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In einer heißen Sommernacht

In einer heißen Sommernacht

Titel: In einer heißen Sommernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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bewegte nachdenklich eine Schachfigur. » Wenn ich es nicht besser wüsste«, erwiderte er bedächtig, » könnte ich auf die Idee kommen, Sie versuchen mich mit diesem ganzen Gerede über das Wetter abzulenken.«
    » Erwischt«, sagte der ältere Mann und kicherte. » Ich versuche nur, meinen Titel und meine Würde zu verteidigen. Sie werden mit jedem Spiel besser.«
    » Aber Sie sind mir immer noch überlegen.«
    » Nicht mehr lange, schätze ich.«
    Mr Rainwater schenkte ihm ein Lächeln, aber Ella ertappte ihn dabei, dass sein Blick kurz zu Solly wanderte, der in sein Spiel mit den Holzspulen vertieft war. Während der letzten halben Stunde war ihr aufgefallen, dass Mr Rainwater gleich viel Zeit dafür aufwendete, Solly zu studieren wie das Schachbrett. Solly spielte leise, aber plötzlich kam sie auf den Gedanken, dass er vielleicht eine Ablenkung war, die ihre Gäste davon abhielt, ihr Spiel ungestört zu genießen.
    Hastig schnitt sie den Faden ab, mit dem sie gerade einen Knopf an einem von Sollys Hemden angenäht hatte. Sie verstaute ihren Fingerhut, den Faden und die Schere im Nähkorb. Die Nadel steckte sie sorgfältig in ein Stück weiße Pappe und ließ es in eine Innentasche des Nähkorbs gleiten.
    Mr Rainwater, der auf sie aufmerksam wurde, fragte: » Sind Sie fertig?«
    » Für heute Abend schon.«
    Mr Hastings wandte sich in seinem Sessel um. » Verlassen Sie uns schon, Mrs Barron? Ich fand Ihre Gesellschaft sehr angenehm.«
    Sie lächelte matt aber dankbar für die charmante Lüge. » Es ist Zeit, dass ich Solly ins Bett bringe.«
    Sie bückte sich, um die Garnspulen aufzusammeln, mit denen ihr Sohn gespielt hatte. Er protestierte, als sie ihm eine aus der Hand nahm und in den Korb fallen ließ. » Schlafenszeit, Solly«, sagte sie und betete im Stillen, dass er folgte, ohne eine Szene zu veranstalten.
    Ihr Gebet war umsonst.
    Solly winselte in dem hohen Ton los, der signalisierte, dass er Not litt. Er hob die Hände und begann, sich auf die Ohren zu schlagen, während sein Geheul sich zu einem hysterischen Kreischen steigerte.
    Ella ließ ihren Nähkorb auf dem Boden neben dem Stuhl stehen, hob Solly hoch und schlang die Arme fest um ihn, um ihn daran zu hindern, dass er sie mit seinen fuchtelnden Händen und kickenden Füßen traf.
    » Bitte verzeihen Sie die Störung, meine Herren. Gute Nacht.«
    Mit Solly im Arm rannte sie praktisch aus dem Raum. Als sie an der Treppe vorbeikam, beugte sich eine Erscheinung in einem dünnen Morgenmantel und einem Haarnetz über das Geländer und rief herunter: » Ist alles in Ordnung?«
    » Ja, Miss Pearl. Gute Nacht.«
    Ella eilte in ihr Schlafzimmer und ließ sich von innen gegen die Tür fallen, um sie rasch zu schließen, in der Hoffnung, das massive Eichenholz würde die schrecklichen Laute schlucken, den ihr kleiner Junge ausstieß. Sie presste ihn an sich und versuchte, ihn zu beruhigen, indem sie ihm eine ganze Litanei von tröstenden Worten ins Ohr flüsterte, obwohl sie wusste, dass es nutzlos war. Solly wurde von Dämonen gequält, gegen die sie machtlos war. Für sie und die anderen waren seine Anfälle eine Belästigung. Für ihn waren sie die reinste Qual, deren Ausmaß sie nicht einmal erahnen konnte. Sie konnte ihn vor seinem eigenen Geist nicht beschützen, vor einem unsichtbaren Feind, und das war ihr größter Kummer.
    Jedes Mal, wenn so etwas passierte, wuchs ihre Angst, dass sie nicht länger verhindern könnte, dass Solly in eine Anstalt eingewiesen wurde. Was, wenn Mr Rainwater Doktor Kincaid von dieser Episode berichtete? Was, wenn der Arzt auf eigene Faust die Behörden über die Gefahr verständigte, die von Sollys Anfällen ausging?
    Abgesehen davon lief sie Gefahr, ihre Gäste zu verlieren, wenn das so weiterging. So liebenswürdig diese auch waren, konnte ihre Toleranz gegenüber diesen Ausbrüchen nicht unbegrenzt sein. Es waren harte Zeiten, das Geld war knapp, und es zählte jeder Penny. Ella konnte es sich nicht leisten, gute Dauergäste wie die alten Schwestern oder Mr Hastings zu verlieren, vor allem da Mr Rainwaters Aufenthalt nur vorübergehend war.
    Nachdem sich ihr Puls beruhigt hatte, trug sie Solly in das kleine Zimmer, in dem er schlief. Sie schloss die Tür, was den Raum noch heißer und stickiger machte, als er bereits war, aber sie musste so lange geschlossen bleiben, bis es Ella gelungen war, ihn zu beruhigen.
    Doch sie konnte anstellen, was sie wollte, Solly schlug weiter mit den Händen um sich und kreischte

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