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In einer anderen Welt (German Edition)

In einer anderen Welt (German Edition)

Titel: In einer anderen Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Walton
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magst mich doch irgendwie, oder?«
    »Okay«, sagte ich vorsichtig und blieb sitzen. Er stand über mir wie ein Turm, aber ich wollte mich jetzt nicht hochquälen.
    »Ich mag dich irgendwie auch«, sagte er.
    Für einen Augenblick war ich völlig glücklich, und dann fiel mir wieder ein, dass ich Magie gewirkt und eine Karass geschaffen hatte. Ich hatte geschummelt. Ich hatte nachgeholfen, dass das alles passierte. Eigentlich mochte er mich gar nicht, na ja, vielleicht doch, aber er mochte mich, weil ihm die Magie das nahegelegt hatte. Was nicht hieß, dass er selbst nicht ehrlich davon überzeugt war, dass er mich mochte, aber es machte alles viel komplizierter.
    »Los, komm«, sagte ich, mühte mich auf die Beine und zog meine Jacke an. Wim schlüpfte in einen schmuddeligen braunen Dufflecoat und ging hinaus. Ich folgte ihm, und gemeinsam blieben wir auf dem Gehweg stehen.
    In dem Moment kam eine Inderin mit einem Baby in einem Kinderwagen aus der Buchhandlung. Sie trug ein Kopftuch, und ich musste an Nasreen denken und fragte mich, wie sie wohl klarkam. Wir warteten, bis die Frau vorbeigelaufen war, und überquerten dann die Straße zu dem Teich mit den Enten.
    »Du möchtest nicht darüber reden?«, fragte Wim.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, erwiderte ich. Von der Karass-Magie wollte ich ihm nichts erzählen, und ich wusste nicht mehr, was ethisch vertretbar war, wenn ich ihn aus Versehen verhext hatte. Das war alles ein klein wenig aufregend und ein klein wenig beängstigend, und ich hatte das Gefühl, als wäre die Schwerkraft nicht mehr ganz so stark wie sonst oder als hätte jemand den Sauerstoffgehalt der Luft gesenkt.
    »Ich habe noch nie erlebt, dass es dir die Sprache verschlägt«, sagte er.
    »Das haben nur wenige Menschen«, erwiderte ich.
    Er lachte und folgte mir in den Wald. »Diese Sache mit der Magie – das denkst du dir doch nicht nur aus, oder?«
    »Warum sollte ich das? Ich habe wirklich einen Eid abgelegt, nur noch Magie zu wirken, wenn jemand in Gefahr ist, denn es ist viel zu schwer, die Konsequenzen vorauszusehen. Und es ist auch schwer, Magie zu beweisen, weil man immer behaupten kann, etwas wäre aus anderen Gründen passiert. Und was die, äh, die Elfen angeht« – ich wollte nicht Feen sagen, das klang so kindisch –, »nicht jeder kann sie sehen, und auch nicht immer. Erst muss man an sie glauben.«
    »Kannst du mir nicht ein Amulett geben oder so was, damit ich sie sehen kann? Oder mir ihre Namen beibringen? Ich bin nicht so dumm wie Thomas Covenant, weißt du.«
    »Ein Amulett ist eine gute Idee.« Ich reichte ihm den Stein, den ich in der Tasche mit mir herumtrug, und er rieb nachdenklich mit den Fingern darüber. »Das hilft wahrscheinlich.« Er würde deswegen nicht unbedingt Feen sehen, denn ich hatte nur einen allgemeinen Schutzzauber hineingewirkt und einen speziellen gegen meine Mutter, aber wenn er es glaubte, konnte das nicht schaden. »Die Covenant-Romane habe ich nicht gelesen. Ich habe sie gesehen, aber auf dem Umschlag wurden sie mit Tolkien verglichen, und da ist mir die Lust vergangen.«
    »Der Autor kann nichts dafür, wenn der Verlag so was auf seine Bücher schreibt«, sagte Wim. »Thomas Covenant ist ein Leprakranker, der in einer Fantasywelt herumrennt, Trübsal bläst und einfach nicht glauben will, dass irgendwas davon real ist. Dabei würden die meisten Leute ihren rechten Arm dafür geben, um mit ihm zu tauschen.«
    »Wenn die Geschichte von einem schwermütigen Leprakranken erzählt wird, dann bin ich froh, dass ich das nicht gelesen habe!«
    Er lachte. »Da kommen ein paar tolle Riesen drin vor. Und es ist eine Fantasywelt, es sei denn, er ist verrückt, was er selbst glaubt, und es wird auch offengelassen.«
    Inzwischen befanden wir uns schon ziemlich tief im Wald. Harriet hatte recht, es war matschig. In den Bäumen saßen ein paar Feen. »Ich weiß nicht, ob du etwas sehen kannst, aber halt den Stein gut fest und schau dort hoch«, sagte ich und deutete nach oben.
    Wim drehte ganz langsam den Kopf. Die Feen verschwanden. »Für einen Moment dachte ich, ich hätte etwas gesehen«, sagte er leise. »Habe ich sie verscheucht?«
    »Die Elfen hier in der Gegend sind sehr ängstlich. Sie reden nicht mit mir. In Südwales, wo ich herkomme, gibt es ein paar, die ich recht gut kenne.«
    »Wo trifft man sie denn am ehesten an? Leben sie in den Bäumen, wie in Lórien?« Sein Blick huschte hin und her, aber die Feen, die zwischen den Zweigen

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