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In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)

In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer kalten Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caro Ramsay
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und ließ die wohlige Wärme in die Knochen kriechen. Hoffentlich erreichte sie bald die Kälte in der Brust und linderte den Schmerz ein wenig. Vor diesen Leuten wollte er sein Spray nicht benutzen, obwohl sie wohl kaum darauf geachtet hätten. In der Tasche spielte er allerdings mit dem kleinen Zylinder und wusste, wo es war, falls er es doch brauchte.
    »War Itsy schon einmal im Barochan Moss?«, fragte er.
    »O ja«, antwortete der Kleine Tony und strich sich durch das dünne graue Haar, das ihm ungeschnitten in den Nacken wuchs. »Letztes Mal, als wir da waren, haben die beiden auf der Trockenmauer gerauft.«
    »Und Sie?«
    »Nein, beim letzten Mal, als ich mitgerauft habe, habe ich mir das Knie umgeknickt.«
    »Ich meine, kennen Sie die Gegend dort draußen?«
    »Ich weiß, wo man parken muss und wo man leicht ins Gelände kommt, wenn Sie das meinen.«
    »Wann waren Sie zum letzten Mal dort?«
    »Am Freitag, ungefähr zur Teestunde. Das war der letzte klare Tag vor dem Nebel, nicht?«
    Littlewood hörte Tony zu, beobachtete jedoch Bobby, der sich in den Schatten einer tropischen Pflanze mit großen Blättern zurückgezogen hatte und auf einem umgedrehten Eimer saß, damit Littlewood den Sessel benutzen konnte. Der Schrecken, den er Gillian eingejagt hatte, schien ihn genauso mitgenommen zu haben wie sie. Der Idiotenjunge, wie Littlewood ihn bei sich nannte, war natürlich kein Junge mehr, sondern ein kräftig gebauter Mann über dreißig, dessen Muskeln von harter Arbeit gestählt waren und der kein Gramm überflüssiges Fett am Leib hatte. Und es war auch schwierig einzuschätzen, ob er wirklich so ein Idiot war. Er hatte ein derbes Gesicht, das nicht unfreundlich wirkte, und eine linkische Art. Das Verhältnis zwischen ihm und dem kleinen Tony war wie Sohn und Vater so wie bei jedem Sohn und Vater, die Littlewood kannte. Sohn und Vater? Der kleine Tony mit seinem dünnen grauen Haar und den grauen Augen war in Socken gerade einmal einen Meter sechzig groß. Er kam Littlewood irgendwie bekannt vor, allerdings wusste er nicht, woher. Bobby hatte große Knochen, war wortkarg und langsam, aber nicht ungeschickt. Er bewegte sich nicht mehr als nötig und machte alles mit großer Vorsicht.
    Noch etwas fiel auf: die offensichtliche Sorge der beiden Männer um Itsy. Bobby blickte jedes Mal auf, wenn ihr Name fiel, und zweimal in der kurzen Zeit, seit Littlewood hier war, hatte er an Tonys Jacke gezupft und sich erkundigt, ob es Itsy gut gehe.
    Gillian brachte den Tee auf einem verbeulten Blechtablett und stellte ihn auf die Vogelbücher.
    »Erinnern Sie sich an die Nacht, in der Itsy verschwunden ist, Bobby?«
    McGurk schob sich zurück in sein Versteck und nickte, wobei er Littlewood intensiv ansah, als würde er sich innerlich übersetzen, was der alte Polizist gesagt hatte. Littlewood behielt auch Tony im Auge, doch Tony trat zurück und bewahrte Distanz zu dem jüngeren Mann. Littlewood nickte Browne leicht zu und gab ihr damit das Zeichen einzusteigen. Falls Bobby emotional ein Sensibelchen war, wollte er Gillian als Zeuge dafür, dass er die Sache sacht angegangen war.
    »Bobby, können Sie mir sagen, was in jener Nacht passiert ist?«, fragte Gillian. Sie ging neben ihm in die Hocke, legte sich das Notizbuch auf die Knie und versuchte, ihm die Ereignisse aus der Nase zu ziehen, wobei sie unendliche Geduld aufbrachte, aber keinen Erfolg hatte.
    Bobby schienen die Fragen zu verwirren, er zuckte nur mit den Schultern und schüttelte den Kopf, sah zu Tony, als könne ihm der alte Mann mit der richtigen Antwort aushelfen.
    Browne blieb hartnäckig. »Ist Itsy ins Torhaus gekommen, während Sie Tee getrunken haben?«
    Bobby sah zu Tony, und der sagte: »Los, sag’s dem Mädel, frag nicht mich.«
    Bobby schüttelte den Kopf.
    »Bevor wir die Suppe gegessen haben, Bobby?«, gab Tony ihm ein Stichwort. »Er ist manchmal so bei Leuten, die er nicht kennt«, sagte er leise zu Browne.
    »Und, Bobby, was ist passiert, ehe Sie die Suppe gegessen haben?«
    »Itsy ist gekommen«, sagte Bobby, als sei ihm plötzlich ein Licht aufgegangen.
    »Sie wusste, draußen war eine Taube in Not, und Bobby sollte sie retten, bevor der Fuchs sie holte«, übernahm Tony. »Sie war schon angezogen, richtig gut eingemummelt. Sie geht gern zu jeder Tages- und Nachtzeit nach draußen – na ja, man kann sie ja schlecht einsperren, oder? Wir haben sie ins große Haus zurückgeschickt. Diane rief später an und erkundigte sich, ob sie bei uns

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