In einer anderen Welt (German Edition)
setzte. Seine Lippen waren ganz fettig von der Butter des Rosinenbrötchens. Ich hätte sie ihm nur zu gerne abgewischt. Wenn ich schon dabei bin aufzuzählen, was ich gerne getan hätte – ich hätte auch gerne seinen Pullover angefasst, um zu sehen, ob er so weich war, wie er aussah. Ein solches Verlangen muss ich nur selten unterdrücken.
»Ich habe gesagt, dass ich komme«, erwiderte ich.
»Ich dachte, Greg hätte dir alles über mich erzählt.«
»Deshalb hast du es also getan! Daraus bin ich einfach nicht schlau geworden.« Die Worte rutschten mir heraus, bevor ich darüber nachdenken konnte, ob es eine gute Idee war, das zu sagen.
»Du hast das schon gewusst?«, fragte er. »Über Ruthie und so weiter?«
»Janine hat mir schon vor einer ganzen Weile davon erzählt, und Hugh auch, allerdings etwas verständnisvoller.« Die Kellnerin kam mit meinem Tee und meinem Brötchen.
»Hugh ist in Ordnung«, sagte er und wischte sich mit der Serviette über die Lippen. »Janine hasst mich.«
»Greg hat mir ebenfalls davon erzählt, wenn auch eher vage.«
»Das ist das Problem an einem Ort wie diesem. Alle wissen alles über jeden, oder glauben es wenigstens. Ich kann es gar nicht erwarten, von hier wegzukommen. Und das alles hier zu vergessen.« Er starrte zum Fenster hinaus und rührte seinen Kaffee um.
»Wann ist es denn so weit?«, fragte ich.
»Nicht bevor ich meinen Abschluss gemacht habe. Nächstes Jahr im Juni. Dann bekomme ich ein Stipendium und gehe auf die Uni.«
»Was sind denn deine Hauptfächer?«, fragte ich. Ich wollte mein Honigbrötchen essen, aber ich wollte auch nicht mit vollem Mund reden. Also biss ich immer nur ganz wenig davon ab.
»Physik, Chemie und Geschichte. Du glaubst ja gar nicht, was für ein Theater das war. Es ist lächerlich, nur drei Fächer belegen zu dürfen und dann auch noch Geistes- und Naturwissenschaften zu trennen.«
»Ich habe sie gezwungen, den ganzen Stundenplan umzustellen, damit ich Chemie und Französisch nehmen kann. Der Französischunterricht findet immer dann statt, wenn eigentlich Mittagessenszeit ist, und die Lehrerin entschuldigt sich jedes Mal dafür, dass ich allen solche Ungelegenheiten bereite.«
Wim nickte. »Das muss eine beeindruckende Auseinandersetzung gewesen sein.«
»Ich konnte sie nicht dazu bringen, mit Biologie dasselbe zu machen. Und Daniel, mein Vater, hat mich unterstützt. Na ja, schließlich zahlt er ja auch dafür.«
»Meinen Eltern ist das scheißegal.«
»Ich wünschte, wir hätten dasselbe Bildungssystem wie in Tore in der Wüste . Ach ja, hier hast du es wieder.« Ich zog das Buch unter dem Stapel aus der Bibliothek hervor und gab es ihm zurück. Er hielt es einen Moment in der Hand, bevor er es in seine Jackentasche steckte. Im Vergleich zu seinem blauen Pulli sah es ziemlich lila aus. »Wusstest du, dass es einen neuen Heinlein gibt? Die Zahl des Tiers . Und er hat die Idee von dem Bildungssystem übernommen, in dem man dann seinen Abschluss macht, wenn man in allem genügend Punkte hat, und wenn man will, kann man bis in alle Ewigkeit irgendwelche Kurse belegen, aber Zelazny wird nirgendwo erwähnt.«
Wim lachte. »So läuft das in Amerika schon lange«, sagte er.
»Wirklich?« Ich hatte den Mund voll, aber das war mir egal. Mir war es peinlich, dass ich so dumm gewesen war, aber ich war auch begeistert, dass es das wirklich gab. »Ich möchte dort auf die Universität gehen!«
»Das kannst du dir nicht leisten. Na ja, du vielleicht schon, aber ich nie im Leben. Es kostet jedes Jahr Tausende von Dollar, jedes Semester . Da muss man reich sein. Das ist der Nachteil. Wenn du genial bist, kannst du ein Stipendium bekommen, aber sonst wird alles mit Darlehen finanziert. Und wer würde mir schon was leihen?«
»Jeder«, sagte ich. »Oder wenn es das wirklich gibt, dann haben sie hier vielleicht Universitäten, wo das so läuft und die nichts kosten.«
»Das glaube ich nicht.«
»Stell dir das doch vor – von jedem etwas zu studieren, was dich eben interessiert.«
Eine ganze Weile saßen wir schweigend da und ließen unsere Phantasie schweifen. »Wie kommt es, dass du Heinlein liest?«, fragte Wim. »Ich hätte nicht erwartet, dass er dir gefällt. Er ist ein solcher Faschist.«
»Ein Faschist?«, stotterte ich. »Heinlein? Was redest du da?«
»Seine Bücher sind doch gnadenlos autoritär. Na ja, seine Kinderbücher sind okay, aber schau dir doch mal Sternenkrieger an.«
»Und was ist mit Der Mond ist eine herbe
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