In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
es gab einen dieser ›Zwischenfälle‹.« Wyngate zählte an den Fingern auf. »Der den Medien berichtet wird, aber nicht der Polizei. Als die Polizei ermitteln will, zieht Marita alles zurück und sagt, es sei eigentlich gar nichts passiert. Und es ist nie Marita selbst, die darüber informiert. Allerdings findet man es überall auf den Klatschseiten. Immer aus ›gut informierten Kreisen‹ oder ›von jemandem im Umfeld der Familie des Stars‹.«
»Natürlich könnte das von Marita und ihrem Mann kommen oder von jemandem, dem sie vertrauen«, sagte Costello. »Es spielt keine Rolle, wie sicher das Grundstück ist, jemand verschafft sich Zutritt und klebt das Auto zu. Normalerweise öffnet Diane die Post, aber an dem Tag, als die Hundescheiße ankommt, macht Marita es selbst. O Schreck!«
»Ist das nun das Münchhausen-Syndrom?«, fragte sich Batten selbst, »oder doch die narzisstische Bitte um Bewunderung?«
»Nur eine verfluchte Sucht nach Aufmerksamkeit«, murmelte Costello. »Sie wickelt Männer um den kleinen Finger. Männer machen ihr Geschenke, Männer tun alles für sie. Wie sie selbst sagt, tun Männer das eben immer.« Sie war eine schlechte Schauspielerin.
»Na, einer offensichtlich nicht.«
»Und Itsys Heim war privat, und nach dem Tod der Mutter hat Marita dafür bezahlt. Es waren nicht die Behörden, die diese Entscheidung getroffen haben.«
»Sie meinen, Itsy wurde dorthin abgeschoben?«
»Ich finde keine weiteren Atteste oder Empfehlungen, aber bislang habe ich auch noch nicht alles gesichtet. Noch eins …« Wyngate war jetzt richtig in Schwung. »Maritas PR -Leute haben praktischerweise ihren ersten Mann vergessen, den sie mit sechzehn geheiratet hat. Er ist vielleicht auch nicht so erwähnenswert, denn er hat eine Vorstrafe wegen kleinerer Einbrüche. Als sie mit den Schönheitswettbewerben angefangen hat, gab sie sich als Single aus, und so wurde Ehemann Nummer eins fallen gelassen wie die sprichwörtliche heiße Kartoffel.«
»Er erinnerte sie zu sehr an ihre Herkunft?«
»Ihr zweiter Ehemann ist jetzt Automechaniker, und er hatte eine Menge zu erzählen, was ich noch tippen muss. Er sagte, sie habe sich sterilisieren lassen aus Karrieregründen. Ich wollte das erwähnen, wegen der …« Wyngate tätschelte seinen Bauch.
»Schwangerschaft?«, half Costello aus.
»Die Sache ist die: Ehemänner kommen und gehen. Aber eine Person begleitet Marita durch ihr ganzes Leben.« Wyngate holte ein Bild von Miss Caledonia aus dem Jahr 1990 inmitten eines Kreises von Badeanzugschönheiten hervor. Er tippte auf das Zahnweißgrinsen von Miss East Kilbride.
»Diane«, sagte Costello. »Natürlich. Die ›gut informierten Kreise‹.«
Costello, Browne und Wyngate hatten sich zum Lunch in den Pub Three Judges geschlichen, während Streifenbeamte nach Mr. Gillespie suchten, der sich plötzlich in Luft aufgelöst hatte. Anderson hatte Harry gebeten, bei der Suche zu helfen, vor allem damit er nicht ungestört mit Gillespie reden konnte. Es war drei Uhr, als Costello das Krankenhaus erreichte, wo Harry bereits wartete. Er war nervös und wütend. Eine Stunde hatte er mit Littlewood und Anderson im Vernehmungsraum verbracht und ihnen erzählt, was er über seinen Kollegen wusste.
»Ich weiß, Sie haben Ihre Gründe, aber er ist ein guter Mann. Was Sie gegen ihn vorbringen können, trifft sicherlich auch auf tausend andere Kerle zu.«
Gut oder nicht, die Streifenbeamten konnten Ronnie Gillespie nicht auftreiben.
Auf dem Krankenhausparkplatz entschied sich Costello, ganz indiskret den Zwischenfall mit Lambie und Jennifer genauer zu schildern.
»Ein Polizeibeamter wird beim Bumsen erwischt? Das ist nicht lustig«, sagte Harry mit gespielter Entrüstung. »Das ist einfach nur schreiend komisch.«
Sie lachten noch, als sie um die Ecke des Krankenhauskorridors gingen, wo man zur Intensivstation gelangte.
Eine Krankenschwester stand auf dem Gang und hielt ein Klemmbrett, und ein junger Arzt, der gestresst wirkte, lehnte an der Glasscheibe von Itsys Zimmer.
»Gehören Sie zur Familie?«, fragte der Arzt, dem das offensichtlich sehr lieb gewesen wäre.
Costello zog ihren Ausweis aus der Tasche.
»Polizei. Ist Marita Kennedy da?«
»Nein, nein, wir haben sie früh heute Morgen zuletzt gesehen«, meinte die Krankenschwester.
»Und Iain, Mr. Kennedy, ist er da?«
»Nein.« Sie sah auf die Uhr. »Er ist kurz vor ihr gegangen.«
»Gibt es ein Problem?«, erkundigte sich Costello, deren gute Laune
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