, hält der Sri-Lanker freiwillig und lässt Heerscharen von Fußgängern über die Straße ziehen, ohne dabei auch nur einmal eilig auf die Uhr zu schauen. Überhaupt ist der Sri-Lanker ein Gentleman der Straße, regt sich nicht auf, wenn der Nebenstraßen-Vortritt ihn auf die Bremsen zwingt, wenn Menschen ausgelassen und gleichzeitig ausladend feiern; lässt verstört am Rande stehende Fahrzeuge vor und scheint sich über gar nichts aufzuregen.
    Die einzige, die sich hier aufregte, war ich.
    Und zwar nur, weil ich mir gerne einbildete, furchtbar in Eile zu sein. Und Eile, ich erwähnte es bereits, sorgte höchstens für jene Aufregung, die dem Herzen ungesund auf die Sprünge half.
    Immerhin lernte ich das rege angewendete Kommunikationsmittel, die Hupe, verstehen, setzte sie übermütig selbst ein, hätte das kümmerliche Quäken unseres Autos gerne nach Vorbild der Mehrheit auf Mehrtöniges umgerüstet, damit ich mehr Eindruck machte, scheiterte jedoch an Andreas Veto.
    „Schmarrn!“, sagte er nur und beließ es dabei.
    „Gar nicht“, schmollte ich und erklärte ihm den Lärm, wollte ihm damit beweisen, wie erforderlich das Umrüsten auf eine eindrucksvollere Hupe war, die gehört und wahrgenommen wurde.
    „A bedeutet: ‚Vorsicht, ich werde gleich überholen!‛, b wiederum ‚Vorsicht, ich überhole dich gerade, bitte nicht ausscheren‛, c ‚Danke, dass du mich überholen lassen hast!‛, d ‚Hallo! Dich kenne ich doch!‛ und e, ‚Hey! Das ist mein Parkplatz!‛“ – Hier vereinten sich die Hupsprachen der verschiedenen Länder wieder. Es gab auch noch Variante f, die mein geräuschempfindlicher Mann gar nicht akzeptieren konnte, und zwar das Hupen aus reiner Gewohnheit. Andreas hupte aus Prinzip überhaupt nicht, und überflutete mich, die Beifahrerin, regelmäßig mit Angstschweiß. Flott überholte er Trödler, machte dabei keinen Mucks und ich konnte nur darauf warten, dass jener ohne Vorwarnung aus- und in meine Seite hinein scherte. A und b, die Überholwarnungen, waren meines Erachtens nämlich notwendig, weil der Rückspiegel aufgrund der Straßensituation nur unter Lebensgefahr benutzt werden konnte und man infolgedessen gut hörbar darauf aufmerksam machte, dass im Rücken des Angehupten soeben ein Überholmanöver vorbereitet wurde. Andreas war nicht zu überzeugen. Ich gab auf, hupte sachte weiter und befasste mich im Stillen mit Punkt c, dem gehupten Dank. Jener stand für die Toleranz, die deutsche Straßenteilnehmer nur selten aufbrachten. Meistens winkten Lastwagen, Traktoren und Co. die ungeduldige Nachhut vorbei, wenn die Luft zum Überholen rein war, und erzwangen nicht mit Sprüchen wie: „Landwirtschaft dient allen“ auf ihr Recht, den Verkehr aufzustauen. Dreiräder (Man nennt sie hier „Three-wheeler“ oder einfach nur

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