In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
drückte.
»Die hübsche Marita bei der Krönung zur Miss Caledonia vor zwanzig Jahren. Und Sie und Wyngate bezeichnen es als Arbeit, sich so etwas anzugucken?«
»Werfen Sie mal einen genauen Blick drauf, Ma’am.«
»Nun, sie ist es ganz sicher. Sie sieht heute noch so aus.«
»Schauen Sie sich mal Miss East Kilbride an.«
Quinn kniff die Augen zusammen. »Diane, die Haushälterin oder persönliche Assistentin, wie sie sich nennt? Ganz sicher, das ist sie. Das würde ihr ständiges Grinsen erklären. Ich dachte, sie sei minderbemittelt.« Sie reichte das Foto zurück. »Sie sind also schon seit Jahren Freundinnen. Und weiter?«
»Wyngate hat die Berichte über das so genannte Stalking gelesen und ist die Zeitschriftenartikel durchgegangen. Die meisten Aussagen scheinen von ›gut informierten Kreisen‹ zu kommen.«
»Diane? Ungehörig, aber kein Verbrechen.«
»Doch die Vorfälle wurden an die Presse weitergegeben, bevor man sie bei der Polizei anzeigte.«
»Immer noch kein Verbrechen, Colin.«
»Kann Wyngate da noch ein wenig weitergraben, Ma’am? Ich habe da so ein ungutes Gefühl.«
»Weswegen?«
Er zuckte mit den Schultern. »Weiß nicht, es ist einfach nur ein ungutes Gefühl.«
Iain Kennedy war allein auf der Intensivstation, stand vor der Scheibe und lehnte den Kopf daran. »Sie zeichnet also den Aufruf auf. Sind Sie sicher, dass das klug ist?«, fragte er, ohne sich zu rühren. »Ich bin nicht sicher, ob es die richtige Entscheidung war, wenn sie sich in die Schusslinie bringt. Wir hatten in der Vergangenheit schon Probleme …«
»Mrs. Kennedy möchte es unbedingt machen. Dadurch hat sie das Gefühl, etwas Nützliches zu tun.« Costello setzte sich, schlug die Beine übereinander und legte den Knöchel auf das andere Knie, wobei sie heimlich auf die Uhr sah. Sie musste hier warten, bis der Streifenpolizist von oben wieder zurückkam, und der Mann ließ sich Zeit.
Kennedy sah, dass die Sohle ihres Stiefels fast durchgelaufen war. Diese Beamtin wirkte zerknittert und schmuddelig, und er fragte sich, wo die ältere elegantere Polizistin war. DCI Quinn. Das war eine Frau, die so aussah, als wüsste sie, was sie tat. Bei dieser hier kamen ihm eher Zweifel.
»Das ist überhaupt das Schlimmste in der Welt, dieses Gefühl, machtlos zu sein«, stimmte er zu.
»Sie müssen sich einfach nur klarmachen, dass die genau wissen, was sie tun. Diese Leute können mit den Medien machen, was sie wollen. Und alles könnte Itsy helfen.«
Jetzt war Kennedy dran, sich zu setzen. Die Erschöpfung, die diese zerzauste Blondine ausstrahlte, verstärkte seine eigene Müdigkeit, und so langsam unterlag er bei dem Kampf dagegen. Er fühlte sich sicher genug, um zuzugeben, dass er nicht einverstanden war. »Und niemand kann die Medien besser manipulieren als meine Frau, das sage ich Ihnen.« In seiner Stimme schwang eine gewisse Verbitterung mit.
»Die Leute sind eben verschieden«, erwiderte Costello freundlich. »Und ich möchte sagen, im Augenblick kommt uns diese Eigenschaft gerade recht. Übrigens würde ich Sie gern etwas fragen, ganz inoffiziell. Ich habe von der Stalking-Geschichte gehört und darüber gelesen. Haben Sie eine Ahnung, wer Ihre Frau bedroht hat?« Sie hielt die Frage absichtlich vage, weil Iain Kennedy vielleicht etwas erzählte, was er vorher noch nicht zu Protokoll gegeben hatte.
»Ihr erster Ehemann war schrecklich und hat sie mehrmals bedroht. Vermutlich glaubte er, ihr Geld abnehmen zu können, denn sie hatte ja einen reichen Mann geheiratet. Von der Polizei in Partick Central haben wir gehört, er sei in Aberdeen gewesen, als es passiert ist, trotzdem glaubt Marita, er habe jemanden dafür angeheuert, der den Sekundenkleber ins Schlüsselloch ihres Mercedes-Oldtimers gesprüht hat. Den Wagen habe ich ihr zum Geburtstag geschenkt. Das hat mir Sorgen gemacht, schließlich war er ja vor der Garage geparkt, und dementsprechend musste es ein Loch in der Sicherheitsanlage geben. Jemand hat ihr mit der Post Hundekot geschickt, und dann bekam sie Bilder und schließlich Fotos, auf denen ein Schnitt durch ihre Kehle ging. Solche Sachen eben.«
»Das muss Sie sehr mitgenommen haben. Hat sie sofort Anzeige erstattet?«
Es entstand eine Pause, ehe er antwortete, als würde er sich am liebsten erst über die Schulter umgucken und nachsehen, ob nicht Marita durch die Tür hereinkam. »Nein. Das habe ich gemacht. Darüber war sie sehr wütend. Sie meinte, dann würde der Täter denken, er habe sie
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