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In einem leuchtend schoenen Land

Titel: In einem leuchtend schoenen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minouche Moser
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Urlaub lang seine Seele baumeln zu lassen, nahm manch einer viele Stunden Anfahrt in Kauf.
    Viele Stunden, weil die Anfahrt auf einem in die Jahre gekommenen, sehr liederlich gepflegten und vollkommen überlasteten Straßennetz erfolgte.
    Die Strände, die im flughafennahen Colombo und Negombo angeboten wurden, taugten leider nur eingeschränkt für baumelnde Seelen, woran die Millionenstadt Colombo und auch die mehreren Tausend Einwohner Negombos schuld waren. Ein beachtlicher Anteil des von ihnen im Ozean versenkten Mülls schipperte zielstrebig um Badende an Land zurück und befleckte das paradiesische Bild, welches sich der gemeine Urlauber von Palmen, Sand und Meer zusammengebastelt hatte.
    Und weil der Tourist so oder so auf die Reise in den Süden geschickt werden musste, rieben sich die Organisatoren die Hände und weiteten das Ganze zu einer höllischen Rundreise über den minenfreien Bereich der Insel aus. Sie scheuchten die Reisenden durch Kandys buddhistische Tempel, auf die Besichtigungsstrapaze einer Teeplantage in Nurawa Eliya oder nach Anaradhapura, die historische Stadt in der Inselmitte, über welche die Singhalesen und Tamilen jahrhunderte lang Blut vergossen hatten. Dort konnte der Kulturinteressierte die königliche Vergangenheit der Insel verinnerlichen und deren Ruinen betrachten. Ruinen, die der Reisende auf jener Fahrt zu spüren bekam, denn streckenweise konnte das, was die Engländer nach ihrem Abzug aus der Kolonie hinterlassen hatten, nicht mehr mit gutem Gewissen als Straße bezeichnet werden.
    Autofahren nach Sri Lankas Bedingungen machte mir keinen Spaß.
    Das koloniale Straßennetz war dem zunehmenden Verkehr nicht mehr gewachsen und, wenn überhaupt, nur notdürftig geflickt worden. Als Resultat überlief ein Flickwerk die Insel, aus welchem zuweilen imponierende Löcher klafften, die der Autoachse, den Autoreifen und nicht zuletzt dem durchgeschüttelten Fahrer heftig zusetzt. Abgesehen davon, schienen darauf vierundzwanzig Stunden lang Sri Lankas zwanzig Millionen stets irgendwo vor, neben oder hinter meiner Autofahrt unterwegs zu sein. Nach und nach versiegte unsere Reiselust mit den drei Kindern und wir reduzierten die Fahrerei nur noch auf das Nötigste, richteten unsere Freizeit auf die Möglichkeiten vor Ort aus. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von dreißig Stundenkilometern konnte eine Fahrt nicht nur sehr lang, sondern auch sehr, sehr quengelig werden.
    „Wann sind wir endlich da-a?“
    Und das ununterbrochen gleich mehrere Stunden lang! Vermutlich bereiteten wir uns aber schlicht und ergreifend einfach nur nicht richtig auf das Inselreisen vor. So hätte ich den chor ischen wann-sind-wir-endlieh-daa statt in eine Nervenbelastung in einen Familienchor umwandeln und die Fahrstunden zum Einstudieren eines fünfstimmigen Gesangs nutzen können.
    Dazu hatte ich aber – wie ewig schade, wenn ich an die Jackson-Five und ihre Erfolge denke – keine Lust oder war es auch einfach nicht gewöhnt, stundenlang die Alleinunterhalterin beziehungsweise den Chorkasperl zu spielen. Schließlich war ich in Ländern verkehrstüchtig geworden, in denen nicht nur viel Raum für wenig Verkehr vorhanden war, sondern auch auf alarmierend roten Schildern mit „Vorsicht! Straßenschäden!“ vor schadhaften Stellen gewarnt wurde – die Schäden bestanden dann selten aus mehr als einer Wölbung oder einem kaum sichtbaren Riss im Teer. Nichts also, was dieser schreiend roten Warnung gerecht werden konnte.
    In meiner neuen Heimat waren Straßenschäden wirklich Straßenschäden und gehörten auf die Insel wie die Palmen und das Meer.
    An den hier üblichen Fahrbahndefekten sollte ich fortan regelmäßig meine Autoreifen aufschlitzen. Nicht ohne Frust stellte ich fest, dass nur immer mir die Luft ausging, Andreas von platten Reifen fast gänzlich verschont blieb.
    Mit der mir eigenen Pannenroutine blieb mir nichts übrig, als ein System zu entwickeln, mit welchem ich möglichst effizient meine Reifen wechseln ließ – die dann im nächsten Loch wieder aufgeschlitzt werden konnten. Ein System, welches ich in Deutschland erfolgreich getestet hatte: Ich stellte mich auffallend unbeholfen neben den Plattfuß, guckte recht besorgt und deutete in meiner Körperhaltung an, dass ich überhaupt nicht wusste, wie ich diesem Platten auch nur annähernd Herr werden könnte. Eine im Grunde ziemlich überflüssige Inszenierung, denn es reichte durchaus, wenn ich mein angeschlagenes Vehikel verließ, um

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