In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
für das Archiv mitgenommen. Flache Kästen für die Asservatenkammer, große Kartons für das Lager, Stapel zusammengeschnürter Aktenordner, Listen und Computerausdrucke lagen und standen überall auf dem Boden. Alles war voller Papier.
Die Beweiskette schloss sich so langsam. Sie zerlegten nun Harrys Wagen, nachdem sie verschiedene DNA -Spuren am Radschlüssel gefunden hatten, der aus dem Teich geborgen worden war. In seiner Wohnung hatten sie ein Telefon gefunden, dessen Nummer auf 666 endete, was den Kontakt zu Donna McVeigh und Stephen Whytes Mutter bestätigte. Das Klacken von Quinns Absätzen wurde begleitet vom leisen Ticken der Uhr. So klang es, wenn der Countdown eines Berufslebens lief.
Eigenartigerweise fühlte sie sich in dem verlassenen Raum nicht allein. In ihrem Kopf hatte sie alle vor Augen – wie sie telefonierten, den Hund streichelten, tippten, schwatzten, lachten. Ihr Dezernat. Ihr Team.
Das war einmal gewesen. DCI Rebecca Quinn von der Kriminalpolizei Partickhill war höflich, aber offiziell gebeten worden, sich zu trollen. Jetzt wollten die großen Jungen spielen. Sie sollte ihren Vertrag bis zum Ende erfüllen, aber wenn sie ihren Jahresurlaub nähme, könnte sie am nächsten Freitag schon aufhören, wenn sie wollte.
Zumindest hatte man ihr gesagt, das sei, was sie wolle.
Sie sah zur Wand wie ein General, der seine Truppen inspiziert. All die Frauen konnten nun heruntergenommen werden, ihre Fälle wurden zu den Akten gelegt. Einige Todesfälle von jungen Männern könnten vermutlich noch mit Harry Castiglia in Verbindung gebracht werden, doch das wäre nur noch ein Bonus, durch den ein paar offene Fragen geklärt würden.
Mulholland fühlte sich immer noch angeschlagen, nachdem er zweimal Prügel bezogen hatte, und er musste sich auf ein Disziplinarverfahren gefasst machen. Er hatte versucht, einiges gutzumachen, indem er Quinn über seine Gespräche mit Bobby und Marita Bericht erstattet hatte.
Andersons und Brownes Erklärung, wie sie Bobby mit der toten Marita in den Armen vorgefunden hatten, warf ähnliche Fragen auf. Was für eine Beziehung hatte zwischen den beiden bestanden? Quinn hatte pflichtgemäß Iain über alles in Kenntnis gesetzt und ihn um Ergänzungen gebeten.
»Was Marita und Bobby anging, so hatte ich da schon immer einen Verdacht. Was Sie auf ihrem Schal gefunden haben, bestätigt das nur. Marita hätte Bobby leicht verführen können. Sie hat sich immer nur Liebhaber gesucht, die sie kontrollieren konnte, und der arme Bobby war ziemlich leicht zu kontrollieren. Bis …«
»Bis er ausgerastet ist.«
Aber als man ihm erzählte, Bobby habe gesagt, Itsy sei seine »Buhle« gewesen, hatte Iain es nicht glauben können, und er wollte genau wissen, welche Fragen man ihm gestellt hatte. »Bobby hat ein schlichtes Gemüt. Buhle hat er vielleicht nicht richtig verstanden, womöglich war es für ihn nur ein anderes Wort für Freundin. Heutzutage würde man ja Freundin sagen. Und wenn er eine Buhle für eine Freundin gehalten hat, so wird er natürlich mit ja geantwortet haben auf die Frage, ob Itsy seine Buhle ist. Weil sie seine Freundin war. Allerdings nicht seine Freundin im Sinne einer sexuellen Partnerschaft. Es war eine unschuldige Beziehung. Alles andere wäre Tony nicht entgangen.«
Lange Zeit weigerte sich Kennedy zu glauben, dass seine Frau ihre eigene Schwester ermordet hatte, die Frau, die er liebte. Aber bei der Durchsuchung des weißen Lieferwagens war unter dem Fahrersitz ein Paar olivgrüner Vikunjawollhandschuhe ans Tageslicht gekommen. Die Fasern passten exakt zu denen an dem blutbefleckten Stein. Die Handschuhe gehörten Marita und waren von Itsys Blut steif geworden. Demnach konnte man Marita den Angriff auf ihre Schwester zweifelsfrei anlasten. Quinn nahm an, dass Marita das Haus nach dem Besuch von Mulholland verlassen hatte, da sie vermutete, man würde nun den Lieferwagen untersuchen. Sie war zu Bobby gegangen, weil sie ihn um Hilfe bitten wollte, die Handschuhe herauszuholen. Diese Entscheidung hatte sich für sie als tödlich erwiesen.
Quinn hatte außerdem erklärt, dass die Spurensicherung bei einer erneuten Untersuchung des Tatortes im Barochan Moss an einem der kleinen Baumstümpfe Blutspuren entdeckt habe. Nach sorgfältiger Analyse der Tatortfotos war ein Bericht auf ihrem Schreibtisch gelandet, demzufolge Itsy auf diesen Stumpf gestürzt war und sich die Verletzungen in Gesicht, Gebiss und Gaumen zugezogen hatte. Eins konnten die Fotos
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