In einer Familie
verstummt! Und doch, so schlicht und
gegeben solch Glück als Wirkung der Ursache er-
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scheint, daß zwei Menschen, die an ihre Zusammen-
gehörigkeit glauben gelernt haben, sich hierüber
verständigten: wie viele der verschiedensten Emp-
findungen, Gedanken, Wünsche, Hoffnungen, viel-
leicht mit einem frohen Aufatmen, vielleicht im Ge-
genteil mit einer unbestimmten Beklommenheit ver-
bunden, wirken zusammen, solch eine scheinbar
durchsichtig einfache Stimmung hervorzubringen!
So konnten auch hier das junge Paar wie der Vater in
ihren Erwägungen und ihren Gefühlen sehr ver-
schieden gestimmt sein, während ihre Mienen das
gleiche, schlichte, unzusammengesetzte Glück ver-
kündigten.
Anna Grubeck wußte von ihrem neuen Verlob-
ten im Grunde nicht viel neben dem, was sie selbst
in dieser Zeit täglichen Verkehrs an ihm wahrge-
nommen. Er war wohlhabend, wenn nicht reich,
und jedenfalls im stande, ihr eine unabhängige Stel-
lung zu geben. Sie war zu sehr gewohnt, alles mit
praktischen Blicken anzusehen, um dies nicht anzu-
erkennen, auch jetzt, wo ihre Empfindung lauter zu
sprechen bemüht war als jede Überlegung. Denn sie
liebte ihn und wußte dabei, daß das Gefühl einer
gewissen Überlegenheit, welches ihr Verkehr mit
ihm sie gelehrt hatte, nicht den unbedeutendsten
Anteil daran hatte, wenn sie sich zu ihm hingezo-
gen fühlte. Die Art ihrer Überlegenheit war ihr un-
bekannt geblieben, ebenso wie sie die Ursache sei-
nes Hanges, sich ihr in jeder Frage mit Ehrerbie-
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tung und mit einer merklichen Genugthuung un-
terzuordnen, nicht zu deuten wußte. Nur hatte ihr
der weibliche Instinkt alsbald verraten, daß etwas
anderes als einfache Ritterlichkeit in seinem Betra-
gen zu suchen sei.
Bei ihrem Vater herrschte die Freude über die
nahe Aussicht vor, den unhaltbaren Zuständen in
seiner Familie ein Ende gemacht zu sehen. Zu allem
Unglück, welches seine zweite Ehe herbeigeführt,
hatte sie begonnen, seine Tochter zu isolieren. Es
war gut, daß diese dem Kreise der Frau, mit der ein
Zusammenleben auf die Dauer für sie nicht denkbar
war, schon jetzt entrückt werden sollte. Mit dem
Schwiegersohn war der Major einverstanden. Sein
Alter wie seine pekuniäre Freiheit sagten ihm zu,
auch war er ein liebenswürdiger und korrekter
Mann.
Anders empfand der junge Mann selbst, durch
dessen Annäherung an eine Familie so mannigfache
Veränderungen hervorgerufen werden sollten.
In dem Augenblick, da Wel kamp an der Tafel des
Kurhauses ein Gespräch mit seiner stillen und ern-
sten Nachbarin angeknüpft, hatte er erkannt, daß ein
Verkehr mit ihr im stande sein könnte, ihn aus dem
Zwange zu befreien, in dem ihn eine lange Vergan-
genheit und am unerträglichsten eine letzte Erfah-
rung hielt.
Denn die Erinnerung an das Berliner Abenteuer,
dem er sich kaum entrissen, hatte ihn hierher ins Ge-
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birge verfolgt. Es war ihm gewesen, als hafte an sei-
nen Händen noch immer der entnervende Duft die-
ses Frauenhaares, in das er sich eingekrallt, wenn
zwischen ihm und ihr der Kampf tobte, den diese
ganze seltsame Liebe bedeutet hatte. Auch hatte er
unaufhörlich das schrille Lachen des Mädchens zu
hören gemeint, wie sie ihm zum Abschied nachrief:
»Geh doch! Du kommst ja doch wieder!« Und wie
vielmal war er im Begriff gewesen, zu packen, um die
Fesseln wieder auf sich zu nehmen, die er nicht mehr
entbehren konnte.
Ursprünglich war es eine unbeabsichtigte, flüch-
tige Begegnung. Das Mädchen war ihm gleich an-
fangs unsympathisch gewesen und sie war es immer
geblieben. Aber wie sie ihn am ersten Abend durch
eine eigentümliche Frechheit und Sorglosigkeit zu
gefallen, zugleich reizte und abstieß, in eben solcher
Weise hatte sich das Verhältnis zwischen ihnen fort-
gesetzt. Stets unleidlicher war es ihm geworden, und
stets unmöglicher war ihm gleichwohl ein Bruch er-
schienen. Der kurze Aufenthalt in Berlin, den er be-
absichtigt, war zu mehr als einem halben Jahre ver-
längert, als es die Szene zwischen ihnen gab, die er
sich nie zugetraut hätte. Er hatte sich auf ihm selbst
unbegreifliche Weise eine augenblickliche Überle-
genheit abgerungen, aber wer war der eigentliche
Sieger? Er mußte auf seiner Flucht und später noch
ihre Schönheit vor Augen sehen, die ihm nie so tri-
umphierend und dabei so niedrig erschienen war wie
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zuletzt, als sie ihm nachrief: »Geh doch! Du
kommst ja doch wieder!«
Jener Tag, als er mit
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