In einem leuchtend schoenen Land
potentielle Helfer herbeizuholen.
„Hello!“, schallte es augenblicklich von mehreren Seiten und ein Pulk schaulustiger Hilfsbereitschaft scharte sich um mich und meine Panne.
„Need help?“
Oh ja, Hilfe brauchte ich!
Daraufhin gab es: „What's your name?“ und „Where are you from?“, dem umgehend die inseleigene Hilfsbereitschaft folgte, welche bei meiner einträglich anmutenden Blässe nicht immer erwartungslos, aber nichtsdestotrotz immer von Herzen kam. Hilfsbereitschaft war Teil der sri-lankischen Kultur und hatte leider an Charme eingebüßt, weil wir, die vorüberwehenden Gut-Menschen-im-Urlaub, ihnen die Freundlichkeit zuweilen mit mehr als einem Tageslohn vergolten. So wurde für manchen aus spontaner Hilfsbereitschaft ein einträgliches Geschäft. Auch ich belohnte die Helfer in meiner nie versiegenden Dankbarkeit reich, selbst wenn mein Vertrauen in ihre Technik, das Ersatzrad anzuschrauben, durchaus versiegte. In der Regel zog ich, nach überschwänglichem Dank einige Meter weiter und außer Sichtweite des Helfers, die Schrauben nach, sodass aus einer Reifenpanne kein Radverlust wurde.
„Ich würde mir in diesem Land einen Fahrer gönnen“, riet mir eine Freundin, nachdem sie die ganze Palette an Widrigkeiten in nur einer Fahrt zum Markt und zurück miterlebt hatte.
„Sollte ich mir überlegen!“ erwiderte ich und überlegte tatsächlich – allerdings nur sehr flüchtig. Ich entschied, dass ich für einen Fahrer nicht herrschaftlich genug war, mich nur mit Umständen an das Hausmädchen gewöhnt hatte und mich noch mehr Personal schlichtweg überfordern würde.
Infolgedessen fuhr ich auch weiterhin selber und gewöhnte mich eines Tages sogar an den Linksverkehr. Vor dem Eingewöhnen hatte jener allerdings ausführlich für Verwirrung gesorgt. Konfus manövrierte ich mich in meinen ersten Fahrversuchen regelmäßig Auge in Auge mit dem Gegenverkehr, weil ich nach einer Kreuzung oder einem Kreisverkehr nicht mehr in den Linksverkehr gefunden hatte. Meine Abwege schienen jedoch niemanden großartig aufzuregen, passten sich ohne mit der Wimper zu zucken meiner
Geisterfahrt an. Das eigene Vehikel lenkten sie behänd aus meiner Bahn, zwinkerten mir ein „Halb so wild!“ durch das heruntergekurbelte oder gänzlich fehlende Glas zu und ließen mir alle Zeit der Welt, mich wieder auf der korrekten Spur einzufädeln.
Ich beschloss wieder einmal, mir von der Gabe „Gelassenheit“ eine dicke Scheibe abzuschneiden. Das Chaos auf den Straßen wollte ich mit sofortiger Wirkung wohlwollend, statt erregt antreten – und schaffte es selten über das erste Hupkonzert hinaus, welches ein Busfahrer oder Lastwagen bei meinem Anblick veranstaltete. Das wiederum lag einerseits daran, dass mein Weiß für Begeisterungshupen sorgte, andererseits der Umstand, dass ich mich stur an internationale Verkehrsregeln hielt; Regeln, die auf der Insel kein Mensch ernst nahm, die im Gegenteil hier kaum Sinn machten. Hier übliche Verkehrsregeln rankten sich um das ereignisreiche Befahren einer hiesigen Verkehrsstraße und machten den Ausnahmezustand zum Normalzustand. Ausnahmezustand Nummer eins: Vortritt wurde dort gewährt, wo a) der größere Motor im Einsatz und b) die besseren Nerven auf Tour waren, was Hand in Hand mit c), der forscheren Fahrweise einher ging.
Rein theoretisch hätte mir mein Motor ein fast uneingeschränktes Vortrittsrecht verschafft, praktisch jedoch scheiterte ich an den dünnen Nervensträngen und meiner ängstlichen, absolut un-forschen Fahrweise. In den ersten Versuchen meines Fortbewegungsabenteuers schlich ich mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von fünfzehn oder zwanzig Stundenkilometer dahin, passte mich dem Tempo von Eselskarren, Fahrrädern und Fußgängern an. Ganze Familien schienen genau dort unterwegs zu sein, wo ich mich gerade entlang schlängelte, saßen zu fünft auf ihrem Drahtesel, waren auf dem Gepäckträger, der Querstange und dem Lenker untergebracht, während kräftige Beine in die Pedale traten. Auch ausgelassene Wiedersehensfreude, die ganz spontan mitten auf dem Fahrweg gefeiert wurde, verlangsamte meine Fahrt merklich. Meine daraufhin folgenden, zuweilen quietschenden Bremsmanöver wurden von den Straßenbenutzern kaum beachtet, allerhöchstens neugierig betrachtet. So dicht besiedelt blieb wenig Raum außerhalb der Fahrbahn, was wiederum meinen mir verfügbaren Platz auf ein Minimum verringerte – insbesondere, wenn ein Bus den kläglichen Rest meines
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