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In einer heißen Sommernacht

In einer heißen Sommernacht

Titel: In einer heißen Sommernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Schweinekotelettes auf dem Herd schmorten und Ella gerade letzte Hand an den Bananenpudding gelegt hatte, wurde ihr plötzlich bewusst, dass Solly nicht mehr bei ihr war.
    » Solly!« Sie stürmte aus der Küche und rannte durch den Hausflur zur Vordertür, durch die er schon einmal entwischt war.
    » Hier drinnen.«
    Ella wandte sich abrupt um und ging ein paar Schritte zurück, bevor sie in dem Rundbogen stehen blieb, der in den hinteren Salon führte. Mr Rainwater saß auf dem Boden. Vor ihm lag ein Satz Dominosteine verstreut. Solly hockte neben ihm und beobachtete genau, wie Mr Rainwater einen Dominostein nahm und ihn sehr akkurat neben einen anderen stellte.
    » Was–«
    » Schsch. Es ist alles okay. Schauen Sie zu.«
    Normalerweise hätte Ella sich geärgert, weil ihr der Mund verboten wurde, aber sie war so fasziniert von Sollys Konzentration, dass sie den Raum betrat und sich auf die nächste Stuhlkante sinken ließ.
    Mr Rainwater fuhr fort, die Dominosteine in eine Reihe zu stellen, die sich über den Hartholzboden schlängelte. Sollys Augen folgten jeder Bewegung seiner Hände.
    » Ich habe gestern Abend beobachtet, wie er mit den Spulen spielte. Er hat sie übereinander gestellt, in perfekter Übereinstimmung.« Obwohl Mr Rainwater mit Ella sprach, sah er sie nicht an. Er konzentrierte sich genauso intensiv auf die Dominosteine wie Solly. » Als ich das gesehen habe, kam mir diese Idee.«
    Um einen falschen Eindruck zu vermeiden, sagte Ella in ruhigem Ton: » Er macht das auch mit anderen Dingen, Mr Rainwater. Mit Zahnstochern. Knöpfen. Kronkorken. Mit allem, was dieselbe Form hat.«
    Statt seine Begeisterung zu dämpfen, wie sie erwartet hatte, schien ihre Bemerkung seinen Optimismus zu beflügeln. » Wirklich?« Lächelnd fuhr er fort, die Dominosteine zu platzieren. Solly war immer noch intensiv auf sein Tun fixiert. Er schien nicht zu bemerken, dass sein Knie das von Mr Rainwater berührte.
    Als alle Dominosteine in einer Reihe standen, lehnte Mr Rainwater sich zurück und saß regungslos da.
    Solly starrte gut eine Minute lang auf die Dominoreihe, bevor er den Zeigefinger ausstreckte und den letzten Stein leicht anstupste. Er begann zu wackeln und löste eine Kettenreaktion aus, bis alle Steine umgefallen waren.
    Ella stand auf. » Danke, dass Sie auf ihn aufgepasst haben.«
    Mr Rainwater hob die Hand. » Warten Sie.« Er beugte sich vor und begann, mit langsamen Bewegungen die Dominosteine umzudrehen, sodass die Punkte verdeckt waren. Dann mischte er die Steine, als würde er ein neues Spiel beginnen. Nachdem sie ausgebreitet dalagen, lehnte er sich wieder zurück. » Du bist dran, Solly.«
    Der Junge saß da und starrte lange Zeit auf die Dominosteine, bevor er sich einen nahm und ihn aufstellte.
    Ella wusste, dass ihr Sohn nicht auf seinen Namen reagiert hatte, sondern auf seinen mysteriösen inneren Zwang, die Dominosteine aufzureihen. Diese Eigenschaft, sein Bedürfnis nach Einheitlichkeit und Ordnung, und seine gewalttätigen Ausbrüche, wenn diese besondere Ordnung durcheinandergebracht wurde, hatten ihr zuerst signalisiert, dass er anders war als andere Kinder. Normale Kinder ließen ihre Spielsachen wild herumliegen.
    » Er war nicht immer so wie heute.«
    Mr Rainwater schaute zu ihr hoch.
    » Er war ein völlig normales Baby«, fuhr sie fort. » Er hat pünktlich getrunken und durchgeschlafen. Er hat nur geschrien, wenn er nass, hungrig oder müde war. Sonst war er ein ausgeglichenes Kind. Er reagierte normal auf Stimmen und Geräusche. Er erkannte mich und seinen Vater, auch Margaret und die Gäste, die damals hier wohnten. Wir spielten Backe, backe Kuchen und das Guck-guck-Spiel. Er lachte viel. Mit neun Monaten fing er an zu krabbeln und konnte mit dreizehn Monaten laufen. Er entwickelte sich wie jedes andere Kleinkind. Sogar überdurchschnittlich gut, denke ich, weil er mit zwei Jahren schon trocken war, was früh ist, besonders für einen Jungen. So hat man mir gesagt.«
    Sie senkte den Blick, und ihr wurde bewusst, dass sie ihre Schürze mit beiden Händen umklammerte. Sie zwang sich, ihre Fäuste zu öffnen und loszulassen, dann glättete sie die Falten, die sie im Stoff hinterlassen hatte.
    » Aber in seinem dritten Lebensjahr, wenn die meisten Kinder ihre Selbständigkeit behaupten und ihre Persönlichkeit offenbaren, schien Solly– sich zurückzuziehen. Er reagierte nicht mehr auf unsere Versuche, mit ihm zu spielen. Wenn er sich auf irgendetwas konzentrierte, konnten wir ihn

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