In einer heißen Sommernacht
ohrenbetäubend. Letzten Endes ließ sie ihn kurz alleine, um in den Salon zurückzulaufen und den Nähkorb zu holen, während sie die besorgten und neugierigen Blicke der beiden Männer ignorierte. Als sie in Sollys Schlafzimmer zurückkehrte, drehte sie den Korb auf den Kopf und leerte ihn über seinem Bett aus.
Solly verstummte sofort. Er nahm zwei Garnspulen und platzierte sie sorgfältig auf den Boden neben seinem Bett, gerade so, dass sie den Pfosten nicht berührten. Dann legte er Stück für Stück die Nähsachen in den Korb zurück, die auf dem Bett verteilt lagen. Als er damit fertig war, stellte er den Korb auf den Boden, kletterte ins Bett, legte den Kopf auf das Kissen und schloss die Augen. Innerhalb von wenigen Sekunden war er eingeschlafen.
Ella ließ sich rückwärts gegen die Wand fallen und sank langsam daran herunter, bis sie auf dem Boden saß. Sie war nass geschwitzt und erschöpfter, als wäre sie den ganzen Weg nach Brownsville und wieder zurück gerannt.
Sie senkte den Kopf und zog die Nadeln aus ihren Haaren, um ihren Nacken von dem schweren Gewicht des Knotens zu befreien. Es war eine Erleichterung, wenn Solly still ruhte, doch für diese Empfindung schämte Ella sich sehr. Sie betrachtete das schlafende Gesicht ihres Sohnes, und ihr Herz zog sich vor Liebe und Mitgefühl zusammen. Sie würde es niemals erfahren, trotzdem fragte sie sich, ob der Schlaf vielleicht der einzige Zustand war, in dem Solly seinen Frieden fand.
Sie rutschte auf dem Hintern über den Boden zum Bett, wobei sie darauf achtete, die zwei Garnspulen nicht zu berühren, die Solly so sorgfältig aufgestellt hatte. Mehrere Minuten lang betrachtete sie ihn einfach mit dieser Mischung aus Liebe und Traurigkeit. Dann berührte sie sanft seine Hand, die auf der Tagesdecke ruhte. Mit den Fingerspitzen folgte sie dem zarten Netz der blauen Adern direkt unter seiner blassen Haut. Mit flüchtigen Berührungen strich sie über seine Wimpern und anschließend über sein Ohr.
Er zuckte weder zusammen, noch wich er ihrer Berührung aus. Er rührte sich nicht, abgesehen von dem kaum wahrnehmbaren Heben und Senken seiner mageren Brust. Dies waren Ellas kostbarste Momente im Leben, wenn sie den Luxus genießen konnte, ihr Kind zu berühren, ohne zurückgewiesen zu werden. In den Stunden, während alle im Haus schliefen, saß sie oft in seinem winzigen Zimmer, dessen Fenster vergittert war, damit er nicht ausbüxen konnte. Sie verbrachte viele Nächte damit, Solly zu streicheln und sich auszumalen, dass er sie eines Tages mit einem Blick, der Erkennen und erwiderte Liebe ausdrückte, anlächeln würde.
Es war eine alberne Hoffnung. Das hatten ihr bereits viele gesagt. Aber sie klammerte sich trotzdem daran. Würde sie jemals davon loslassen, fürchtete sie, in einen Abgrund der Verzweiflung zu stürzen, aus dem es kein Entrinnen gab.
Ein einziger Donnerschlag kündigte den Regen an. Es begann nicht mit einzelnen Tropfen, die immer stärker herunterfielen. Vielmehr setzte der Regen ganz plötzlich und heftig ein. Es war ein richtiger Wolkenbruch.
Ella war mit einem Satz auf den Beinen. Sie schnappte sich ihren Morgenmantel und steckte die Arme durch die Ärmel, während sie bereits aus dem Zimmer lief. Der Hausflur war dunkel, aber Blitze erhellten das Haus, während Ella zum vorderen Salon eilte.
Als sie den Raum betrat, wurde sie kurz von einem Blitz geblendet. Vorsichtig tastete sie sich zur Westseite vor, wo die großen Fenster offen standen. Der Regen hatte die Fenstersimse bereits überschwemmt. Unter ihren nackten Füßen spürte sie, dass der Boden nass und rutschig war. Rasch schloss sie das Eckfenster und eilte zum nächsten.
Sie ging die ganze Fensterreihe entlang und sperrte den prasselnden Regen aus. Gezackte Blitze rissen Furchen in den schwarzen Himmel. Die Baumkronen schwankten im Sturm. Fremde Wäsche, die von einer Leine gerissen worden war, flatterte die Straße entlang, leere Hosen und Hemden, die wie Zirkusartisten durcheinander wirbelten.
Nachdem das letzte Fenster geschlossen war, verließ Ella den Salon und ging zur Vordertür. Sie war auf der Südseite des Hauses und durch den Vorbau der Etage darüber geschützt, aber der Regen peitschte über die Veranda und drang durch das Fliegengitter. Der Wind blies so stark, dass Ella den Widerstand spürte, als sie die stabile Tür zudrückte. Sie legte den Riegel vor, um sie zu sichern, und lehnte sich einen Moment dagegen, bevor sie sich umwandte.
Er stand auf
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