In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
mürbegemacht. Meine Frau zeigt nicht gern Schwäche.«
Costello nickte. »Das verstehe ich. Wie sieht es mit Anthony Abbott und Bobby McGurk aus? Wie kommen die beiden mit Itsy zurecht? Und wie haben sie die zwei überhaupt kennen gelernt? Sie wirken ja wie ein ziemlich zusammengewürfelter Haufen, wenn Sie mir die Ausdrucksweise verzeihen.«
»Tony und Bobby.« Iain schob die Hände in die Hosentaschen und lächelte nachdenklich, während seine Gedanken zu glücklicheren Zeiten schweiften. »Na ja, Tony war ein wenig vom Weg abgekommen, als er zu uns stieß. Er hat eine Weile im Gefängnis gesessen …«
»Das weiß ich«, log Costello.
»Aber das liegt lange hinter ihm. Er kam nach Glasgow zurück, als wir mit der Renovierung von Strathearn begannen – wann war das? –, also vor fast drei Jahren. Wir haben im Rotary Club von ihm gehört; er hatte irgendwem bei der Gartenplanung geholfen und war zu einem kleinen Star avanciert. Bei uns hat er als Mädchen für alles angefangen und war am Ende beinahe der Projektleiter. Er suchte nach einer Wohnung, und das Torhaus stand leer. Es war eine Ruine, aber er ist das reinste Arbeitstier und hat es in seiner Freizeit aufgemöbelt. Dann hat er sich den Garten vorgenommen, den Wald, den Teich. Wir wollten einen professionellen Landschaftsgärtner damit beauftragen, doch das war nicht mehr notwendig. Wenn wir ihn gelassen hätten, hätte er rund um die Uhr geschuftet. Sein Interesse für wilde Tiere kam uns zusätzlich zugute: Teile des Gartens sind jetzt Brutreviere für Libellen, Ziegenmelker und Eisvögel – die hatten wir vorher nicht.«
»Also nach dem, was ich gesehen habe, ist der Garten bestimmt sehr schön. Wissen Sie, weshalb er im Gefängnis saß?«
»Ich dachte, das wüssten Sie.« Iain senkte den Blick und sah ihr direkt in die Augen.
Sie fühlte sich wie ein ungezogener Schüler, der vom Lehrer erwischt worden war. »Ich habe Sie gefragt, ob Sie es wissen«, erwiderte sie, und ihr Ton erinnerte ihn, mit wem er sprach.
»Ich habe gehört, sein Friseursalon sei zu einem Lager für gestohlene Waren umfunktioniert worden.«
Costello lächelte. »Das war damals wohl sehr üblich. Mein Dad hat bei einem Friseur gearbeitet, und dort war es genau das Gleiche.«
»Na ja, Abbott hat wohl ein bisschen zu tief dringesteckt. Er hat eine Weile gesessen, dann ging er nach London und wollte dort neu anfangen.«
»Hat er gesagt, warum er zurückgekommen ist?«
Kennedy schob die Lippen vor und schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn nie danach gefragt. Er bleibt meist für sich selbst. Und wer weiß schon, was jemanden nach Hause führt? Über Familie hier oben hat er nie gesprochen. Eigentlich hat er Itsy immer wie eine Tochter und Bobby wie einen Sohn behandelt.« Kennedy lächelte über eine glückliche Erinnerung. »Sie machen ständig Unfug. Einmal hat Bobby Itsy auf der großen Schubkarre herumgefahren, und sie ist umgekippt, so dass der gesamte Grasschnitt auf dem Rasen gelandet ist. Tony wollte, dass sie wieder Ordnung machen, aber er musste selbst lachen. Oder sie sind unten am Teich und versuchen, mit dem Modellboot zu segeln, das Bobby gebaut hat, doch es sinkt immer. Itsy hat mir erzählt, Tony hat eine lange Schnur daran gebunden, damit sie es wieder herausziehen können. Sie hat Angst vor Wasser, hatte schon immer Angst vor Wasser; sie traut sich nicht einmal an den Rand vom Teich. Aber wenn sie mit dem Boot gespielt haben, konnte sie sich vor Lachen kaum halten. Ich glaube, das vermisse ich am meisten: das Lachen – die Stille kann ich nicht ertragen. Lieber bin ich hier.« Sein Blick wanderte durch den Krankenhauskorridor.
»Hat Bobby McGurk Abbott schon vorher gekannt? Gab es da eine Verbindung?«
»Keine, von der ich wüsste. Wir sahen, dass es für Tony zu viel Arbeit wurde. Auch wenn er zäh aussieht, ist er schon über sechzig, und um seine Gesundheit steht es nicht zum Besten. Bobby ist auf die gleiche Weise zu uns gekommen wie Tony, über den Rotary Club. Ursprünglich haben wir ihn für alle möglichen Arbeiten eingestellt, inzwischen erledigt er Wartung und Pflege. Er streicht hier und da ein wenig und säubert die Abflüsse. Zu zweit sind sie unschlagbar. Verstand und Muskeln. Tony weiß, was jeweils zu tun ist, und Bobby ist stark wie ein Ochse. Man kann sich nichts Besseres wünschen.«
»Und wo wohnt McGurk?«
»Tony hat ihn bei sich im Torhaus aufgenommen, und dort ist er geblieben. Tony hängt an Bobby und Itsy. Zwei Wesen mit
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