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In einem leuchtend schoenen Land

Titel: In einem leuchtend schoenen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minouche Moser
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Einbrechern an der Schlafzimmertür lehnte und wollte damit Tsunami erschlagen. Dazu kam es nicht und erschöpft schmiegte ich mich an Andreas, der meine zitternde Nacktheit in Armen hielt.
    Das Schicksal war nachsichtig mit uns verfahren: Nicht nur waren wir um nur sechs Kilometer Tsunami entwischt, sondern auch die Geschäftsreise meines Mannes war gestrichen worden!
    Am nächsten Morgen erwachten auch meine Lebensgeister wieder. Ich hatte keine Lust mehr auf ein Opferdasein, welches sich aus der Gerüchteküche bediente und mir ständig neue Schrecken einjagte, denen ich nicht gewachsen war. Es war an der Zeit, dass ich mich darum kümmerte und mir ordentliche Informationen aus den verfügbaren Medien besorgte. Stundenlang klebte ich im Netz, bekam dicke Augenringe und stopfte blödsinnig viel Theorie in mein Gehirn, mit dem ich mein Trauma gezielt Stück für Stück vertiefte. Wenn ich gerade nicht in den Medien hing, hörte ich über die Häusermauern in Nachbars Leid. Die Fischer hatte es besonders hart getroffen. Nicht nur hatten die meisten in den Wassermassen alles verloren, sondern Sri Lanka hatte einstimmig beschlossen, in nächster Zeit lieber auf Fisch zu verzichten: Es wurde behauptet, dass ab sofort auch der vegetarischste Fisch an den aufgeblähten, im Meer schwimmenden Leichen knabberte und sich dort mit Seuchen ansteckte. Jene wurden natürlich beim Fischessen auf den Menschen übertragen. Meine Familie und ich schienen gegen Seuchen immun zu sein. Aus Überzeugung kaufte ich jetzt erst recht Fisch, weil sich diese Art der Unterstützung sinnvoller anfühlte, als wenn ich die Betroffenen mit Geld bewarf.
    Was wir dann trotzdem taten, weil wir einfach nicht soviel Fisch essen konnten, wie Geld benötigt wurde.
    Während wir Nachbarschaftshilfe leisteten, leistete Sri Lankas Bürokratie Unmögliches und wies alle Touristen wieder ab, denen Tsunami bis auf Badeschlappen und Badehosen alles genommen hatte – auch Ausweis und Flugticket.
    Und ohne Ausweis und Flugticket kam man nicht in das Flughafengebäude hinein und folglich auch nicht ins Flugzeug nach Hause.
    „Very sorry!“
    Die von den Engländern zurückgelassene Bürokratie hatte bereits jedem, der sich mit dem sri-lankischen Alltag herumschlug, mindestens einen Knüppel vor die Füße geworfen. Sri Lanka war überfordert. Niemand war auf eine Katastrophe wie den Tsunami vorbereitet und so schnell konnten keine Vorschriften erlassen werden konnten, die den Betroffenen schnelle und sinnvolle Hilfe brachte. Die Bürokratie am Flughafen konnte ich noch irgendwie nachvollziehen, aber was sich teilweise in den Hotels abspielte und mir über einige Quellen und aus erster Hand zu Ohren kam, überforderte allerdings mein Verständnis. Eine der an mich weitergeleiten Erzählungen habe ich hier in einem kleinen Dialog für die Leser festgehalten.
    Hauptakteur ist ein vom Tsunami betroffener Tourist, der am 27. Dezember seinen Schrecken in dem gebuchten Hotelzimmer in Kandy ausheilen will. Der Kunde betritt das Hotelfoyer und geht an die Rezeption, wo er von einem umwerfenden Lächeln begrüßt wird:
    „Ich würde gerne einchecken“, sagt er und fügt noch schnell hinzu: „Ich habe gebucht!“
    „Ja gerne! Ihren Ausweis und ihre Buchung bitte“, sagt die freundliche Dame am Schalter und strahlt den aufgewühlten Herrn an.
    „Tut mir leid, ich besitze weder noch“, erwidert der Mann erschrocken.
    „Oh“, lächelt die Dame und tippt etwas in ihren Computer, „wir haben noch ein Zimmer frei. Sie müssten aber im voraus bezahlen!“ Sie nennt einen Preis, der sich in den wenigen Wochen seit seiner Buchung kurzerhand verdoppelt hat.
    „Ich habe aber leider auch kein Geld“, schwitzt der Mann.
    „Oh“, lächelt die Dame immer noch allerliebst. „Dann kann ich ihnen leider nicht weiterhelfen!“
    Und da endlich regt sich der Herr auf und schleudert die in den letzten Stunden gesammelte Verzweiflung gegen die Dame mit dem unterdessen nicht mehr auszuhaltenden Lächeln.
    „Erst“, schreit er, „habe ich nur mit viel Glück den Tsunami überlebt und jetzt kann ich mein bezahltes Hotelzimmer nicht beziehen! Ich will jetzt sofort den Manager sprechen.“
    Die Dame verschwindet. Als sie zurückkommt, sitzt ihr Lächeln immer noch makellos auf ihrem Gesicht.
    „Er kommt gleich, einen Augenblick bitte.“
    Der Augenblick dauert singhalesisch lange.
    „Ich möchte jetzt bitte mein Zimmer“, seufzt der Mann erschöpft, als der Manager endlich vor

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