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In einer anderen Welt (German Edition)

In einer anderen Welt (German Edition)

Titel: In einer anderen Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Walton
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dasselbe Problem. Weil ich viel schreibe und fast immer rückwärts, verbrauche ich haufenweise Federn. Sie hatten welche, und ich habe eine gekauft, aber was noch viel besser war: Neben der Schreibwarenabteilung war auch eine Buchhandlung.
    Ich wusste schon, dass in manchen Kaufhäusern auch Bücher verkauft werden, zum Beispiel bei Harrods. Meine Ausgabe von Der Herr der Ringe in drei wunderschönen Bänden mit den Anhängen stammt von dort, Tantchen Teg hat sie mir von einem Ausflug nach London mitgebracht. Aber Howells und David Morgans in Cardiff führen keine Bücher – wahrscheinlich, weil sie es mit Lears nicht aufnehmen können –, und ich hatte nicht erwartet, dass es bei Owen Owens welche gibt. Aber wie schön, ich hatte mich geirrt! Und zu meiner völligen Überraschung lag da ein neuer Heinlein: Die Zahl des Tiers , ein Taschenbuch von NEL, im Januar 1980 erschienen! Ich habe es sofort gekauft und musste dafür nicht mal meinen Notgroschen anbrechen.
    Fast hätte ich es schon im Zug angefangen, aber ich war brav und habe nicht nur Charisma zu Ende gelesen, sondern auch Tore in der Wüste angefangen. Was für ein tolles Gefühl, einen fetten neuen Heinlein zu haben, auf den ich mich freuen kann! Als hätte ich einen Preis gewonnen. Es ist supertoll, hier zu sitzen und zu wissen, dass das Buch auf mich wartet.

Freitag, 1. Februar 1980
    Ein neuer Monat!
    Miss Thackerly hat Deirdre und mir einen scharfen Verweis erteilt, weil wir in Mathe geschummelt haben. Wir haben beide dieselben Fehler gemacht. Sie hat uns nach dem Unterricht dabehalten und gesagt, sie würde uns dieses Mal noch nicht melden und auch nicht fragen, wer bei wem abgeschrieben hat, aber wenn sie uns noch einmal erwischt, droht uns ein Schulausschluss. Ich hatte ja keine Ahnung, dass das so schwerwiegend ist. Schüler schreiben andauernd voneinander ab. Deirdre bekommt immer meine Lateinhausaufgaben, und Claudines Französischhausaufgaben kursieren in der ganzen Klasse. Offenbar kommt es darauf an, sich nicht erwischen zu lassen. Ich habe Miss Thackerly versprochen, dass wir so etwas nicht wieder tun würden – Deirdre war den Tränen nahe und brachte kein Wort heraus. Für mich wäre es unangenehm, von der Schule zu fliegen, aber für sie würde es das Ende der Welt bedeuten.
    Von Daniel kam ein Brief, wieder mit einem Fünfer. Ich werde ihm schreiben, dass ich Die Zahl des Tiers gekauft habe. Das Buch fängt gut an.

Samstag, 2. Februar 1980
    Fast tat es mir leid, dass in der Bibliothek ein so großer Stapel auf mich wartete, obwohl das natürlich alles Bücher waren, die ich bestellt hatte. Greg war da und hat meinen Ausweis abgestempelt.
    »Es gibt einen neuen Heinlein«, erzählte ich ihm.
    » Die Zahl des Tiers «, erwiderte er und nickte. »Das steht ganz oben auf meiner Liste der Bücher, die ich im April bestellen möchte.«
    »Es ist ungerecht, dass Bibliotheken ein beschränktes Budget haben«, sagte ich.
    Er zuckte mit den Achseln und nahm die Bücher von der Dame hinter mir entgegen. Aber ich habe trotzdem recht. Die Regierung könnte, anstatt genügend Atombomben zu bauen, um alle Russen auf der Welt umzubringen, das Geld den Bibliotheken geben. Was bringt eine unabhängige nukleare Abschreckung Großbritannien im Vergleich mit gut ausgestatteten Bibliotheken? Irgendjemand hat da die falschen Prioritäten. Eigentlich bin ich kein Kommunist, ganz egal, wie sie mich nennen, aber ich glaube, es wäre aufschlussreich, sich die Budgets der Bibliotheken in der Sowjetunion anzuschauen.
    Als ich den Hügel hinabschlenderte, schien eine irgendwie wässrige Sonne. Ich dachte, ich käme zu früh zu unserem Treffen, aber Wim saß bereits an einem Fenstertisch, trank Kaffee und aß ein getoastetes Rosinenbrötchen. Er wirkt immer so entspannt und selbstsicher. Wie macht er das nur? Heute trug er einen blauen Rollkragenpullover, der nur eine Nuance dunkler ist als seine Augen. Mir war nur allzu bewusst, dass ich, natürlich, wie immer, meine Schuluniform anhatte. Er sah aus wie ein Student, wie ein Erwachsener, worum ich ihn furchtbar beneide. Und ich? Ich hatte einen bescheuerten Rock an und einen bescheuerten Hut auf dem Kopf. Bestimmt sah ich aus wie zwölf. Ich bestellte und bezahlte einen Tee und ein Honigbrötchen, wie immer. Ich muss zugeben, dass ich kurz darüber nachdachte, etwas Raffinierteres zu bestellen, aber ich widerstand der Versuchung.
    »Ich bin überrascht, dass du gekommen bist«, sagte er, als ich mich neben ihn

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